Neuntes Kapitel

Kunstausstellungen, Bildergalerien und Museen.

[49] Man hüte sich in öffentlichen Kunstinstituten vor lauten Äußerungen und Urteilen. Man soll sich an solchen Plätzen überhaupt möglichst gemessen und zurückhaltend bewegen. Man hat in Kunstausstellungen, wie überhaupt an öffentlichen Plätzen, in gedämpftem Tone zu sprechen.

Man hüte sich, in Kunstausstellungen, Museen usw. über Dinge zu urteilen, wenn man auf dem betreffenden Gebiete nicht bewandert ist.

Es ist unpassend, vor einem Kunstgegenstand, der besonders die Aufmerksamkeit des Publikums fesselt, zu lange zu verweilen, da man dadurch andere beeinträchtigt.

Ein Herr hat zurückzutreten, wenn er einer hinter ihm stehenden Dame die Aussicht verdeckt.

Kinder in öffentliche Kunstinstitute mitzunehmen, ist unpassend.

In Museen, in Bildergalerien müssen es junge Damen vermeiden, anstößige Gruppen oder Bilder[49] in Herrengesellschaft zu betrachten, desgleichen in Gemäldegalerien. Geschieht dies indessen dennoch zufällig, so dürfen sich die betreffenden Damen weder eine Verlegenheit anmerken lassen, noch dürfen sich die Herren taktlose Anspielungen gestatten. Das wäre durchaus gegen den guten Ton.

Es ist angemessen, sich in Galerien und Museen mit einem Katalog zu versehen, um andere nicht durch ein Übermaß von Fragen zu belästigen.

Das Anfassen von ausgestellten Kunstgegenständen ist taktlos, auch meist verboten.[50]

Quelle:
Kallmann, Emma: Der gute Ton. Berlin 1926, S. 49-51.
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