§ 124

[305] So lange als ich Prediger gewesen, und noch bis auf den heutigen Tag, werd ich um ein leichtes von Dispositionibus febrilibus und von Anstößen eines Fiebers, oder mit unvermuteten Durchfällen incommodiret; so daß ich mit aller meiner genauen Diæt nicht fähig genug gewesen, und auch bis diese Stunde noch nicht bin, diesen Anfällen zu entgehen. Man kann leicht erachten, daß dergleichen Zufälle einen Prediger sehr hindern, wenn er auf die Predigt studiren soll. Die Prediger fühlen vielmal beim Concipiren und Studiren selbst die Kraft des Wortes Gottes, und den[305] kalten Schauer, den gleichwie alles Sublime und Hohe, was nach Gott und der Ewigkeit schmeckt, also die hohen Dinge, so in Gottes Wort vorkommen, gar sonderlich erregen. Dieser Schauer aber hat eine Ähnlichkeit mit dem Schauer, der einen ankommt, wenn ihn ein Fieber anwandelt, folgentlich hab ich oft beim Concipiren alles Bewegliche [Rührende], und Erhabene im Stylo quittiren und fahren lassen müssen, ja schier die Würkung und Kraft des Wortes Gottes aufhalten müssen, um dem Ausbruche des Fiebers nur zu entgehen, ja an statt eines Conceptes nur eine Sciagraphie [Abriß], und Disposition machen, und nach derselben die Predigt ex tempore halten müssen. Zu allem Glücke habe ich das Fieber, wenn dessen Ausbruch schon ganz nahe kommen, ja wenn die Vorboten desselben am meisten zu der Zeit, da ich auf die Kanzel gehen sollen, mich angegriffen, mehr als einmal weggeprediget; so daß also auch das Predigen vor das Fieber gut ist. Denn sobald durchs Predigen hernachmals das Geblüte beweget, und ein ziemlicher Schweiß heraus getrieben worden, so bin ich dieser Incommodität [Beschwerde] los worden, ehe ich noch von der Kanzel wieder herunter gegangen.

Quelle:
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. München 1973, S. 305-306.
Lizenz: