11.

[56] Es war auch bisher nur die Rede davon, daß man durch Veredlung des Herzens Veredlung der Züge des Gesichts bewirken könne. Da nun der Schein immer wider den ist, dessen Gesicht nicht der Ausdruck eines edlen Herzens und feiner edler Empfindungen ist, und der Mangel dieser Vorzüge ihn so oft an seinem Glücke hindert, ihm so schwer Liebe und Zutrauen erwirbt, er darüber so oft vernachlässigt oder verkannt wird; da hingegen ein offnes, anmuthiges, interessantes Gesicht so viel Freude bringt, so sehr unser Fortkommen befördert, unsern Werthe, unsern Verdiensten selbst einen höhern Glanz giebt, alles um uns her froh, selbst aufgelegt zum Guten macht; die Züge des Guten aber so leicht durch Nebenumstände verdrängt und ausgelöscht werden können, so muß der Endschluß lebhaft in Ihnen werden: ich will mich wenigstens bemühen, meinem Gesichte edle anmuthige Züge einzuprägen.

Quelle:
Siede, Johann Christian: Versuch eines Leitfadens für Anstand, Solidität, Würde und männliche Schönheit. Dessau 1797, S. 56.
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