Zehntes Kapitel

[192] Unterdessen starb Blasi Schwaninger und hinterließ drei unmündige Kinder; er war zugleich Lehnträger über zwei kleine Bauerngütern und das Wirtshaus genannt Nollehen. Bartlme Lachhartinger war Gerhab über die Kinder. Nun sollte auf dem Lehenhofe zu Innspruck der Todfall angezeigt, neu belehnet und für die Kinder ein neuer Lehenträger bestellt werden; weil aber kein Vermögen vorhanden war und der Gerhab nicht umsonst nach Innspruck gehen konnte, so fragten sie sich bei der Herrschaft an, was hierüber zu tun sei. Der Pfleger sagte zu ihnen: »Geht hin zum Peter Prosch, dieser geht ohnehin wegen seiner Handelschaft öfters nach Innspruck, gebt ihm ein gutes Wort, er wird euch diese Gefälligkeit schon erweisen.« Sie kamen an einem Sonntag zu mir, tranken ein Frackäl Brandwein und aßen Brot dazu. Sie fragten mich auch, ob ich lange nicht nach Innspruck gehe. – »In vierzehn Tagen.« – Ob ich nicht so gut sein möchte und für sie auf dem Lehnhof ein Memorial eingeben wollte? – »Warum das nicht?« Wir plauderten noch allerlei durcheinander; unter andern sagte die Witwe zum Gerhaben: »Das ist ein Kreuz! wir verstehen die Sache nicht, man soll alle Augenblicke belehnen, und das Ding trägt nur jährlich 1 fl. 24 kr., zudem ist es allzeit ein weiter Weg; wenn man es verkaufen könnte und nur etwelche Gulden daraus brächte, wäre es für die Kinder nutzbarer.« Ich dachte dem Ding weiter nach, weil ich schon vorher die neu reformierte ferdinandische Landesordnung öfters gelesen hatte und darin gesehen, daß manche Lehensachen einem manchmal helfen können, voraus, wenn sich einer darauf versteht.[193]

Ich fragte sie demnach, wie hoch sie es hielten und wie teuer sie solches verkaufen wollten. Sie unterredeten sich miteinander und sprachen: »Wenn wir 15 fl. dafür hätten, so gäben wir es weg.« Ich fragte sie auch, ob es den andern Geschwisterten recht und sie zufrieden wären, wenn ich es kaufen würde. »O ja! sie haben schon lang dawider gemurrt, und man hätte es gern dem Joseph Laimböck, welcher unsers Vaters Gut zu Niederdorf im großen Ried gekauft, darzu geschenkt; er hat es aber nicht angenommen und wollte auch deswegen eher den Kauf zurückgehen lassen; sie würden gewiß alle froh sein, wenn ich es kaufte.« – »Wenn diesem also ist, so beschließen wir den Kauf: ich zahle euch die verlangten 15 fl. und will noch 30 kr. Leihkauf dazu geben, jedoch mit dem Beding, daß ihr morgen allen euren Geschwisterten sagt, daß sie bei Gericht erscheinen sollten, damit wir es zu Protokoll kommen lassen.« Es war alles richtig: ich bezahlte ihnen sogleich die 15 fl. Die 30 kr. vertranken wir dabei ganz lustig.

Dem andern Tage suchten sie mich alle bei meinem Hause, die Brüder Sep und Hauser, die Schwestern Ännl, Threindäl und Maidäl.

Ich gab ihnen Brandwein zum Frühstück, alsdann gingen wir miteinander hinaus ins Rotholz, ließen es beim Gerichtsschreiber Schuler protokollieren, und ich bezahlte ihnen beim Bierhannslein eine Zech. Sie gingen wieder zurück nach Haus, und ich meinen Weg Innspruck zu, bezahlte allda meine Handschuhe, ging zu ein und anderer mir bekannten Herrschaft und gab auf dem Lehenhof mein Memorial ein bei Sr. Excell. Kanzler Hormayr, welcher auch zugleich Lehenprobst war. Ich ging wieder nach Haus und brannte Brandwein.[194]

Wir hatten zu Ried eine alte Kirche, welche sehr klein und woran ein mit Brettern verschlagenes Vorhaus gebauet war; es konnten aber die halben Leute nicht hinein, weil in unserer Kuratie über 1500 Beichtkinder waren; es war also eine wahrhafte Notwendigkeit, daß wir eine größere Kirche hätten, damit alle Leute ungehindert an Sonn- und Feiertagen ordentlich dem Gottesdienst abwarten könnten. Aber die Kirche war sehr arm, und der Hr. Dechant Felix Wechselberger zu Fügen, als Pfarrherr, welcher doch die Einkünfte von dieser Kuratie zieht, wollte auch nicht anbeißen. Wir hatten nicht einmal einen Freithof, da man doch die Toten von Furth und Tieffenbach, zwo und eine halbe Stunde weit, von den Bergen herunter zu Grabe tragen mußte.

Der Herr Provisor Andrä Walther mit seinem Gesellpriester Bartlme Schmied kamen öfters zu mir ins Haus, wir redeten oft von der Notwendigkeit dieses Kirchenbaues und brachten es soweit, daß endlich die ganze Nachbarschaft einhellig wurde und mich als Gesandten dieser Ursache halben nach Brixen zu unserm Fürstbischof abzuschicken beschlossen hatte. Ich bekam zur Zehrung 2 fl. 48 kr. Ich ging dann über Innspruck, Steinach, Matterny, über den Brenner auf Störzing und kam endlich nach Brixen, kehrte beim Elefanten ein und blieb allda über Nacht. Dem andern Tage ließ ich mich barbieren, legte meinen würzburgischen Uniform blau und rot mit Silber an, ging nach Hof und war besorgt, wie ich zum Fürsten kommen sollte, weil ich glaubte, es wäre auch eine Hofhaltung, wie im Reich draußen, daß man nicht durch die Wachen sogleich hineinrumpeln könnte.

Beim Residenztor sah ich niemand, als einen Portier,[195] welchen ich fragte, wie ich am leichtesten zum Fürsten kommen könnte. Er wies mir die Hauptstiege und sagte, ich sollte nur selbige hinaufgehen, ich werde schon droben jemanden antreffen. Ich ging hinauf; man saß just bei der Tafel, und ich schaute durch den Gang in das Tafelzimmer. Der Hofrat Cazano war auch dabei; dieser erkannte mich sogleich, weil er zu Innspruck beim Herrn von Findler Kostgänger war. Es erschien ein Kammerdiener, und der Fürst ließ mich zu sich kommen. Ich eröffnete mein Anliegen und überreichte mein Memorial als Beglaubigungsschreiben; der Fürst nahm es gnädig an und befahl sogleich dem Grafen Hildebrand, als Konsistorialpräsidenten, es im ersten Rate mit sich und vorzunehmen. Der Fürst und alle hatten eine Freude mich zu sehen, weil sie von mir schon vieles gehört hatten. Es wurde gleich neben der Tafel ein Katzentischel gestellt, wo ich mich als Herr Gesandter gnädigst niederlassen sollte. Man trug mir Essen und Trinken auf, und der Fürst fragte mich um allerlei vom Reich und meinen Reisen aus; ich erzählte ihm zerschiedene Sachen und kam endlich auf mein aufgetragenes Geschäft und die Notwendigkeit unsers Kirchenbaues, setzte aber bei, daß die Nachbarschaft sehr arm und nicht viel beitragen könnte, weil wir einen übeln Wildbach zum Nachbarn hatten, welcher die Felder gar oft überschüttet. Der Fürst versicherte mich gnädigst, es soll alles nach meinem Verlangen ausgehen; ich küßte ihm dafür die Hand, und der Graf Hildebrand nahm mich mit sich in seinem Wagen nach Hause. Wir speisten bei ihm herrlich, und dem andern Tag ging ich zu der Gräfin Taxis. Es kannten mich noch mehrere Herrschaften par Renommée, überall ging es mir ganz gut,[196] und Brixen gefiel mir in allem sehr wohl, wenn es nur nicht so klein wäre.

Ich ging alsdann meinen Weg zurück über Störzing, Brenner, Steinach, Innspruck, Hall und kam wieder gesund nach Haus. Unter dieser Zeit ging es mit meinen kleinen Kindern und der Wirtschaft ganz hinderlich, denn meine Schwester konnte weder lesen noch schreiben, und ich konnte wegen meiner Handelschaft nicht immer zu Hause bleiben: ich war also, leider! gezwungen, mir um ein anders Weib umzusehen und (verzeih mirs Gott) wieder zu heuraten.

Es war eine halbe Stunde weit in der Finsing beim Metzger eine Kellerin, mit Namen Katharina Gaßnerin, vulgo Dengger Thraindäl genannt, von Ahrenbach Gerichts Stumm gebürtig, welche schon etliche Jahre ehrlich und treu gedienet; sie war ein vertrautes Mensch, ganz hübsch und in meinem Alter, und ihre Wirtsleute hatten sie gern; diese heuratete ich dann, mit Gutheißung meiner Geschwisterten und Befreundten, vom Fleck weg und gab ihr einen kaiserl. Taler samt einem Ring zur Harre. Es ging nicht lange her, so waren wir geheuratet. Itzt hatte ich zu meinen Kindern eine Mutter und ich wiederum ein Weib; wir hauseten so zu gleichen Füßen miteinander fort.

Der Herr Gassebner zu Innspruck war in der Lehensache mein Doktor und mußte statt meiner auf dem Lehenhof verpflichtet werden, welches mir 7 fl. 42 kr. kostete. Er schickte mir zugleich meinen Lehenbrief, welcher also lautet:

WIR MARIA THERESIA VON GOTTES GNADEN römische Kaiserin Witwe, zu Hungarn, Böheim, Dalmatien, Croatien und Sklavonien Königin, Erzherzogin zu Österreich,[197] Herzogin zu Burgund, Großfürstin zu Siebenbürgen, Herzogin zu Mayland, Mantua, Parma etc., gefürstete Gräfin zu Habsburg, zu Flandern, zu Tyrol, verwitwete Herzogin zu Lothringen und Baar, Großherzogin zu Toskana etc. etc. Bekennen, daß vor Uns gekommen ist Unser getreuer Blasy Schwaninger nebst seinen Geschwisterten und haben Uns an ihrem offenen besiegelten Brief die sieben Pfund Perner Meraner-Münz auf dem Nollehen zu Ried, in Fügener Pfarr Rothenburger Gerichts gelegen, alleruntertänigst aufgesandt und anbei allergehorsamst gebeten, daß Wir solche Unserm auch getreuen Peter Prosch, als landesfürstlichen und ordentlichen Grundherrn und Lehenträger deren vom Blasy Schwaningerischen Kindern und Geschwisterten zu Lehen zu verleihen allergnädigst geruheten, wenn er ihnen solche sieben Pfund Perner mit Unserm lehenherrlichen Konsens käuflichen hätte übergeben und zugestellt, und nun von Uns zu empfangen gebührte: dies haben Wir vigore Unserer ex Cancellaria aulica aus Wien vom 18. April abhin erlassenen Resolution getan und gedachtem Peter Prosch, als ordentlichem Grundherrn und Lehentrager, wie oben steht, besagte sieben Pfund Perner in der ehevorigen Qualität allergnädigst verliehen; verleihen ihm auch solche hiemit wissentlich in Kraft dieses Briefes, was Wir ihm zu Recht daran verleihen sollen und mögen, also, daß er und seine Erben, Söhne und Töchter, die nun fürpasser von Uns, und darnach Unsern Erben in Lehenweis inhaben, nützen und genießen sollen und mögen, als Lehens und Landes Recht ist. Doch Unserm löblichsten Erzhaus Österreich und sonst Männigliches an Dero und ihren Rechten unentgolten, und der gedachte Peter Prosch, als lang er[198] also Grundherr und Lehentrager sein wird, solle dem allerdurchläuchtigst, großmächtigst und unüberwindlichsten Fürsten und Herrn Josef dem Anderten, erwählten römischen Kaiser, in Germanien und zu Jerusalem König, Erzherzogen zu Österreich, Herzogen zu Lothringen und Baar, Großherzogen zu Toskana, Unserm geliebtesten Herrn Sohn, als vermög Urkund vom 17. September 1765 erkiesten Mitregenten, wie auch Uns darvon allzeit getreu, gehorsam, dienstlich und gewärtig sein, Unsern Schaden wahrnehmen und nach äußersten Kräften wenden, Unsere Ehre, Nutzen und Frommen bestens befördern, die österreichische Lehen, so er die verändert oder verwendt, erfährt, nicht verschweigen, auch sonst alles das tun, was ein getreuer Lehenträger seiner Lehensherrschaft, denen gemeinen und österreichischen Lehenrechten nach, zu tun schuldig und verbunden ist.

Inmaßen obgedacht Unserm allerdurchläuchtigsten Herrn Sohn und Mitregenten, auch Uns er dann darum gelobt und einen leiblichen Eid zu Gott, der ohne aller Makel empfangenen gebenedeitesten Jungfrau und Mutter Gottes Maria, auch allen lieben Heiligen geschworen hat,


Ohne Gefährde,


mit Urkund dieses Briefes. Gegeben in Unserer Stadt Innspruck dem neunzehnten Tag Monats Juni nach Christi, Unsers lieben Herrn und Seligmachers, gnadenreichen Geburt im ein Tausend sieben Hundert drei und siebenzigsten Jahre.


Ex Commissione Sacr. Caesar.

Regiaeque Majestatis in Consilio.

Lt. Jos. Payr.
[199]

Nun war ich also Grundherr über das Meßner oder Nollgütl genannt, und über das Wirtshaus zu Jochler. Es erstrecket sich dieses Lehenrecht auf alle meine Erben und Nachkommende; und muß ein jedwederer Inhaber dieser Güter jährlich auf h. Drei König zweenundvierzig Kreuzer, dico 42 kr. Grundzins erlegen; wenn aber einer mit Tode abgeht, oder eines verkauft, oder auch vertauscht werden soll, habe ich allzeit beim Auf- und Abzug von jedem Gulden die akkordierte Kaufs- oder Tauschessumme eines Kreuzers einzulangen und zu empfangen.

Ich hauste im Taxach. Der geistliche Herr Provisor Andrä Walther mit seinem Gesellpriester besuchten mich öfters, und unser Diskurs war vom Kirchenbau; denn es war wahrhaftig die höchste Notwendigkeit. Auf einmal traf die Erlaubnis von Brixen an den Dechant zu Fügen ein. Dieser kam an einem Sonntag unterm Gottesdienst herauf, ließ darnach alle Nachbarn in den Pfarrhof kommen und befragte uns, wie wir dann den Kirchenbau anfangen und fortführen wollten, da wir wissen, daß von der Kirche nicht viel hergenommen werden kann. Wir beratschlagten uns und es wurde beschlossen, weil doch über 1500 Beichtkinder sind, eine Sammlung anzustellen und das, was jedweder freiwillig herschenken würde, zusammenzulegen und damit den Überschlag des Baukostens zu machen.

Wir taten es und brachten in der ganzen Kirchengemeinde zusammen 1000 fl., ohne was manche Nachbarn an Holz, Läden und Schichten noch darzu tun wollten; aber der Überschlag des Kirchenbaues wies uns über 7000 fl. hinaus.

Zu dieser Ende fingen wir nun an einem Orte unserer[200] Waldung, genannt Kackstein, an, Holz zu schlagen, Steine zu brechen und Kalk zu brennen; welche Materialien bei einer Stund weit auf den zum Kirchenbau bestimmten Platz gebracht werden mußten, so auch geschehen ist. In meiner Stube kam der Rat zusammen, nämlich Bartlme Schmied, Bögler Riepl, Niederdorf Sepl, der Kaltenbach Gaber, als Kirchprobst, und ich. Wir machten mit einem Brocken Kreide auf dem Tische den Grundriß zur Kirche; ich war der Zeichner, und der Riß gefiel allen.

Wir hatten weder Pickel, Haue oder Schaufel, in Summa gar keinen Arbeitszeug, bestellten aber doch mit allem dem Tagwerksleute, als Lechner Jörgelein, Pfannenbinder Thümelein, den Pfaunken, Labner Bartelein, Reutmost Thümelein, Birch Petern und Fasser Jackelein, und fingen an den Grund zur Kirche auszugraben.

An den abgeschafften Feiertagen arbeitete alles, klein und groß. Es wurden alle notwendigen Baumaterialien auf den Platz gebracht, und wirklich wurde im Sommer und Herbst der Grund heraus gemauert. Nun war das vorrätige Geld schon gar.

Die Sache kam auch zur weltlichen Obrigkeit, und wir wurden befragt, wer uns das Kirchenbauen erlaubt hätte? Wir glaubten aber, weil wir diese Erlaubnis von unserm Bischof hätten, keiner andern mehr bedürftig zu sein. Es kam der Befehl von Innspruck, und das Kirchenbauen wurde eingestellt. Endlich brach auch der Winter herein, und so wurde es mit dem Bau Feierabend.

Unter dieser Zeit ging ich wieder nach Innspruck, kaufte Handschuhe ein und ging mit meinem Hofmeister und Schimmel auf das Land über Augsburg, Donauwörth,[201] Wasserdritting, und kam glücklich zu Anspach an. Der Markgraf und die Markgräfin sahen mich gern und waren beide zu meiner größten Freude gesund und wohlauf. Alle Herrschaften und Kavalier konnten mich allda auch wohl leiden und es war alles bei Hofe recht lustig und wohlauf. Es kam der 10. März, welcher der höchsterfreuliche Geburtstag vom Markgrafen war. Der ganze Hof war in Gala, und alles gratulierte vom Morgen bis Mittag. Ich wollte dann mit meinem würzburgischen Uniform und baierischen Gnadenpfennig um den Hals auch nicht der schlechteste sein und keinen müßigen Zuschauer abgeben; denn, wie man bei der Tafel das Konfekt auftrug, fing ich auswendig laut meine Gratulation zu rezitieren an. Ich fing an, und die Musik hörte auf.


So recht, harmonisches Gelärme!

Schweigt einmal, tönende Gedärme,

Schweigt, Pauken und Trompeten, still!

Spart eure Töne, Jubelsbrüder,

Bis abends auf die welsche Lieder;

Denn Peter Prosch itzt reden will.


Markgraf! vom Himmel auserkoren,

Heut ist der Tag, da du geboren:

Und meine Pflicht erinnert mich,

Daß ich an diesem Freudentage

Gleich andern etwas Schönes sage:

Doch aber, wie besing ich dich?


Hier sollten Gleim und Haller reden,

Und nicht ein Stockfisch von Poeten,[202]

Wie Peter ist; jedoch, wohlan!

Ich kenne deine große Güte,

Du siehst das redliche Gemüte

Mehr als das Werk des Dichters an.


Doch still! dich würdig zu besingen

Muß es mir ohne Kunst gelingen,

Ich rede nur der Fama nach.

Das tausendzüngige Gerüchte

Kennt deine Taten und Geschichte;

Denn es besingt dich jedem Tag.


Dein Ruhm ist kundbar aller Orten,

Vom Osten fliegt er bis gen Norden,

Vom Westen bis zum Süderpol:

Ja! jeder weiß, mit welcher Güte

Dein mehr als fürstliches Gemüte

Besorgt ist für der Franken Wohl.


Nun punctum. Gnug von deinem Lobe:

Nimm dies als eine kleine Probe

Von meiner tiefsten Ehrfurcht an;

Denk, kann ich gleich nicht zierlich reden,

Das beste sei an dem Poeten,

Daß er die Wahrheit sagen kann.


Man darf auch keinen Zweifel tragen;

Denn Kinder und die Narren sagen,

Was wahr ist, immer nett und fein.

Und nun, die Wahrheit zu erhöhen,

Will Peter redlich eingestehen,

Ein Narr in folio zu sein.
[203]

So ist es, großer Fürst der Franken!

Nun, um der Vorsicht Huld zu danken,

Mach ich mit Franken einen Bund,

Den Himmel täglich anzuflehen

Für dein beglücktes Wohlergehen:

Gott spare dich noch lang gesund.


Genieße in die spätsten Zeiten

Vergnügen, Wonne, Glück und Freuden

In ungestörter Friedensruh.

Schon merk ich, Gott erhört mein Flehen,

Und ruft von den gestirnten Höhen

Den treuen Wünschen Fiat zu.


Und schließlich will ich dies noch sagen,

Du weißts, wie kützlich ich am Kragen,

Und was sich einstens schier gefügt;

Drum, daß der Peter sich nicht henke,

Ihm deine Gnade ferners schenke:

So leb ich ewig auch vergnügt.


Alles schrie und lachte, der Markgraf war mit meiner Gratulation sehr wohl zufrieden und lobte mich; die Markgräfin ließ mich zu sich kommen, gab mir die Hand und sagte: »Du hast deine Sache recht gut gemacht; der Markgraf hat erlaubt und gesagt, du sollst morgen zu uns zum Frühstück kommen.« Ich küßte dem Markgrafen und auch der Markgräfin wieder die Hand, wettete aber obendrein mit der Markgräfin eine Bouteille Burgunder, daß ich heute am Galatag keinen Rausch bekomme, welches doch sehr selten geschah, ich wollte auch heute zu Nachts beim Spiel nüchtern erscheinen[204] und morgen das Frühstück nicht verschlafen. Das Gewett war richtig; alles war lustig und wohlauf, wie an Galatägen zu geschehen pflegt; ich kam zum Erstaunen nüchter zu der Markgräfin ihrem Spiel und zum Souper; das war ein Wunder; der Markgraf und die Markgräfin konnten mich hier über nicht genug loben.

Souper und alles ging ohne Rausch vorbei. Es wurde zwölf Uhr, und alles begab sich in die Ruhe.

Des andern Tags um neun Uhr war ich schon in der Markgräfin Vorzimmer; der Koffee ging hinein und ich auch damit, gab der Markgräfin einen guten Morgen und küßte ihr die Hand; sie war gutes Humors und aufgeräumt und sagte: »Der Markgraf wird gleich kommen, er hat dich gern und du giltest was bei ihm.« In einer Viertelstund kam der Markgraf; er grüßte mich, ich gab ihm einen guten Morgen und küßte ihm auch die Hand. Er sagte: »Grüß dich Gott, wie hast du geschlafen?« – »Ganz gut!« – »Höre, du hast deine Sache gestern ganz gut gemacht und hast auch keinen Rausch bekommen; ich will dir alle Jahre hinfüro 25 fl. sage fünfundzwanzig Gulden zur Pension geben, deine Kost hast du ohnehin bei Hofe.« Er gab mir 10 baierische Taler und sagte: »Nun kannst du alle Jahre kommen und bei mir Residenz machen; dieses hast du allemal zu holen, wenn du dich gut aufführest und nicht zu viel Mausbüchsen machest.«

Ich dankte dem Markgrafen und der Markgräfin. Bei der Tafel wünschten sie mir alle Glück dazu; ich bekam zugleich vom Obermarschall und den Kavalieren ein Dekret, daß, wenn ich alle Jahre kommen wollte, ich von jedem allemal drei Vierundzwanziger bekommen sollte. Das Dekret lautet wie folget:[205]

Wir Endes unterschriebene versichern hiemit dem Peter Prosch, Wirt zu Ried im Zillerthal, in Ansehung seiner guten Talente alljährlich drei Vierundzwanziger als eine freiwillige Diskretion dergestalt auszusetzen und zu bezahlen, daß er diesen Betrag von Jahre zu Jahre in eigner Person selbsten dahier abhole und in Empfang nehme, als welche Versicherung unter Oberhofmarschallämtlicher Unterschrift hier zugleich mit bekräftiget wird.

Onolzbach den 25. Februar 1773

Freyherr Eichler v. Auritz.


Meine sechs Wochen gingen zu Ende; ich packte also meine Sachen zusammen, bedankte mich beim Markgrafen und der Markgräfin und ging über Uffenheim nach Würzburg; der Markgraf gab mir einen Brief an den Fürsten nach Würzburg mit.

Ich kam zu Würzburg bei meiner Mutter glücklich wieder an.

Dem andern Tag ging ich nach Hof und übergab dem Fürsten den Brief, welcher eine große Freude hatte und mich als Gesandten von Anspach höflich empfing; alle Herrschaften sahen mich gern, weil sie wußten, daß mich der Fürst gern habe, und machten mir alle Komplimenten als Herrn Gesandten. Ich blieb eine Weile zu Würzburg, ging auch in der Stadt herum zu meinen Herrschaften und verkaufte überall etwas von meinen Handschuhen.

Eines Tags war der Fürst und alle Herrschaften bei der Tafel ganz gutes Humors und wohlauf. Nach der Tafel im Audienzzimmer beim Koffee war der Fürst, Domprobst Frankenstein, der Herr Weihbischof von Gebssattel, Herr General von Ried, der Herr Domdechant[206] Groß, und noch viele andere Domherren und Kavalier zugegen. Es war eben der Diskurs von dem neueingerichteten großen kaiserlichen Zeughause in Wien, und weil ich noch nicht lange von Wien kam, erzählte ich dem Fürsten, daß ich es gesehen und daß es zum Erstaunen ist, was da für eine Menge von großem und kleinem Geschütz und allerhand Gewehr sei, daß wohl mehrere 100000 Mann ausgerüstet werden könnten, ohne daß man es wahrnähme, oder daß nur eine einzige Muskete oder anders Gewehr abgängig wäre. Der General Ried sagte, es sei wahr, man könnte es nicht glauben und man sähe auch dergleichen in der ganzen Welt nicht. Der Fürst sagte zu mir: »Hast du mein Zeughaus auf der Festung niemal gesehen? Es ist zwar kein kaiserliches Zeughaus, doch auf einen Reichsfürsten ist es gewiß groß und schön genug und auch der Mühe wert, es zu sehen.« Ich sagte: »Nein, ich habe mich niemal hinauf getrauet.« – »O! das mußt du sehen.« – Witsch war der Rittmeister Hügele und einige Offizier bei der Hand: »Wenn es Ihro hochfürstl. Gnaden befehlen, wollen wir es ihm weisen und ihn begleiten.«

Man ging in die Kirche und nach diesem war Spiel. Beim Spiel sagte der Fürst: »Peterl, komm darnach zu mir, ich muß dir was sagen.«

Das Spiel wurde aus, es war Feierabend und alles fuhr nach Haus.

Ich ging zum Fürsten, küßte ihm die Hand, und er sagte: »A propos! du gehst morgen auf die Festung; und die Gesandten müssen sich sehen lassen; es werden die Husaren ausrücken, wenn du hinauf kömmst. Hier hast du sechs Konventionstaler, daß du sie droben zum Trinkgeld geben kannst; aber nimm dich in Obacht, es[207] ist nicht allemal sicher.« Ich küßte ihm wieder die Hand und ging meinen Weg.

Der Oberststallmeister von Welten gab auf den Abend ein großes Souper und NB. ich war auch dabei.

Wir waren lustig und wohlauf. Um zwölf Uhr mußte ich dem Herrn General von Eisenberg nach Hause leuchten; ich kam mit einem dicken Nebel zu Hause an, legte mich zu Bette, schlief ruhig und vergaß die ganze Festung.

Dem andern Tage um acht Uhr kam ein Husar zu Pferd vor mein Quartier: »Allons, auf! die Herrschaften sind schon beisammen und warten auf dich.« Ich stund geschwind auf, ließ meinen Schimmel satteln und führte ihn zu Fuß hin.

Da ich zum Rittmeister ins Haus kam, empfing man mich mit Komplimenten auf der Stiege. Der Graf Reuß, Bubenhof, Herr von Münster, Herr von Heiß, Rittmeister, Wachmeister und dergleichen Herren waren gegenwärtig. Likör und Koffee war bereitet, und wir frühstückten. Alles war schon in der Frühe gutes Humors und aufgeräumt. Zween auf beiden Seiten führten mein Pferd, und der Zug ging über die Mainbrücke. Man ließ mir überall als Gesandten die Ehre; so ging es durch die Stadt, und über fünfzehn Personen hielten ihren Einzug in die Festung, wo mich der Kommandant mit einem großen Kompliment empfing.

Die Husaren stunden in Parade, wir stiegen von den Pferden, und ich gab den Husaren meine sechs Konventionstaler zum Trinkgeld. Wir kamen darauf zu einer großen Schneckenstiege. Die Herrschaften lachten alle unterwegs, eilten mit mir hinauf, und ich hatte überall die Ehre voranzugehen. Wir kamen in einen großen[208] Saal, wo etliche tausend Gewehr und hinter der Tür an einer Tafel zwölf geharnischte Männer waren, diese machten den Kriegsrat aus. Der Saal sah ohnedem fürchterlich aus; da wir alle darin waren, wurden die Türen gesperrt.

Wer meine Courage kennt, der stelle sich an meinen Platz; ich wußte von der ganzen Spitzbüberei nicht das mindeste; denn sie haben schon um sieben Uhr von den Konstablern Leute in alle die Harnische gestellt.

Nun spitzte ich die Ohren, und die Haare stunden mir gen Berge. Der Kommandant und Rittmeister sagten, ich sollte alles wohl betrachten. Der Notarius beim Kriegsrat hatte eine Feder in der Hand und ein Papier vor sich, auf welchem diese Worte geschrieben stunden:


»Wenn keiner reden will,

Kann ich nicht schreiben viel.«


Neben dem Kriegsrat stund ein Harnisch an einem Pfahl gebunden; ich fragte, was dieses bedeute. Man sagte mir, es wäre zu Zeiten des Schwedenkriegs ein Spion gewesen, welcher die Festung verraten wollte, deswegen sitzt der Kriegsrat hier, um ihn zum Tode zu verurteilen.

Ohne auf was Böses zu denken, sagte ich zu diesem Harnisch: »Du magst ein rechter Spitzbub gewesen sein.« Dem Augenblick packte er mich mit beiden Armen, und die zwölf geharnischten Männer vom Kriegsrat stunden zugleich auf. Ein Feuer fiel über den Tisch hinunter und steckte den ganzen Saal in Brand, weil alles mit Schwärmern spaliert war. Ich schrie laut: »Jesus, Maria und Josef!«, kam außer mir selbst und wußte nicht, wo ich wäre, noch wie ich aus den Armen des geharnischten Mannes gekommen bin.[209]

Ich erwischte den Hauptmann Doman beim Ohrwäschl und Halsbindel und hielte ihn gewiß fest, welcher deswegen erstaunlich fluchte; es war so dunkel von Dampf und Rauch, daß man nicht sehen konnte, was Harnisch oder wer Freund oder Feind sei. Ich wollte in einen andern Saal hinüberlaufen, aber sie hatten schon vorher einen Ausgebalgten unter die Tür gelegt, welcher einen Strick um den Hals hatte; da ich hinein wollte, zogen sie an, und dieser stund gerade gegen mich auf; ich machte wieder aus Schröcken vor diesem Mann einen Sprung zurück in das Feuer, legte mich auf den Boden und deckte mir den Hut auf das Gesicht. Das ganze Feuerwerk dauerte gewiß zehn Minuten. Etwelche fluchten, weil sie es auch nicht vorher gewußt haben. Einem wurde ein Flügel von seinem Rock verbrannt, dem andern sein Pelz, dem dritten seine Frisur, und so ging es durcheinander.

Man machte endlich alle Fenster auf, der Dampf und Rauch ging hinaus, und es fing wieder an Tag zu werden.

Der Kriegsrat saß wieder an dem alten Ort; der mich aber gepackt hat, war nicht mehr zugegen. Ein Kavalier stund da, der andere dort in einem Winkel; sie kamen herbei, ich stund auf und zitterte auf Händ und Füßen, gelb, blau und weiß sah ich aus, und die Haare stunden mir gen Berge wie einem Igel. Der Kommandant und Rittmeister machten mir die größten Komplimenten; der Rittmeister fragte mich, ob es mir gefallen und ob ich noch mehrers sehen wollte? Ich sagte aber: »Leckt ihr mich brav im Arsch!« – Sie nahmen vorlieb und gingen mit Gelächter auseinander.

Sie ritten hinunter in die Stadt und mich als Gesandten[210] ließen sie allein auf dem Platz; ich nahm mein Pferd und ging damit zum Tor der Festung hinaus, aber ich sah keine Parade mehr; ich führte dann mein Pferd mit meinem silberbordierten Uniform über die Mainbrücke durch die Stadt, wo ich nicht wenige Ansprachen hatte, und ging zu meiner Mutter in mein Quartier.

Matt und schwach und totenbleich kam ich nach Haus; ich mußte mich auch gleich ins Bette legen.

Meine Mutter schickte um den Doktor Sulzbeck, welcher mir etwas eingab und zur Ader ließ. Unterdessen waren die Kavalier vom Schloß nach Hof geritten, um dem Fürsten Rapport davon zu geben.

Der Fürst ging just in die Kirche und gab ihnen zu verstehen, daß er eher nichts wissen wollte, bis er aus der Kirche zurückgekommen wäre. Nach der Kirche erzählten sie ihm den ganzen Hergang, wie alles abgelaufen, und daß ich mit meinem Pferde zu Fuß nach Haus gegangen wäre. Der Fürst lachte zwar, gab ihnen aber auch einen kleinen Verweis, daß man mir es gar zu stark gemacht und das Feuerwerk sich auf der Festung nicht geschickt habe, von welchem man ihm vorher nichts gesagt, er es auch nicht befohlen hätte; er sagte: »Die Historie wird Uns der Peterl am besten erzählen können.« Ich lag aber unter dieser Zeit miserabl krank im Bette. Dieses dauerte etliche Tage; ich bekam auch das Laxieren über drei Wochen so stark, daß ich geglaubt, es gehe alles zum Loch hinaus. Der Doktor Sulzbeck behauptete, daß, wenn ich ein gescheiter Mensch gewesen wäre, mich gewiß der Schlag gerühret hätte.

Eines Tages war Ministerstafel im kölnischen Zimmer, und der Fürst schickte den Läufer Joseph, zu fragen,[211] wie es mir gehe und wie ich mich befinde; ich sollte doch nach Hof zur fürstlichen Tafel kommen. Ich sagte aber, ich könnte nicht gehen. Er versetzte: »Du wirst es sehen, du wirst geholet werden«; ich wiederholte: »Du siehst ja, daß ich nicht kann!« Er ging fort; in einer halben Stunde kamen zween Sesselträger, ich mußte aufstehen, einsitzen, ich wurde also nach Hof getragen. Ich kam ins Tafelzimmer. Ausgesehen habe ich gewaltig bleich, die Haare stunden mir noch gen Berg; ich war matt und schwach, und die Furcht war noch nicht aus mir.

Der Fürst und alle, da sie mich sahen, kamen so ins Lachen, daß ich wieder hinaus und eine Weile warten mußte. Ich wurde aber hernach hineingerufen; der Fürst fragte mich: »Wie ist es dann auf der Festung gewesen und wie ist es dir ergangen?« Ich konnte es ihm mit Worten nicht erzählen, nahm daher in dem Tafelzimmer etliche Hoflakais, setzte sie in Form des Kriegsrats und machte die nämlichen Sprünge, wie auf der Festung; denn Furcht und Schröcken war noch in mir und kam itzt auf ein neues wieder.

Der Fürst lachte so, daß ihm die Augen überliefen und es ihn in der linken Seite zu stechen anfing; er konnte auch nicht mehr reden; daher befahl mir der Obermarschall von Gebssattel abzutreten, weil alle Herrschaften so ins Lachen kamen, daß viele ihre Augen auswischen mußten. Ich mußte bei dieser Tafel dreimal abtreten und wieder hineingehen. Man stund endlich auf und ging zum Koffee.

Ich blieb noch eine Zeitlang zu Würzburg und verkaufte meine Handschuhe. Ich wurde aber nicht wenig von dem Fürsten und allen Herrschaften geplagt, besonders,[212] wenn fremde Herrschaften anlangten, kam der Diskurs von der Festung sicher auf das Tapet, aber ich wurde niemals umsonst geplagt, weil der General Münster und Herr von Bubenhof Kommissarien zu meinem Nutzen waren.

Unterdessen näherte sich der Geburtstag des Fürsten; deswegen ließen mir die Domherren, Minister und Kavalier einen neuen Uniform, rot und blau mit Silber, machen, und einen solchen hatte ich alle vier Jahre zu hoffen. An dem Geburtstage des Fürsten erschien alles bei Hof in Gala. Es waren viele fremde Herrschaften zugegen. Ich speiste bei der Marschalltafel, und der Herr von Quat hatte mir eine Gratulation aufgesetzt, welche ich auswendig lernen und beim Konfekt rezitieren mußte. Diese wußte ich nun auswendig; wir aßen und tranken und waren alle lustig und aufgeräumt. Es kam der Hoffourier und meldete, daß das Konfekt stehe. Alles stund auf und ging hinüber in den Kaisersaal; ich war mitten drunter; wir machten unsere Komplimenten, alles war still, ich stund gerade vom Fürsten herüber und fing laut meine Gratulation zu sprechen an, wie folget.


Großer Fürst, von Gott erkoren,

Heute, da du warst geboren,

Rufen alle so wie ich:

Vivat Adam Friederich!


Jeder will heut Opfer bringen,

Jeder sucht dich zu besingen,

Und aus Lieb und Dankbarkeit

Dir heut Ehrfurcht Weihrauch streut.
[213]

Lieb und Treue jeden lehren,

Dich nach Kräften zu verehren;

Der nichts weiß, noch wünschen kann,

Hat ein reiches Kleid doch an.


Sieh, die hier am Tische sitzen,

Wie sie mit Juwelen blitzen!

Sieh des Hofes stolze Pracht,

Wie er dir heut Gala macht!


Auch ich wollte mich heut putzen,

Und hab diesen neuen Mutzen

Dir zu Ehren angetan:

Jeder tut halt, was er kann.


Möchte mir es nun gelingen,

Dich nach Würde zu besingen!

Doch, da mirs am Geist gebricht,

Hab ich solche Keckheit nicht.


Fürsten, die so große Gaben,

Wie du hast, beisammen haben,

Zu besingen fiel mir schwer,

Wenn ich gleich ein Geliert wär.


Salomon wär ein Bärnhäuter

Gegen dir, du bist gescheiter.

Ja, du bist auch beim Altar

Frömmer noch, als Aaron war.


Dein Verstand ist unermeßlich,

Deine Taten unvergeßlich:[214]

Jeder gräbt sie nicht in Stein,

Sondern tief ins Herz hinein.


Ihr habt recht, ihr edle Franken,

Ihr könnt wohl der Vorsicht danken,

Welche den Regierungsstab

Solchen klugen Händen gab.


Glück und Wohlfahrt, Heil und Segen

Bringt euch Friedrichs Geist zuwegen:

Du, o Fürst! bist Tag und Nacht

Auf des Landes Wohl bedacht.


Dies der Untertan erkennet,

Der vor Lieb und Treue brennet,

Dir ein frohes Danklied singt,

Und sein Herz zum Opfer bringt.


Doch mit deinen treuen Franken

Will ich um den Vorzug danken:

Liebt ein Frank dich noch so sehr,

Glaubs, dein Peterl liebt dich mehr.


Großer Fürst! in dieser Liebe,

Und mit ehrfurchtsvollem Triebe

Naht sich deinem Gnadenthron

Ein noch junger Musensohn.


Mit dem Wunsch, daß Gottes Güte

Dich noch hundert Jahr behüte,

Ja, was man vom Nestor sagt,

In dir werde wahr gemacht.
[215]

Alles Guts in diesem Leben

Kannst du, Fürst, dir selbsten geben:

Segen, Wonne, Glück und Ruh

Legt dein großer Geist dir zu.


Dies ist, was bei dieser Feier

Dir heut opfert meine Leier;

Und mit diesem schließe ich:

Vivat Adam Friederich!


Der Fürst lächelte, lobte mich und sagte: »Du hast deine Sache brav gemacht.« Alle Herrschaften klatschten und freuten sich; denn wenn der Fürst gutes Humors und aufgeräumt war, lachte schon einem jeden das Herz im Leibe. Abends war eine Operette; und so wurde dieser Galatag beschlossen; ich kam aber nicht ganz ohne Rausch zu Nachts nach Haus in mein Quartier. Ich blieb also, weil es so charmant hergegangen, noch eine Weile zu Würzburg, meine Residenz ging aber zu Ende; denn der Fürst ging nach Bamberg, ich bedankte mich dabei, er gab mir mein Deputat und sagte: »Heuer hast du dich extra gut gehalten, hier hast du noch was a parte; reis glücklich, haus mit deinem Weib und Kindern gut, hab Gott vor Augen und komm bald wieder; denn solang mir Gott das Leben schenkt und du dich gut aufführest, darfst du allzeit wiederkommen.« Ich dankte ihm für alles und ging von Würzburg über Mergenthal, Grallzheim, Dinkelspiel, Donauwörth und Augsburg nach Tyrol und kam glücklich bei meinem Weib und Kindern an.

Quelle:
Prosch, Peter: Leben und Ereignisse des Peter Prosch, eines Tyrolers von Ried im Zillerthal, oder Das wunderbare Schicksal, Geschrieben in den Zeiten der Aufklärung, München 1964, S. 192-216.
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