Achter Brief.

[28] (An denselben Seelenfreund.)


Ich habe nur noch den sehnlichen Wunsch und das innige Verlangen, Ihnen, mein einziger Seelenfreund, meinen kindlichen Dank abzustatten, für all das Gute, welches Sie an einer armen unglücklichen, höchst verdorbenen, sündhaften Seele gethan haben. Was wäre ich ohne Ihren weisen, himmlischen Unterricht? Was wäre aus mir verruchten, höchst verdorbenen Menschen geworden? O Du, mein himmlisch-göttlicher, erbarmender Erlöser, Du sahest und siehest immer noch meinen kindlich-reuevollen Schmerz! Du sandtest mir einen göttlichen Engel, der mich den Weg der reinen, göttlichen Wahrheit erkennen lehrte, außer dem kein Mensch selig werden kann und wird. Du, mein göttlicher Erlöser! schenke mir bis zum letzten Athemzug meines irdischen Lebens, ein Dir ergebenes, dankbar-liebendes Herz. O ihr seligen Stunden meines irdischen, jetzt kranken, abgezehrten Lebens, wo ich Dich, mein liebevoller Erlöser, habe in seiner ganzen Liebes-Fülle kenne gelernt! – – O Du, mein Heiland! nimm mich in meiner letzten Scheidestunde in Deine allbarmherzigen Liebesarme zu Gnaden an! Erhöre Du, mein göttlicher Erlöser! meine schwachen, innigen Gebete, die ich reuevoller Sünder auf meinem Krankenlager zu Dir, Allbarmherziger, schicke! Erhöre mich Schwachen und vergieb meine schrecklichen großen Sünden nach Deiner allbarmherzigen, allumfassenden göttlichen Liebesgnade, wie Du es mir, Deinem reuevollen Kinde, mehr als einmal so liebevoll verheißen hast. O mein göttlicher Erlöser, du Wonne und Labsal meiner Seele, nimm Dich aller derer gnädig und barmherzig an, die ich in mein schwaches Gebet mit einschließe. Vergieb mir, mein Erlöser, wenn meine Schwäche mich oft verhindert, daß ich nicht so oft, wie sonst, mich mit Deinem göttlichen Worte beschäftige und mein inniges Gebet verrichte. Du, mein göttlicher Erlöser, kennst mich, Dein reuiges Kind. Ach da fallen mir die Worte ein, die Du in Deiner Marter und Todesangst zu Deinen Jüngern sprachst: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. Du mein Heiland kennst mich, vergieb mir! Amen! Amen! –

Ich bin so schwach, lieber Freund! daß ich mich genöthiget sehe, bald zu schließen. Der Himmel erhalte Sie und alle die Ihrigen noch lange bei guter Gesundheit. Der göttliche Segen begleite und beglücke Sie noch ferner für das Wohl der unglücklichen Menschheit, daß Sie die verirrten Schaafe, so wie ich, auf die göttliche Weide, zur Liebe aller Liebe führen.

Nun, mein guter, beglückender Seelen-Retter! so wird denn ihr liebes Kind bald von hier scheiden; aber meine Seele bleibt der Ihrigen immer nahe. Grüßen Sie vielmal Ihre gute liebe Schwester. Gott segne und erhalte Sie; dort sehen wir uns wieder. Mein sehnlichster Wunsch ist, sobald als mein Erlöser es für gut findet, bald, bald bei Ihm zu seyn, in seinen himmlischen, göttlichen, erbarmungsvollen Liebesarmen; Sein Wille geschehe![29]

So richte ich mich denn mit meiner letzten Bitte an Ihr christlich-liebendes Herz. Nehmen Sie sich, so viel in Ihren Kräften steht, nun das Wohl der Seele meines Bruders an. Sie empfangen nach meinem Tode von dem Hausvater sämmtliche Bücher, die ich aus Ihrer liebevollen Hand erhalten habe ..... –

O mein guter Seelsorger und Freund! dürfe ich Sie wohl ergebenst bitten um ein Stück Unterbette. Ich habe vielleicht noch wenige oder gar keinen Tag mehr zu leben, und mein abgezehrter Körper ist so sehr vom Fleische gefallen, daß ich meine Hüfte auf dem Strohsack durchgelegen habe; und dieser Schmerz verhindert mich oft, zu meinem göttlichen Erlöser zu beten. Sein und Ihr Wille geschehe! Amen! Amen! Bitten auch Sie, mein Lieber, für Ihr sündhaftes Kind.

A. Busch.

Charité,

den 4ten und 5ten April 1829.

Quelle:
Busch, Heinrich Adolph: Selbstbekenntnisse eines begnadigten Verbrechers. Berlin 1830, S. 28-30.
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