Schön oder häßlich?

[13] Douglas Fairbanks und Harry Liedtke, Valentino oder Menjou haben nichts gemein mit den Idealgestalten einer hellenischen Epoche, die über eine apollinische Vollendung des Menschen in tranceartige Verzückung geraten konnte. Der Film hat dem Begriff »schöner Mann« restlos die Daseinsberechtigung geraubt und mit dem Teufelswerk der Technik ein Klischee für die Wunschfiguren der Menge geliefert.


Schön oder häßlich

Der Geschmack ist individuell geworden. »Jede« kann sich den »Ihren« auserwählen. Allein »schön« zieht nicht mehr – wie der Volksmund typisch prägt: »er muß so etwas haben«, dann ist er richtig!

Welch Privileg der Zeit – welche Annehmlichkeit und Entlastung! Mit leicht gekrümmter Nase, nicht geradem Mund, breiter Oberlippe, ungleichen Schultern, mit nicht ganz einwandfreier Figur kann man dennoch zum Idol unseres »Heute« aufsteigen, in Übereinstimmung mit Körper, Auftreten, Gesinnung als begehrtes Vorbild des starken Geschlechtes hingestellt werden.

Die blendende Maske ist überholt. Wenn es auch nicht immer »der Geist« sein kann, »der sich den Körper baut« – so soll das Temperament und Wesen des einzelnen der Äußerlichkeit eine besondere Note geben, die über »schön« oder »häßlich« erhaben ist.

Die Frau hat es schwerer! An ihre Körperlichkeit wird größerer Anspruch gestellt – aus »dem häßlichen Entlein« kann nicht über Nacht ein »Goldfasan« werden, aber der sich selbst erkennende Mann ist in der Lage, mit minimaler Retusche – als »Phönix aus der Asche« zu steigen![13]

Quelle:
Reznicek, Paula von / Reznicek, Burghard von: Der vollendete Adam. Stuttgart 1928, S. 13-14.
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