b) Antrittsbesuche.

[50] Das ist eine Sache, die erst in späteren Jahren an euch herantritt, sofern Antrittsbesuche dann noch üblich sein sollten. Aber für alle Fälle können ein paar Hinweise bestimmt nicht schaden.

Wenn du in eine fremde Stadt versetzt wirst oder dort ein Geschäft einrichtest, dann machst du bei den Leuten Besuch, mit denen du gern verkehren möchtest. Falls du verheiratet bist, begleitet dich deine Frau, wenn du zu Familien gehst. Zu unverheiratete Herren gehst du allein.

Eine Dame macht einem Herrn nie einen Besuch, der seiner Person gilt.

Dein Besuch in einer Familie wird in den meisten Fällen durch einen Gegenbesuch erwidert, dem später, falls der Verkehr gewünscht wird, eine Einladung folgt.

Als Besuchszeit gilt die Zeit von 11–1 Uhr als die passendste, und auch von 5–6 Uhr. Man muß vermeiden, mit dem Besuch in die Tischzeit hineinzuplatzen. Antrittsbesuche an Festtagen, am Totensonntag, Bußtag zu machen, ist nicht üblich.

Den ersten Besuch soll man nicht über zehn Minuten hinaus ausdehnen. Erfrischungen werden nur gereicht, wenn Grund dafür vorhanden ist (weiter Weg, große Hitze, bittere Kälte).

Besuchsanzug für den Herrn: Gehrock, dunkles Beinkleid nud Weste, oder Eat und gestreiftes Beinkleid, weißes[50] Oberhemd, dunkle Krawatte, hoher Hut oder Glocke, braune Handschuhe, die aber nicht angezogen werden, schwarze Schuhe, auch Lackschuhe. Mantel, Hut und Ueberschuhe werden in der Garderobe abgelegt. Die Dame bleibt im Straßenanzug, falls sie nicht ganz besonders zum Ablegen aufgefordert wird.

Bei der Anmeldung gibt man gleichzeitig seine Visitenkarte (Besuchskarte) ab, die man auf keinen Fall wieder zurücknehmen darf, auch wenn man die Herrschaften nicht antrifft. Eine abgegebene Karte gilt auch als Besuch. In manchen Fällen (plötzliche Versetzung) gibt man nur seine Karte ab.

Aehnlich verlaufen auch die Dankbesuche, die man für eine erhaltene Einladung oder eine Gefälligkeit abstattet, sowie Glückwunsch- und Beileidsbesuche.

Man entschuldigt sich nicht, daß man einen Besuch abstattet, und bedankt sich auch andererseits nicht für den empfangenen Besuch.

Man verläßt das Zimmer stets so, daß man auch beim Hinausgehen dem im Zimmer Verbleibenden das Gesicht zuwendet und nicht den Rücken.


Quelle:
Schütte, Carl: Willst du erfahren was sich ziemt? Caputh-Potsdam [o. J.], S. 50-51.
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