Liebhabereien

[131] der Frauenzimmer zu sagen, welche, so kleinlich sie auch seyn mögen, doch von dem jungen Manne von Weit immer beachtet werden müssen. Wie oft hat nicht ein Schooßhündchen denjenigen, welcher es eben nur als einen Hund behandelte, in Ungnade bei der Herrin gebracht? Der Leibaffe erhält zwar einen Schlag auf die schmutzigen Pfoten, weil er die hellen Beinkleider des Besuchenden befleckt – dafür giebt ihm aber die Dame nachher[131] gewiß Zuckerbrod und schmeichelt ihm wie einem Kinde.

Die Liebhaberei an Thieren etc. ist uralt; hatten denn nicht sogar die Götter ihre Lieblingsthierchen, z.B. Juno den Pfau, Minerva die Eule, Jupiter den Adler, Apollo den Schwan, Pan sogar – einen Bock etc. Aber so alt sie auch seyn mag, so unschädlich (was übrigens der Fall nicht immer ist) sie auch gewöhnlich seyn dürfte, sie bleibt doch immer widrig und ist darum nicht zu billigen.

Lobhudler haben in Thier-Liebhabereien eine Sympathie mit den lieben Geschöpfen, einen freundlichen Drang des Herzens, auch diese mit inniger Liebe zu umfassen – Wahrheitsliebende haben Thorheit, und dieß mit Recht, so wie kindisches, ja einige sogar albernes Wesen allein darin finden wollen. Theilweise mag dieß wohl wahr seyn, größtentheils[132] aber dürfte die Mode, sich irgend ein Thier zum Günstlinge, zum geliebten Vertrauten zu wählen, an dieser Narrheit Schuld seyn.

Wer an die Seelenwanderung glaubt, kann sich die Sache aber am leichtesten erklären – wie leicht erkennt er in dem Hündchen, das seiner Besitzerin die Hände leckt und keinen Schritt von ihr weicht, die Seele eines Gecken, welche jetzt in das Thierchen gefahren ist? wie könnte er zweifeln, ob der, jeden Eintretenden mit Bellen anfahrende Liebling früher ein eifersüchtiger Narr war, dessen Thorheit noch jetzt in der Hundeseele spukt?

Mancher von diesen Psychologen behauptet dann wohl gar, daß der Frau auch umgekehrt in Anwendung gebracht werden könnte, so daß z.B. die Seele jener Dame, welche eine häßliche Katze streichelt und liebkoset, früher in einem[133] Katzenkörper gesteckt habe – solche Behauptungen dürfen aber nur gedacht, und nicht gesagt werden.

Bei einem Kinde, oder dem Alter nach Halbkinde, ist die Liebhaberei an einem Affen, Hunde oder weißen Mäuschen sehr verzeihlich, auch wollte ich dieselbe sogar an älteren Frauenzimmern nicht tadeln, wenn der damit getriebene Mißbrauch nicht zu groß und auffallend wäre. Soll man sich aber in einer Gesellschaft nicht ärgern, in welcher man sehen muß, daß auf einen häßlichen Affen mehr Sorgfalt verwandt, mehr Rücksicht genommen wird, als auf die Besuchenden?

Es giebt Damen, welche so gegen den Anstand handeln, daß sie erst dem Mopse Confect auf dem Teller anbieten, und diesen dann, nachdem das liebenswürdige Vieh sich mit der ihm eignen Grazie genommen hat, weiter geben, ohne sich irgend[134] einzubilden, daß der Hund dem Menschen, nach gewöhnlicher Rangordnung wenigstens, nachstehet – sie können nicht begreifen, wie man es mit einem so lieben Thierchen anders halten könne.

Leider ist es aber nun einmal so, daß das Lieblingsthier die feinsten Confitüren bis zum Ekel frißt, während nur gar zu oft die Untergebenen am Hungertuche nagen müssen, leider wird der Liebling gestreichelt und – geküßt, gehegt und bei Krankheiten besser gepflegt, als es dem eignen Kinde geschieht; es ist so, und läßt sich nicht ändern, denn die bisweilen tragischen Folgen, als deren eine der Biß eines tollen Hundes, werden nicht geachtet, denn »das Hündchen ist ja jetzt noch munter, wer wollte sich denn so ganz unnöthig Sorge machen?«

Aus diesen kleinen einzelnen Zügen, deren es noch unendliche giebt, kann sich der[135] geneigte Leser schon ein Bild zusammenstellen, welches ihm klar zeigt, wie ein Frauenzimmer, welche sich unter dem lieben Vieh den Liebling erkoren, zu behandeln und wie in ihrer Gegenwart ja alles zu vermeiden ist, was den Auserwählten kränken oder erzürnen könnte, wie z.B. Fußtritte oder auch nur gelinde Abwehrungen der Liebkosungen, welche der Favorit mit schmutzigen Pfoten ihm angedeihen lassen will.

Dagegen rechnen sie es hoch an, wenn man den theuren Mops streichelt, oder ihm Zuckerbrod mitbringt, man versäume dieß ja nicht, wenn man ihre Gunst bald erlangen will.

Es giebt unter dem weiblichen Geschlechte viele


Quelle:
Hoffmann, Karl August Heinrich: Unentbehrliches Galanterie-Büchlein für angehende Elegants. Mannheim 2[1827], S. 131-136.
Lizenz:
Kategorien: