III. Feldzug von 1809.

[46] »Adam! wenn es Krieg gibt, nehme ich Sie mit ins Feld!« so sagte oft halb ernst, halb scherzend mein theurer Gönner und Beschützer, der edle Graf Froberg, und nie klangen mir seine Worte lieblicher, als wenn er so sprach. Ich behielt sie auch wohl im Gedächtnisse und sagte oft bei mir selbst: »Wenn nur lieber schon Krieg wäre, damit er sich nicht eines schönen Tages noch anders besinnt!«

Im Herbste 1808 waren Gerüchte von einem drohenden Kriege zwischen Oesterreich und Frankreich in Umlauf, die bayerischen Truppen bezogen drei große Uebungslager, das eine bei Augsburg, das andere bei Nürnberg, das dritte bei Plattling unweit Passau. Auch die Oesterreicher schoben Uebungslager an die bayerischen Gränzen. Das Alles deutete man als Vorbereitungen zu dem nahe bevorstehenden Ausbruch des Krieges. Vor Eintritt des Winters zogen jedoch die Truppen wieder in ihre Garnisonen zurück und alles wurde stille. Erst zu Anfang des Jahres 1809 mehrten sich wieder mit den erneuten Vorbereitungen die Gerüchte, bis Ende März Niemand mehr am Kriege zweifelte.

Ein großer Theil der bayerischen Armee war schon ausgerückt, und die Truppen, welche noch in München lagen, erwarteten täglich den Befehl zum Ausmarsch. Alle Wachen[46] bezogen mit Sack und Pack ihre Posten, überall, wohin man blickte, herrschte die größte Bewegung.

Mir pochte bei all diesen Rüstungen das Herz. Ein sonderbarer Streit herrschte in meinem Innern. Oft schauderte ich vor mir selbst zurück, wenn ich bemerkte, daß ich den Ausbruch des Krieges kaum erwarten konnte, doch beschwichtigte ich mich damit, daß meinetwegen weder Krieg noch Friede sei und ersterer eine Geißel Gottes und ein nothwendiges Uebel ist. Für mich eröffnete sich ein weites Feld der Entwickelung der Kunst in der Richtung, welche ich nun einmal eingeschlagen: alles, was ich bisher nur wie im Traum gesehen und gedacht, sollte jetzt in schauerliche Wirklichkeit übergehen.

Eines Tages saß ich an der wohlbesetzten Tafel Frobergs, als sehr viel vom Kriege die Rede war. Ich konnte meine Freude darüber nur mit Mühe unterdrücken. Froberg blickte mich mit ironischer Miene an und sagte zu einem General, der neben ihm saß: »Sieh nur diesen kleinen Spitzbuben an, der kann gar nicht erwarten, bis es los geht!« – »Ja, kleiner Schelm,« wandte er sich an mich, »ich halte Wort und nehme dich mit, aber du wirst dich bald überzeugen, daß es um den Krieg eine ernsthafte Sache ist, und im besten Falle kannst du dich auf nicht geringe Beschwerden und Entbehrungen gefaßt machen.« In der That dauerte es nicht mehr lange, so bekam ich schon einen recht ordentlichen Vorgeschmack davon.

Mit Unruhe durchlief ich die Straßen, um diese Vorkehrungen zu beobachten, bis endlich die Alarmtrommel die letzten Regimenter zum Abmarsche rief.

Am 7. April zwischen 3 und 4 Uhr zog das Leibregiment, das Regiment Prinz Karl und ein Bataillon Jäger unter Begleitung einer Menge Menschen, wobei selbstverständlich zahlreiche Schönen und viele nasse Augen nicht fehlten, zum Isarthore hinaus, nur das Depot blieb in München zurück. Die königl. Bildergallerie wurde möglichst in Sicherheit gebracht, die Schatzkammer und andere Kostbarkeiten von München fortgeschafft, und der entscheidende Augenblick war gekommen.

Am 8. April bekam auch ich von Froberg, der sich schon[47] seit mehreren Tagen im Hauptquartiere des Marschalls Lefèbre befand, schriftliche Ordre, mit seinen Leuten und Equipagen dorthin aufzubrechen. Er schenkte mir viel Vertrauen und gab mir noch manche Aufträge, welche ich in München für ihn zu besorgen hatte.

Gerüstet war ich schon lange, aber das Scheiden von München kam mir doch nicht so leicht an, als ich anfangs glaubte: ich hatte zwar die Absicht, bald wieder zurückzukehren und ließ deßhalb meinen Bruder Heinrich, der seit einem Jahre sich neben mir in München zum Künstler ausbildete, mit den Habseligkeiten, welche ich nicht mitnehmen konnte, in meiner Wohnung zurück. Aber es fügte sich anders, und erst nach sechs der bedeutungsvollsten Jahre meines Lebens führte mich mein Geschick unter ganz veränderten Verhältnissen nach München zurück.

Mit der neuen Laufbahn, welche ich nun zu betreten im Begriffe stand, war die froheste Zeit meiner Jugend verflossen, meine ungetrübte Heiterkeit, der innere Friede, mit dem ich schuf und in stiller Zurückgezogenheit mit wenigem zufrieden lebte – ich fand sie nirgends wieder. Damals erkannte ich das freilich noch nicht im vollen Lichte, aber ich ahnte es. Zwar war das Jahr noch nicht zu Ende und das Glück hatte mir mit vollen Händen zugeworfen, aber jenes Glück, von welchem ich damals schied, können äußere Umstände niemals geben.

Auf die erhaltene Ordre hin rüsteten sich sofort die Equipagen des Grafen Froberg zum Abmarsche. Ich begab mich mit einer ledernen Tasche, in der mein Zeichnungsmaterial war, einen Schleppsäbel an der Seite, in Froberg's Haus, wo alles mit Packen beschäftigt war.

Ein solcher Ausmarsch von Equipagen, Reit- und Handpferden mit Decken, Sattelzeug u. dergl. hat immer etwas Umständliches. Das geht an ein Schnallen und Zusammenriemen; da paßt dies und jenes nicht recht, da läuft einer weg und hat etwas vergessen, da kommt noch ein Kamerad oder gar eine Dirne und hat noch etwas Wichtiges zu sagen: Kurz, es[48] ist kein Weiterkommen, bis man einmal ein paar Tage auf dem Marsche ist, dann geht alles leicht und schnell.

Endlich ist man fertig und sitzt auf, die Schnapsflasche kommt noch einmal zum Vorscheine, um sich durch einen Abschiedstrunk zu stärken; an den Fenstern steht, was Platz hat: die Kinder mit der Bonne, Kammerjungfern, Stubenmädchen, wohl auch die Hausfrau. Man winkt sich noch einmal zu, macht rechtsum. »Adieu, adieu, viel Glück auf den Weg!« und fort geht es durch die Stadt zum Schwabinger Thore hinaus.

Am 8. April also, Mittags 1 Uhr, wanderten wir bei schlechtem Wetter auf kothiger Straße Freising zu, und alles, was uns in München lieb und theuer war, lag nun im Rücken.

Es war ein recht origineller Zug, eine zweispännige Equipage und zehn Reitpferde der verschiedensten Racen, ein Kammerdiener in Husarenuniform, ein lustiger Jäger, ein paar Reitknechte und meine Wenigkeit als Stallmeister, alles in der barocksten Garderobe. Der ganze Zug sah aus, als hätte ihn ein Maler absichtlich so zusammengestellt. Ich hatte aber kein Verdienst dabei, es war ein Werk des Zufalls, vielleicht auch Frobergs, denn dieser hatte viel Originelles in seinem Charakter und setzte sich leicht über Kleinlichkeiten hinweg.

Ziemlich stille wanderte der Zug dahin, nur zuweilen hörte man von denen, welche Handpferde führten, fluchen und schelten, wenn die Thiere nicht vorwärts wollten. Wohlgenährt und von dem langen Warten ungeduldig, trippelten sie einher, zerrten bald rechts, bald links und bespritzten die andern mit Koth. So kamen wir gegen 7 Uhr Abends schmutzig und durchnäßt in Freising an.

Der ganze Ort war überfüllt mit Soldaten; zum erstenmale befand ich mich in dem Tumulte und Lärm eines Hauptquartiers. Obwohl ich schon viel unter den Soldaten gelebt hatte, so sauste mir doch der Kopf von diesem Treiben. Mit Mühe fand ich das Quartier des Grafen, traf ihn aber nicht zu Hause, er befand sich bei dem Marschall Lefèbre. Abends, nachdem ich mich zur Ruhe gelegt hatte, kam er noch zu mir an mein Bett, um zu erfahren, was sich in München alles seit[49] seiner Abwesenheit zugetragen. Wir hatten übrigens das Glück, hier in Freising gut einquartiert und verpflegt zu werden.

Den andern Morgen am 9. April erhielten wir Befehl, uns marschbereit zu halten. Alle Pferde standen gesattelt, alle Truppen auf den Gassen unter Gewehr, so daß man kaum passiren konnte; endlich kam der Graf und sprach das Donnerwort: »Absatteln und hier bleiben!« Er wurde vorwärts geschickt, um die österreichischen Vorposten zu recognosciren und nahm hiezu nur einen Reitknecht und ein Handpferd mit. Wie gerne hätte ich die Dienste des Reitknechts verrichtet, nur um mitzukommen, aber es half kein Bitten, ich mußte mit den übrigen Pferden bleiben und weitern Befehl abwarten.

Am 10. erhielt ich die Ordre, schleunigst mit den Pferden gegen Moosburg und Landshut zu marschiren. Dort angelangt, erfuhren wir, daß die Brücke über die Isar abgebrochen werde, und ich überzeugte mich bald mit eigenen Augen hievon. Ein Piquet Chevauxlegers und eine Abtheilung Infanterie stand dort, um die Brücke zu bewachen, mit deren Abbruche man bereits begonnen hatte. Die Offiziere sagten mir, die Oesterreicher hätten den Inn überschritten und Graf Froberg werde noch am Abend mit einer Eskadron von Bubenhoven-Chevauxlegers eintreffen. Gegen 6 Uhr kam er auch wirklich voll Verdruß zurück.

Von dem Kronprinzen hatte er eine sehr unangenehme Depesche erhalten: man erfuhr, daß die Oesterreicher sich München näherten; aus Tirol und von allen Seiten liefen schlimme Berichte ein, kurz, es sah recht trübe aus.

Ich aß mit dem Grafen, mit Major Plattner und einem Rittmeister zu Nacht und zeichnete während des Essens noch den Kopf des Majors, der mir sehr gefiel.

Am 11. schickte mich Froberg mit allen seinen Leuten und Pferden nach Freising zurück, und Tags darauf nach München, wo ich zur Verwunderung meiner Freunde und zu meinem größten Verdrusse Abends ankam. Die Equipagen sollten sich gegen Dachau wenden und ich in München weitere Befehle abwarten. Diese aber kamen nicht und die Oesterreicher rückten[50] immer näher gegen München. Voll Ungeduld und Ungewißheit, was zu thun, sattelte ich am 14. April Morgens mein Pferd und ritt nach Dachau, um die Equipagen aufzusuchen. Dort erfuhr ich aber, sie seien schon weiter gegangen, man vermuthe nach Augsburg, wisse es aber nicht gewiß, und so eilte ich nach München zurück. Welch eine unheimliche Stille fand ich da, es war alles von Truppen leer, der König fort, die Stadt wie ausgestorben! Man versicherte mich, das bayerische Hauptquartier retirire über Geisenfeld gegen Ingolstadt; ich wollte eben vor Einbruch der Nacht noch fort und meinen Weg dorthin richten, als man am Thore unter großem Volksauflaufe einen französischen verwundeten Offizier brachte, welcher den Feinden drei Stunden von München in die Hände gefallen und so ausgeplündert worden war, daß er nur einen Kittel und eine Mütze trug, welche ihm ein Postillon gegeben hatte; bayerische Reiter hatten ihn befreit und in Sicherheit gebracht. Dieser Auftritt schreckte mich ein wenig, so daß ich mich entschloß, die Nacht in München abzuwarten, was weiter sich ereigne. Den andern Morgen jedoch ritt ich auf gut Glück Pfaffenhofen und Geisenfeld zu.

Kaum drei Stunden von München entfernt sah ich gegen Osten eine große Rauchsäule emporsteigen; es brannte die kurz vor dem Kriege erbaute Isarbrücke bei Freising, welche angezündet worden war, um dem Vordringen des Feindes Hindernisse in den Weg zu legen. So schont der Krieg nichts!

Ich hatte ganz abscheuliches Wetter; Wind, Regen und Schneegestöber wechselten den ganzen Vormittag um die Wette und Nachmittags brach noch ein starkes Gewitter los. Eine Strecke über Pfaffenhofen hinaus an einem Hohlwege machte mein Pferd plötzlich einen wilden Seitensprung und wollte nicht weiter: ein todtes Pferd lag in dem Hohlwege.

Eine halbe Stunde später stieß ich auf die ersten französischen Vorposten und wußte jetzt wenigstens, daß ich nicht den Oesterreichern in die Hände reite! Etwas weiter vorwärts, nahe bei einem Dorfe gewährte mir eine französische Vedette einen interessanten Anblick. Es war ein Husar, mit dessen[51] grünem Mantel der Wind einen gewaltigen Spuk trieb, so daß er sich nur mit Mühe auf dem Pferde halten konnte. Dieses war durch das Ungewitter wild geworden, bei jedem Blitz und Donnerschlag machte es einen Sprung, bäumte sich und drehte sich im Ringe herum. Wie gerne hätte ich mich trotz Wind und Wetter verweilt und den Kerl gezeichnet. Es schien zu interessant, allein es war nicht daran zu denken, ich hatte selbst Mühe, mich auf dem Pferde zu halten. Es ist dies ein Uebelstand, den ich leider in dem Kriegsleben nur zu oft bitter empfunden habe, daß man an den interessantesten Gegenständen vorübergehen muß, ohne sie auch nur mit ein paar Bleistiftstrichen festhalten zu können, weil Zeit und Umstände, Oertlichkeit oder andere Hindernisse es nicht gestatten. Besonders drei Jahre später, im russischen Kriege, kam mir das nur zu oft vor, und einige Male, wo ich die nöthigen Rücksichten außer Augen gelassen, wäre mir das Verweilen von nur zehn Minuten bald sehr übel bekommen.

Geduldig setzte ich meinen Weg fort und erreichte bald ein Dorf, wo ich mich mit meinem Pferde unter eine Scheune stellte, bis das Gewitter ein wenig ausgetobt hatte und ich indessen meinem armen Pferde ein wenig Futter geben ließ. Der alte Bauer, bei dem ich einstellte, klagte mir ein Jammerlied über die Plagen des Krieges; ich tröstete ihn damit, daß sie vorübergehen und die ungebetenen Gäste bald weiterziehen werden, und ritt weiter. Nach kaum einer halben Stunde gewahrte ich ein Dorf, das in vollen Flammen stand, ein Knabe kam athemlos gelaufen; ich fragte: »Was ist es mit diesem Feuer? Wie ist es entstanden?« – »Ach, Herr,« erwiderte er, »das Gewitter hat eingeschlagen, ich eile zum nächsten Dorfe, um Hilfe zu holen.« Bald nach ihm folgte ein anderer auf einem ungesattelten Pferde in vollem Laufe. So sendete heute auch noch die Natur ihre Schrecken zu den Plagen des Krieges in einer Zeit, wo diese Erscheinungen in unserem Klima sehr selten sind.

Auf diesem unbehaglichen Marsche gesellte sich auch ein dem Anscheine nach wohlhabender Landwirth zu mir, welcher[52] von Pfaffenhofen aus bis Geisenfeld nicht von meiner Seite wich. Er ritt auf einem kleinen, aber sehr guten, gedrungenen Pferde und schien große Eile zu haben. Anfangs war mir das nicht zuwider, denn die Pferde gehen in Gesellschaft lieber, als allein, und wir kamen auch rasch vorwärts; ich sah aber bald, daß mein Pferd sich bei dieser Eile vor der Zeit abmatten würde, eine Besorgniß, die in der Folge sich auch begründet zeigte; gern wäre ich dieses Begleiters los geworden, aber ich konnte ihm die Straße nicht verbieten, und er wurde immer zutraulicher. Im Laufe des Gespräches erzählte er, daß er sich vor den Oesterreichern habe flüchten müssen, weil er an die Bayern etwas verrathen habe, und in der That schien er in einer Angst zu sein, als ob die Husaren schon hinter ihm her wären. In späterer Zeit hatte ich oft Gelegenheit, die Beobachtung zu machen, daß furchtsame Menschen glauben, in Gesellschaft weniger Gefahren ausgesetzt zu sein. In diesem Falle schien sich mein Begleiter zu befinden; erst in Geisenfeld, wo wir bei einbrechender Nacht ankamen, konnte ich seiner los werden.

Hier hatte ich aber vergebens das Hauptquartier gesucht, dieses sei, hieß es, in Vohburg an der Donau. Und nun beging ich die große Thorheit, mit einem durch die Beschwerlichkeit des heute zurückgelegten Weges von 18 Poststunden schon ermatteten Pferde in der Nacht noch weiter zu reiten. Ein Bauer, welcher des Weges kam, beredete mich, nicht die Poststraße zu wählen, sondern einen weit nähern Weg durch einen Wald einzuschlagen, den er mich führen wolle; aber es wurde stockfinster, wir verloren den Weg, meinen Begleiter erfaßte Angst, und er versuchte durchzubrennen. Darüber wurde ich so erbittert, daß ich eine Pistole herauszog und zu schießen drohte, wenn er sich entferne. Mühsam tappten wir nun auf einem sumpfigen Boden fort, bis sich in der Ferne Licht zeigte. Dies, sagte der Bauer, sei Licht von Vohburg, ich könne nicht mehr fehlen, links vom Walde liege sein Dorf. Er bat so flehentlich, ihn doch gehen zu lassen, bis ich meine Pistole einsteckte und den Kerl laufen ließ. Aber ich verlor bald wieder[53] das Licht aus den Augen, und die Strafe für mein thörichtes Beginnen, diesen Weg noch in der Nacht zu reiten, blieb nicht lange aus. Unversehens gerieth ich an einen tiefen, sumpfigen Graben. Mein Pferd stürzte hinein, als wäre es von einer Kugel niedergeschmettert. Da lagen wir Beide. Mit Mühe zog ich meinen rechten Fuß unter dem Pferde hervor und kroch endlich heraus. Was aus meinem Pferde geworden, wußte ich lange nicht, und hätte ich es nicht bisweilen stöhnen hören, so würde ich geglaubt haben, es sei todt. Trost- und rathlos saß ich nun eine gute halbe Stunde am Ufer, an einen Baum gelehnt und wollte den Morgen abwarten. Indeß fing mein Pferd an, Gras zu fressen und aus dem Bache zu saufen, zuletzt machte es auch Anstrengungen, selbst aufzustehen, was ihm mit einiger Nachhilfe von meiner Seite mühsam gelang.

Nach einem Versuche, ob das arme Thier noch gehen könnte, saß ich wieder auf, aber es war ein Reiten zum Erbarmen. Ich selbst war von dem Sturze auf einer Seite naß, der Sattel voll Koth, die Zügel zerrissen. So schleppten wir uns mühselig mit einander fort, bis ich endlich aus dem Walde herauskam und abermals in der Ferne ein Licht erblickte, auf das ich lossteuerte. Es kam aus einem kleinen Bauernhause. Nach langem Klopfen und Rufen erschien endlich eine alte Frau mit gutmüthigem Gesichte an einem Fensterchen. Auf meine Bitten öffnete mir ihr Mann die Thüre. Es waren arme Taglöhnersleute, der Mann war erst spät von der Arbeit nach Hause gekommen. Ich bat um einen Trunk Wasser und Brod. Der Mann theilte mit mir sein Drescherbrod und die Frau gab mir dazu ein paar grobe Nudeln, das Beste, was sie hatte. Ich wollte für dieses Labsal den Leuten etwas Geld geben, aber sie weigerten sich; nur mit Mühe konnte ich sie bewegen, zwölf Kreuzer anzunehmen. Der Mann begleitete mich auf die rechte Straße, auf der ich um 1 Uhr Mitternachts, nach einem abenteuerlichen Marsche von zweiundzwanzig Stunden, endlich in Vohburg anlangte.

Nach diesem erschöpfenden Tage dachte ich nun, auf einem[54] erträglichen Lager ausruhen und gut schlafen zu können; aber wie enttäuscht war ich, als ich von einem Wirthshause zum andern kam und überall ausgelacht wurde, weil ich nach einem Bette fragte. »Nicht einmal einen Bund Stroh können wir geben,« hieß es, »der ganze Ort ist überfüllt mit Soldaten, die alles aufzehren.«

In einer großen Schenkstube, in welcher alles voll Soldaten, Fuhrleuten und Bauern auf der Streu lag und eine Luft zum Ersticken war, machten mir endlich ein paar Grenadiere neben sich Platz. Hier lag ich nun auf der Streu und hatte genügende Gelegenheit, über die Worte nachzudenken, welche Froberg einige Wochen zuvor bei Tische gesprochen, als er mich auf die Beschwerden und Entbehrungen des Krieges aufmerksam machte.

»Also der 16. April, mein Geburtstag ist heute – ein schöner Geburtstag! Und der gestrige Marsch ein hübsches Vorspiel zu dem Wege, den ich nun zu betreten begonnen!« sagte ich zu mir selbst, als ich beim Erwachen mich in dieser dumpfigen Stube auf der Streu fand. Nachdem ich meine müden Glieder ein wenig ausgestreckt, machte ich mich eilig hinaus. Mein erster Gang führte mich in den Stall, um zu sehen, ob mein armer Klepper noch bei Leben sei. Zu meiner Verwunderung fand ich ihn fressend, was immer ein gutes Zeichen ist, denn wenn müde Pferde das Futter verschmähen, steht es nicht gut um sie. Doch hatte es den Strengel und sah elend aus. Ich drückte dem Hausknechte Geld in die Hand und versprach ihm dazu ein reiches Trinkgeld, wenn er das arme Thier ordentlich verpflegen würde, bis ich zurückkäme. Hierauf begab ich mich auf die Straße. Mein Gott, was war da für ein Treiben und Rennen! Auf dem Markte wollten die Bauern den Landrichter erschlagen, weil er ihnen unerträgliche Lasten aufgebürdet habe. Zwischen hinein heulten Weiber und Kinder, da die Soldaten Brod forderten, das sie selbst nicht hatten und jene sie deßhalb mißhandelten. Vor dem Thore war ein Militärpferd in einen Keller gefallen, da der Stallboden durchgebrochen war, was einen gewaltigen Spektakel[55] verursachte. Französische und bayerische Soldaten der verschiedensten Waffengattungen drängten sich wie toll durch einander und die Kriegsfurie schien hier schon ihr wildes Spiel zu treiben. Kurz, da die Oesterreicher sehr schnell den Inn überschritten und unerwartet in Bayern vordrangen, die französisch-bayerische Armee aber noch nicht genug concentrirt war, um ihnen erfolgreich Einhalt thun zu können, so sah alles, was seit acht Tagen geschehen, einem Rückzuge sehr ähnlich. Daraus entsteht aber immer leicht Unordnung und wird der Soldat zu Excessen geneigt. Auch hier hegte man schon Besorgnisse wegen Annäherung des Feindes. In dieser Verwirrung begegneten mir französische Kürassiere, welche ein dem äußern Anscheine nach starkes, aber krankes Pferd vor die Stadt führten, wo sie es tödteten. Sie nahmen ihm sodann die Hufeisen, schnitten ihm den Schweif ab und ließen es liegen. Es lag in einer sehr hübschen Stellung und war so schön von der Sonne beleuchtet, daß ich mich nicht enthalten konnte, eine Zeichnung desselben zu machen, welche ich sogar mit Sepia sauber ausführte. Dann aber mahnte mich mein Magen, der gestern sehr wenig und heute noch nichts erhalten, gebieterisch an die Rückkehr. In Vohburg trieb ich mich nun wieder von Wirthshaus zu Wirthshaus, um etwas zu essen zu bekommen, aber überall hieß es: »Wir haben selbst nichts, was wir hatten, fraßen uns die Soldaten hinweg!«

Als mich solcher Weise eine Kellnerin schnöde abgewiesen, kam ich an einem Hause vorbei, vor dem auf einer hölzernen Bank ein bayerischer Kanonier saß. Er betrachtete mich vom Kopfe bis zu den Füßen, was meine Aufmerksamkeit erregte. Ich erkannte in ihm einen Jugendgespielen und Schulkameraden, setzte mich zu ihm und wir erzählten uns in Kürze, wie es uns ergangen. Als er hörte, daß ich für Geld nirgends etwas zu essen bekommen konnte, ließ er sich sein Mittagessen bringen und theilte es mit mir bis auf den letzten Bissen Brod und den letzten Tropfen Bier. Nachdem ich mich so durch Freundestreue gestärkt, trachtete ich dem Lärmen zu entrinnen und suchte das Freie, um in Ruhe bei mir selbst zu überlegen, was[56] nun zu thun sei, denn was ich so mühsam suchte, hatte ich auch in Vohburg nicht gefunden. Hier war weder das bayerische Hauptquartier, noch der Graf Froberg, und Niemand wußte mir Auskunft zu geben. Das Getümmel hier gehörte zu der Vorhut der französischen Donau-Armee.

Es war ein schöner, heiterer Frühlingsmorgen und Sonntag: ich verfolgte einen Fußpfad, der sich durch grüne Wiesen an der Donau hinschlängelte. Die Natur zog ihr Frühlingskleid an: die Erstlinge der Blumen, die Gänseblümchen, guckten aus dem Grase hervor, die Lerchen wirbelten hoch in den Lüften ihr Lied; die Natur, die ewig gleiche, nahm keine Notiz von dem wilden Treiben des Krieges, in ihr herrschte der Friede. All das stimmte mich nach den Beschwerden der verflossenen acht Tage recht weich. An einem schönen Platze legte ich mich auf den Rasen nieder und meine Blicke folgten den Wellen des Stromes, der bald Zeuge blutiger Ereignisse werden sollte. Sinnend in mich gekehrt, lag ich lange; die ganze Vergangenheit ließ ich in Gedanken an mir vorüberziehen, und Gegenwart und Zukunft und meine Pläne erwägend, verfiel ich in wehmüthige Stimmung. Eltern, Geschwister, Freunde, mein heiteres, schuldloses Kunsttreiben in München und jede schöne Erinnerung meiner Jugendzeit trat mir recht lebendig vor Augen. Wenig hätte gefehlt, so wäre ich nach München zu meinem bisherigen Leben zurückgeeilt. Nur die Scham hielt mich zurück, schon durch die ersten Beschwerden und Widerwärtigkeiten mich von meinem Vorhaben abschrecken zu lassen. Ich ermannte mich und sagte bei mir selbst: »Jetzt ist weder Zeit noch Ort zu sentimentalen Betrachtungen. Du wolltest den Krieg in der Nähe sehen; schon am Anfange eines mühsamen Weges umzukehren, ist Feigheit, also vorwärts!« Ich stand auf und lenkte meine Schritte wieder der Stadt zu. Lange noch trieb ich mich in den Straßen herum, ohne über die Bewegung des Gros der bayerischen Armee etwas Sicheres erfahren zu können. Endlich gegen 3 Uhr Nachmittags sah ich eine Chaise herannahen, in der ein bayerischer Offizier des Generalstabes saß. Von ihm erfuhr ich, daß Froberg sammt dem Hauptquartiere noch diesen Abend[57] in Geisenfeld eintreffen werde. Ich war also gestern in der Raschheit meiner Jugend und in meiner Unvorsichtigkeit vier Stunden weiter und einen Tag zu früh über diesen Ort hinausgeeilt. Hätte ich mich bemüht, in Geisenfeld sorgfältigere Erkundigungen einzuziehen, so wäre mir viel Unangenehmes erspart geblieben.

Ich brach sogleich nach Geisenfeld auf, diesmal aber wohlweislich auf der Poststraße und gemächlichen Schrittes. Dort angelangt, fand ich bald das Quartier Frobergs. So liebreich er mir sonst begegnete, so empfing er mich doch diesmal ziemlich unsanft und schalt mich wegen meines übereilten Herumirrens hübsch aus. Indessen grollte er nicht lange, das ließ sein vortreffliches Herz nicht zu. Ich aß mit ihm und dem Baron Kleutgen, Rittmeister bei den König-Chevauxlegers, zu Nacht und ruhte in einem guten Bette von den vorangegangenen Strapazen so vollkommen aus, daß ich bereit gewesen wäre, gleich wieder einen Ritt von zweiundzwanzig Stunden zu unternehmen. Ob aber mein Fuchs dazu Lust gehabt hätte, ist sehr zu bezweifeln, denn es währte lange, bis er sich von den erwähnten Abenteuern erholte.

In den Contrasten, welche das Kriegsleben mit sich bringt, liegt übrigens ein gewisser Reiz, und ist die Gesundheit eines Mannes nicht schon zerrüttet, so wird er durch sie physisch und moralisch gekräftigt. Wer hat auch jemals eine gute Tafel, die Wohlthat einer guten Ruhestätte so genossen, wie derjenige, welcher zuvor tüchtig gehungert und sich müde gemacht hat!

Am 17. Morgens ritt ich bei herrlichem Wetter und durch eine ziemlich hübsche Gegend mit Froberg nach Ingolstadt, wo wir noch Vormittags anlangten und bei dem Stadtpfarrer einquartiert und sehr gut bewirthet wurden. In dieser Stadt tobte wieder der ganze Teufel eines Hauptquartiers; Franzosen und Bayern von allen Waffengattungen, auch viele österreichische Gefangene waren hier angehäuft. Froberg war Commandant des Hauptquartiers. Da gab es ein Laufen und Durcheinander als wie ein rauschendes Wasser, wo eine Welle die andere verdrängt.[58]

Vor allem interessirten mich die österreichischen Gefangenen; es wurden deren viele zu Froberg gebracht, welcher sie ausfragte. Auch ein verwundeter bayerischer Dragoner mit blutigem, schlecht verbundenem Kopfe, der viel zu erzählen wußte, wurde vor ihn geführt. Ich bewunderte die Geistesgegenwart und Bescheidenheit, mit der er von seinen Wunden sprach. »Sehen Ew. Excellenz,« sagte er zuletzt, indem er seinen Säbel herauszog, »die österreichischen Kostbeutel1 haben mir den Säbel in der Mitte abgehauen, sonst hätten sie mich nicht so bekommen; so lange mein Säbel ganz war, habe ich ihnen das Fell tüchtig durchgegerbt.« Froberg belobte ihn, ließ ihm ein Glas Wein geben und schenkte ihm auch etwas Geld.

Des Abends machte ich noch eine Zeichnung des schönen Lagers, welches sich an der Donau hinzog.

Am 18. früh Morgens brachen wir auf und marschirten gegen Vohburg. Von da an fand keine rückgängige Bewegung mehr statt, es ging ununterbrochen vorwärts. Unterwegs stießen wir schon auf zahlreiche österreichische Gefangene. Alle Truppen waren in Bewegung gegen Neustadt. Hier fand ich ein Lager von Leiningen- und König-Chevauxlegers, welche schon Tags zuvor kleine Attaquen gehabt hatten. Gegen 6 Uhr Abends brachen beide Regimenter auf und griffen in Verbindung mit Infanterie-Abtheilungen und Artillerie unter Wrede's Commando den Feind in den Wäldern an. Die Nacht machte dem Gefechte ein Ende, das zum Vortheile der Bayern ausfiel und ein Vorspiel des folgenden ernsten Tages war.

Am 19. April sollte ich zum erstenmale Zeuge des blutigen Kampfspieles sein. Mit Ungeduld sah ich den Vorbereitungen zur Schlacht von Abensberg entgegen.2 Alles, was um mich her vorging, ergriff mich auf das äußerste und[59] versetzte mich in die größte Spannung; doch müßte ich Unwahrheit reden, wenn ich sagen wollte, ich hätte eine Schlacht gesehen. Weder meine Stellung als Stallmeister des Grafen Froberg und als Maler, noch viel weniger das Terrain, auf welchem am 19. der Kampf fortgesetzt wurde, war hiezu geeignet. Es hatte hier mit der Bodenbeschaffenheit dieselbe Bewandtniß, wie bei den vorangegangenen Kämpfen: Nichts als Hügelland mit kleineren oder größeren Gehölzen durchschnitten, welche die Kämpfenden oft selbst einander verbargen und die Ausdehnung einer größeren Schlachtlinie, wie bei Aspern und Wagram, nicht zuließen.

Im allgemeinen machen sich die meisten Menschen, welche nie mit im Kriege waren, von dem Anblicke einer Schlacht einen irrigen Begriff; sie glauben, man könne sie von irgend einem beliebigen Punkte bequem ansehen. Dem ist aber nicht so, denn selbst wenn sich ein solcher Punkt, z.B. eine Anhöhe oder ein Kirchthurm, findet, so sieht man nichts als Rauch und ein verworrenes Hin- und Herwogen, das für den Uneingeweihten unverständlich bleibt, wenn man sich nicht etwa selbst in das Schußbereich begeben will. Aber die Kugeln fliegen weit, viel weiter als unsere Sehkraft reicht, um die Gegenstände deutlich unterscheiden zu können. Die eigentliche Schlacht ist da, wo die Reihen der Kämpfenden durch die Kugeln gelichtet werden und die furchtbaren Geschosse Tod und Verderben um sich her verbreiten, oder die blanke Waffe mit blutiger Schrift gräßliche Wunden zeichnet. Diesen entsetzlichen Anblick hat nur der, welcher selbst bei dem Kampfe betheiligt ist oder dem Pflicht und Ehre dort auszuhalten gebieten. Für Jemand aber, der im Kampfe nichts zu thun hat, gibt es keine Weise, eine Schlacht ungestört mit ansehen zu können, selbst wenn man den Muth dazu hätte. Ein bloßer Zuschauer wird hier als eine sehr überflüssige Person angesehen und nicht leicht geduldet.

Ich mußte daher meine Neugierde bezähmen und mich begnügen, das mit anzusehen, was mir möglicherweise zugänglich war. Trotzdem aber sah ich des Interessanten und Merkwürdigen[60] sehr vieles. Erst drei Jahre später im russischen Kriege, an der Seite des edlen Helden, des Prinzen Eugen, in seiner unmittelbaren Nähe kam ich öfters in die Lage, mich inmitten der Schlacht zu befinden.

Das Zusammenziehen größerer Truppenmassen in der Umgegend von Abensberg ließ auf eine Fortsetzung des Kampfes am 19. schließen. In dieser Voraussetzung sattelte ich früh Morgens bei guter Zeit mein Roß und ritt hinaus, um die Bewegungen zu beobachten. Zuerst kam ich an einen mit einigen Baumgruppen und Gesträuchen bewachsenen Hügel, auf dem eine kleine Kirche oder Kapelle stand. Hier befand sich eine Batterie, welche abgeprotzt hatte. Die Artilleristen standen um ihre Kanonen herum, die Blicke in die nebelige Ferne hinausgerichtet, voll Spannung der Dinge harrend, die da kommen sollten. Unter ihnen fand ich meinen Jugendfreund, welcher zu Vohburg sein Essen mit mir getheilt, zu unserer gegenseitigen Freude wieder. Als Kinder hatten wir oft mit einander Soldaten gespielt, jetzt sollte aus dem Spiele Ernst werden. Vielleicht ist er frühzeitig ein Opfer seines Berufes geworden; ich sah und hörte von jenem Augenblicke an nie mehr etwas von ihm. Von dieser kleinen Höhe herab konnte man recht hübsch die Entwickelung der verschiedenen Truppenkörper beobachten; als ich aber große Infanteriemassen auf der Hauptstraße sich vorwärts bewegen sah, zog es mich mit fort. Ich suchte durchzukommen, so gut es ging, und kam mit voran, bis es hieß: Halt! und die Truppen Stellung nahmen.

In diesen Vorbereitungen zu einer Schlacht liegt etwas eigenthümlich Ernstes; es geht eine gewisse feierliche Stille dem Beginne des Kampfes voraus.

Es mochte gegen 9 Uhr Morgens gewesen sein, als man links in der Richtung von Dinzling und weiter westlich eine heftige Kanonade vernahm. Es waren die Franzosen unter General Montbrun und andern Befehlshabern, welche dort mit den Oesterreichern in einen sehr blutigen Kampf verwickelt waren. Bald darauf entspann sich auch das Gefecht von bayerischer Seite; eine kurze Zeit dauerte das Kleingewehrfeuer,[61] dann aber stiegen große, lichte Rauchwolken empor und der Donner der Geschütze rollte auf allen Seiten fürchterlich. Gar zu gern wäre ich vorwärts gegangen und hätte mich um einige verlaufene Kugeln auch nicht sehr gekümmert, denn an diese gewöhnte ich mich doch bald; aber ich war noch zu sehr Neuling, zu wenig orientirt und trieb mich deßhalb eben ziemlich planlos herum, um meine Neugierde zu befriedigen, so gut es ging.

Nach und nach kamen die ersten Verwundeten aus der Schlacht, die mein Mitleid in höchstem Grade erregten. Die Sache fing an mir verdammt ernst vorzukommen und noch hatte ich keine verstümmelten Todten und Sterbende gesehen.

Den ganzen Tag trieb ich mich so nach allen Richtungen herum und kam endlich an den Platz, wo der kommandirende General-Lieutenant Wrede stand. Ich freute mich, diesen Helden, welchen ich schon in den Friedensjahren 1807 und 1808 in Augsburg persönlich kennen gelernt und für den ich seines biedern und kräftigen Charakters wegen stets besondere Sympathie fühlte, nun auf dem Schlachtfelde zu sehen. Die Adjutanten flogen hin und her und es ging gewaltig lebhaft zu. Hier war ich Zeuge, wie ein Rittmeister – wenn ich nicht irre – der Bubenhoven-Chevauxlegers siegestrunken in schnellstem Laufe daher gesprengt kam, um die Meldung von einem bedeutenden Siege der bayerischen Cavallerie über ein österreichisches Löwenehr-Dragonerregiment zu überbringen. Solche Momente haben etwas Begeisterndes. Böswillige machten die Bemerkung, der Herr Rittmeister sei nicht blos siegestrunken, es müsse auch eine kleine Nachhilfe aus der Flasche stattgefunden haben. Er schrie gewaltig, als ob der gute General-Lieutenant Wrede taub gewesen wäre, sah sehr erhitzt aus und konnte gar nicht fertig werden, zu erzählen. Doch das sind Nebensachen. Ich für meinen Theil habe keine Meinung hiebei; ich freute mich, Zeuge dieser Meldung gewesen zu sein. Wrede nahm sie gut auf.

Nach langem Suchen fand ich den Platz, wo dieses Reitergefecht stattgefunden, und traf hier auf die Spuren eines blutigen[62] Kampfes. Unter vielen schwer Verwundeten gerieth ich hier an eine Gruppe, welche malerisch schön, aber gräßlich aussah. Zwei Mann und zwei Pferde lagen auf einem Knäuel beisammen; sie hatten hinter einander gestanden und waren von einer Kanonenkugel, die aus einer bayerischen Batterie in ihre Reihen einschlug, niedergeschmettert. Diese hatte dem Vordermanne die Hüfte weggerissen und dem Zweiten das linke Bein, das eine Pferd am Hals, das andere an der Brust und Schulter tödtlich verwundet. Die ganze Gruppe schwamm buchstäblich im Blute. Der Mann, welcher sein Bein verloren, hatte die Geistesgegenwart, dasselbe, weil es noch an einigen Fleischtheilen hing, mit einem Messer abzuschneiden. Es lag noch im Stiefel steckend neben ihm, als ich diese Unglücklichen in solchem Zustande antraf. Mit einer unbegreiflichen Fassung erzählte jener in Kürze den Hergang der Sache und sagte am Schlusse, er sei sein ganzes Leben ein braver Kerl gewesen, wäre sich gar nichts Bösen bewußt und nun müsse ihm ein solches Unglück widerfahren! Diese armen Menschen baten mich um einen Trunk Branntwein, den ich ihnen nicht reichen konnte, ich hatte keinen; aber ich ritt fort und war so glücklich, mir solchen zu verschaffen, so daß ich ihre Bitte zu erfüllen vermochte. Mitleidige Bauern, welche aus eigenem Antriebe hinausgefahren waren, um Verwundete wegzubringen, holten sie vom Schlachtfelde; der eine aber mit der abgeschossenen Hüfte mag wohl kaum den Abend überlebt haben.

Der Tag neigte sich zu Ende und der Sieg war auf allen Punkten entschieden. Der großen Tapferkeit der österreichischen Truppen ließ man von allen Seiten Gerechtigkeit widerfahren, aber Napoleons Feldherrntalent und Glück mußte alles unterliegen. Die Zeit war noch nicht gekommen, wo auch er die Wandelbarkeit des Glückes erfahren sollte.

Gegen Abend entlud sich ein Gewitter, so daß die Blitze der Natur mit denen der Kanonen wetteiferten und der Donner rollte oben seinen Baß zu den Lärmen unten und dem Siegesmarsche der Krieger.

Die Truppen lagerten meist auf dem Schlachtfelde und in[63] den wenigen nahe gelegenen Ortschaften. Das Hauptquartier und der Stab gingen nach Abensberg zurück, das bald überfüllt war. Mit Mühe fand ich ein Plätzchen für mich und mein Pferd und ein sehr armseliges Essen für meinen hungrigen Magen; den ganzen Tag hatte man an Essen und Trinken nicht denken können. Weder von den Leuten des Grafen Froberg, noch von diesem selbst konnte ich etwas erfahren; erst spät erhielt ich von der Umgebung Wrede's die Nachricht, daß Froberg als Courier zu Napoleon nach Ingolstadt gesandt worden sei, um ihm die Siegespost zu überbringen.

Am 20. wurde die Schlacht unter dem Befehle Napoleons in weit größerer Ausdehnung fortgesetzt. Auf das Gewitter des vorigen Tages war ein kalter, feuchter Morgen gefolgt, schwere, graue Wolken hingen tief am Horizonte herab, auf der Erde lag Nebel. Die Lagerfeuer brannten roth, der Rauch schlich am Boden hin und stieg nur mühsam in die Höhe.

Nachdem ich meinen Magen mit schlechtem Kaffee ein wenig erwärmt und die Leute Frobergs aufgesucht hatte, setzte ich mich wieder zu Pferde, ritt dem nächsten Lagerplatze, wo ich gestern die Truppen verlassen hatte, zu und suchte mir einen erhöhten Punkt, um möglichst viel übersehen zu können. Das Glück lenkte heute meine Schritte. Auf einer Anhöhe am Saume eines kleinen Waldes fand ich den General von Raglovich,3 umgeben von seinen Adjutanten und Offizieren an einem Feuer sitzen. Die ganze Gesellschaft war in Mäntel gehüllt und recht malerisch um das Feuer gruppirt; den interessanten Hintergrund bildeten die Lager rund herum.

Sogleich begann ich eine Zeichnung zu machen, war aber noch nicht zu Ende, als von der Ferne her ein lärmendes Rufen sich vernehmen ließ, das immer näher kam: »Der Kaiser!« Er, der Held des Jahrhunderts, der bewunderte und zugleich gefürchtete kleine große Mann, der siegte, wo er sich zeigte, an[64] dessen Unüberwindlichkeit jeder glaubte, erschien bald darauf, umgeben von seinen Generälen, begleitet vom bayerischen Kronprinzen, dem General-Lieutenant Wrede und einer großen Suite, auf der Anhöhe, wo ich mich befand. Welch' eine Erscheinung für mich, der zum erstenmale seiner ansichtig wurde! Ich machte mich so nahe hinzu als nur möglich. Da saß er auf seinem kleinen arabischen Schimmel in etwas nachlässiger Haltung mit dem kleinen Hute auf dem Kopfe und mit dem bekannten staubfarbenen Oberrocke bekleidet, in weißen Beinkleidern und hohen Stiefeln, so unscheinbar, daß Niemand in dieser Persönlichkeit den großen Kaiser, den Sieger von Austerlitz und Jena, vor welchem sich Monarchen demüthigen mußten, vermuthete, wenn man ihn nicht schon so vielfältig in Abbildungen gesehen hätte. Er machte auf mich mit seinem bleichen Gesichte, den kalten Zügen, dem ernsten, scharfen Blicke, einen fast unheimlichen Eindruck; der Glanz der vielen Uniformen um ihn her erhöhte den Contrast dieser unscheinbaren Erscheinung.

Napoleon befahl, daß man aus den verschiedenen bayerischen Regimentern Offiziere herausrufen sollte, ließ diese einen Kreis um sich und den Kronprinzen schließen und hielt an sie eine Ansprache, welche der Kronprinz ins Deutsche übersetzte. Unter anderm sagte er, daß er sie in einem Monate nach Wien führen, und Bayern den Schaden, welchen ihm jetzt Oesterreich zufüge, reichlich ersetzen wolle. Ein lautes Vivat erscholl, als er geendet, der Kreis löste sich und Napoleon stieg vom Pferde. Er entfernte sich, nur von Wrede begleitet, ging in eifrigem Gespräche mit diesem auf und ab, stand still, sprach wieder im Gehen, die Hände auf den Rücken gelegt und den Kopf etwas gesenkt, stand abermals still und klopfte Wrede auf die Schulter. Man konnte sichtlich bemerken, daß er mit ihm sehr zufrieden und in guter Stimmung war. Napoleon sammelte darauf seine Generäle um sich, ließ eine große Karte auf dem Boden ausbreiten, setzte sich nieder und traf seine Dispositionen. Man sagte, er habe die Punkte bezeichnet, wo er die Oesterreicher schlagen wollte. Die vielen militärischen Größen hier auf dieser[65] Anhöhe um den Mann, welcher bereits die Aufmerksamkeit der Welt auf sich gezogen hatte, versammelt und sich bewegen zu sehen, war für mich als stiller Beobachter von größtem Interesse.

Während dessen hatten die Truppen Stellung genommen. Napoleon war unerwartet erschienen und mit ihm ein starkes französisches Heer, das im Vereine mit den Bayern und Württembergern sich nach allen Richtungen ausbreitete. Es schien, als wüchsen die Leute aus der Erde heraus.

Nachdem die Dispositionen getroffen waren, flogen die Generäle und Adjutanten nach allen Richtungen auseinander. Vorher aber sah ich noch eine wunderliche Scene, wie sie zuweilen im Kriege vorkommen. Man brachte einen bayerischen Postillon, der dem Marschall Lefèbre über Verschiedenes Kundschaft geben sollte. Der arme Teufel war recht verblüfft und benahm sich außerordentlich ungeschickt. Lefèbre gerieth darüber so in Zorn, daß e vom Pferde herab mit der Faust auf ihn lospaukte und ihn zum Teufel gehen hieß. Der Postillon ließ sich das nicht zweimal sagen, sondern lief, als ob er gestohlen hätte, um seinem Peiniger aus den Augen zu kommen.

Endlich bestieg auch Napoleon sein Lieblingspferd wieder, den Ali, welchen er aus Aegypten mitgebracht; noch sehe ich ihn lebendig vor mir, wie er den Hügel hinabsprengte und um die Ecke eines Waldes verschwand. Bald darauf donnerten die Geschütze auf allen Seiten.

Entfernt von Froberg, inmitten großer französischer Truppenmassen, wobei besonders lebhafte Cavalleriebewegungen vorkamen, wurde es für mich unmöglich, einen Platz zu finden, um von dem Gange der Schlacht einen Ueberblick zu gewinnen, ohne mich der Gefahr auszusetzen, überrannt oder überritten zu werden.

Prachtvoll, wahrhaft imposant waren die großen Massen französischer Cuirassiere, welche in langen geschlossenen Reihen in vollem Trab ins Treffen rückten; der Boden zitterte unter ihren Bewegungen und die Scheiden ihrer Schwerter erzeugten dabei einen eigenthümlichen, unheimlichen Ton. Dieser Anblick machte einen gewaltigen Eindruck, man fühlte sich leicht zu dem Gedanken[66] veranlaßt, daß solche Massen alles niederwerfen müssen; und doch war ich schaudernd Zeuge, wie später auch diese Eisenmänner ganze Felder mit ihren Leichen überdeckten.

So wie gestern trieb ich mich auch heute in diesen großartigen Bewegungen ziemlich planlos herum, ich sah vieles, was mir als Neuling interessant war, aber einen Ueberblick konnte ich um so weniger erlangen, als ich mich von jener Seite immer mehr entfernte, auf der die Bayern fochten, und inmitten der Franzosen gerieth.

Indessen fehlte es mir nicht an Muth, mich immer so weit vorzuwagen, als nur möglich. Das verschaffte mir, als es schon zu dämmern begann, noch einen höchst interessanten Anblick. Ich hatte mich nämlich bis an den Platz vorgedrängt, auf dem Napoleon stand und wunderte mich selbst, daß ich dort geduldet wurde. Aber es war so lebendig in seiner Nähe, daß meine unbedeutende Persönlichkeit gar nicht bemerkt wurde.

Der Sieg des Tages war, obwohl theuer erkauft, ein vollständiger. Es wurden viele Gefangene gemacht und mehrere Tausend derselben marschirten an Napoleon vorüber, als ich eben dorthin kam. Er stand am Eingange eines Dörfchens bei einer Scheune, umgeben von einer sehr zahlreichen Suite und musterte über eine halbe Stunde jene mit Aufmerksamkeit, sprach sehr wenig und schien bisweilen in tiefes Nachdenken versunken. Vielleicht entwarf er in jenem Augenblicke schon den Vernichtungsplan für den folgenden Tag. Es vergingen auch nicht 24 Stunden, so hatte er in der That über einen Theil der österreichischen Armee bei Landshut schon Verderben gebracht! Nicht mit der Miene des triumphirenden Siegers saß er auf seinem kleinen Schimmel, ein tiefer Ernst schwebte um seine Stirne; wer ihn sah, war wohl versucht zu glauben, er gehe in diesem Augenblicke noch mit viel Größerem um, als mit dem Siege dieses Tages.

Die Dunkelheit war hereingebrochen, als Napoleon wegritt, und der Zug der österreichischen Gefangenen hatte noch nicht geendet. Das Entwirren dieses Knäuels von Offizieren, Equipagen, Handpferden, welcher sich hier anhäufte, glich einem[67] Ameisengewimmel, das mit einem Male aufgestört und lebendig wird. Die Dragoner der stolzen Kaisergarde, welche Napoleon als Schutzwache begleiteten, und im Gegensatze zu ihnen die armen, gedemüthigten österreichischen Gefangenen, die Todten und Verwundeten, auf die man überall stieß, die am Boden zerstreuten Waffen, Armaturstücke und Kanonenkugeln, die einbrechende Nacht, der mit schwarzgrauen Wolken überzogene Himmel, an dem man nur tief am Horizonte hin einen blutrothen Streifen sah, welchen die lange schon untergegangene Sonne zurückgelassen: das alles machte als Schlußact dieses Tages auf mich einen großartigen, tragischen Eindruck. Daß ich aber durch besonders günstigen Zufall Napoleon am Morgen vor der Schlacht und Abends als Sieger so in der Nähe beobachten konnte, läßt mich den 20. April niemals vergessen.

Unter diesem Gewirre war ich so glücklich, Froberg aufzufinden. Er schickte mich noch in der Nacht nach Abensberg, um seine Equipage und Pferde aufzusuchen, die ich auch brachte. In dieser Nacht machte ich mein erstes Bivouak. Ich war durstig und hungrig, kaufte mir von einem Marketender eine Halbe entsetzlich schlechten Wein und eine Semmel und ward bald von einem betäubenden Schlaf überfallen, legte mich an einem Feuer auf ein Brett, deckte mich mit dem Mantel zu und schlief so fest, daß ich es gar nicht gewahr wurde, als das Brett, meine Stiefelsohlen und der Mantel zu brennen anfingen. Die Soldaten rüttelten mich, bis ich erwachte. Betäubt, wie ich war, lief ich schnurgerade einem schmutzigen Wassergraben zu, in welchen ich hineingesprungen wäre, wenn mich nicht ein Soldat am Aermel gepackt und davon abgehalten hätte. Erst nach und nach kam ich zur Besinnung und legte mich wieder nieder, diesmal aber mit mehr Vorsicht und gedachte mit Sehnsucht der Streu in der dumpfigen Stube zu Vohburg. Solange man ein Obdach findet, unter dem man die Nacht zubringen kann, ist es, sei es auch noch so schlecht, erträglich, aber das Schlafen unter freiem Himmel, besonders bei schlechtem Wetter, will gewöhnt sein. Mich kam es damals sehr hart an.[68]

Am 21. früh ritt ich mit dem Grafen über Rottenburg nach Landshut. Wir kamen Abends dort an, und hier stellte sich mir eine neue entsetzliche Scene dar. Schon stundenweit vor Landshut fanden wir die Spuren eines in Flucht ausgearteten Rückzuges. Die österreichische Armee führte damals noch eine große Masse von Fuhrwerken, Equipagen und Gepäcke mit sich, die bei raschen Bewegungen sehr hinderlich waren. Daher kam es, daß alle Straßengräben mit umgestürzten Wagen, Munitionskarren, todten Pferden und Menschen, Tornistern, Kopfbedeckungen und Armaturstücken jeglicher Art angefüllt lagen. Unzählige schwere Pontonswagen, der ganze österreichische Brückentrain, der in dem Gedränge nicht durchkonnte, mußte zurückgelassen werden, selbst die Kriegskasse fiel in die Hände der Franzosen. Einen wunderlichen Anblick gewährte unter anderen ein umgestürzter Wagen, in welchem Musikalien und Instrumente sich befanden. Alles das lag zerstreut auf der Straße und man mußte mit den Pferden darüber hinweg.

Napoleon hatte sich nach dem Siege vom 20. bei Abensberg rasch, gegen Landshut gewendet, die dort befindliche österreichische Armee unerwartet überfallen und durch seine Schnelligkeit und Uebermacht erdrückt, und da bei Landshut nur eine einzige Brücke über die Isar führte, so war die so eben berührte Zerrüttung eine nothwendige Folge. Die Bayern fochten hier wie die Löwen und mit der größten Erbitterung. Ein würdiger General, Freiherr von Zandt, und viele brave Offiziere fanden bei Landshut den Tod. Zeitlich vor der Stadt angelangt vergingen noch drei Stunden, bis wir durch das Gedränge erst um 11 Uhr Nachts in das Innere der Stadt gelangten.

So merkwürdig mir dieser Marsch und alles war, was ich an diesem Tage gesehen habe, so leid that es mir, zu spät angekommen zu sein, um von der Schlacht selbst noch etwas zu sehen. Diese war schon zu Ende und Napoleon selbst in Landshut eingezogen. Ebenso rasch und unerwartet, als der Kaiser bei Landshut erschienen, kehrte er sich nun zurück gegen Eckmühl und Regensburg und lieferte am 22. die bekannte [69] Schlacht bei Eckmühl, in der er abermals einen erfolgreichen Sieg erfocht. Die Bayern hatten auch in dieser Schlacht großen Antheil und beklagten den Verlust vieler braven Krieger.

Am 23. früh rückte alles gegen Regensburg vor. Noch in der Nacht machten wir einen Theil des Weges und campirten vor einem Dorfe, dessen Namen ich nicht aufzeichnete. Während dieses Nachtmarsches vernahmen wir von einer nahen Anhöhe herab wahrhaft jammervolle Rufe von Verwundeten, welche hilflos auf dem Schlachtfelde liegen geblieben waren, was mir schauerliche Eindrücke erregte.

Die aufgehende Sonne verkündete einen schönen Tag, aber für Regensburg sollte es ein Tag des Schreckens und Entsetzens werden. Da auf der Hauptstraße der Truppenzug von Cavallerie und Artillerie sehr groß war, marschirten wir abseits quer über ein, außer mit vielen tausend Todten auf mehr als eine Stunde weit mit Waffen und Armaturstücken übersäetes Feld. Gegen 8 Uhr kamen wir auf einer Anhöhe vor Regensburg an, und erblickten das Opfer dieses Tages, die würdige alte Stadt im Glanze der Morgensonne.

Gegen 9 Uhr begann die Schlacht. Hier war es mir vergönnt, einen schönen Ueberblick über alles, was hier vorging, zu bekommen; denn von jener Anhöhe konnte man mit so scharfen Augen wie die meinigen fast jeden einzelnen Mann unterscheiden. Besonders imposant waren die ungeheuern Massen schwerer Cavallerie, namentlich der majestätischen Grenadiere à cheval anzusehen. Diese zogen in einem großen, doppelten Vierecke von immenser Ausdehnung in schräger Richtung über die Ebene; mir fielen dabei die Worte Schillers ein:


Schwer und dumpfig,

Eine Wetterwolke,

Durch die grüne Eb'ne schwankt der Marsch,

Zum wilden eisernen Würfelspiel

Streckt sich unabsehlich das Gefilde.


Das Geplänkel um die Stadt herum dauerte fort und fort. Inzwischen wurden verschiedene Batterien nahe vor die Stadt postirt, welche ihre furchtbaren Geschosse in dieselbe schleuderten.[70]

Bald zeigten hohe Rauchsäulen und auflodernde Flammen die Wirkungen. Es brannte beinahe gleichzeitig in zwei verschiedenen Richtungen und bei der herrschenden Windstille stieg der Rauch in röthlich-grauen Säulen himmelhoch, schauerlich-majestätisch empor. Da ich das alles gleichsam zu meinen Füßen vor sich gehen sah und ein Plätzchen fand, wo ich ungestört zeichnen konnte, packte ich sogar meine Farben aus und entwarf an Ort und Stelle ein Aquarell von dem brennenden Regensburg. Gegen Abend hatte man eine Bresche in die Stadtmauern geschossen. Und mit wahrer Todesverachtung begannen die Franzosen den Sturm und waren auch bald in die Stadt eingedrungen. Der Kampf dauerte nun in den Straßen fort, bis die Oesterreicher Schritt für Schritt zurück über die Brücke auf das jenseitige Ufer der Donau geworfen waren. Bei diesem Gefechte wurde die ganze Vorstadt Stadt am Hof ein Raub der Flammen. – Napoleon, welcher den ganzen Tag hindurch anwesend war und allenthalben gesehen wurde, stand gegen Abend nicht ferne von mir auf der Anhöhe mit einer ungeheuren Suite von mehr als hundert Köpfen; fast alle Generäle mit ihren Adjutanten hatten sich in einer Entfernung von etwa 40–50 Schritten hinter ihm versammelt. Das Ganze war prachtvoll von der Abendsonne beleuchtet. Unverwandt blickte er nach der Stadt in das mittlerweile bedeutend gewachsene Feuer. Er schien mir unheimlich, ich dachte an Nero. Plötzlich kam Froberg, welcher sich unter der Suite des Kaisers befand und mich bemerkt hatte, zu mir hergeritten und redete mich mit den Worten an: »Adam, haben Sie den Muth, mit mir in die Stadt hinein zu reiten?« – »Ja wohl,« sagte ich, »ich möchte gerne sehen, wie es da drinnen aussieht.« – »Auf keinen Fall erbaulich,« sagte Froberg. Wir wendeten unsere Pferde, und so ritten wir in vollem Trabe der Stadt zu und kamen um halb acht Uhr hinein. Welch' eine Verwüstung: überall zertrümmerte Fenster, halbeingestürzte Häuser, rauchende Trümmer und brennende Balken, zwischendurch Todte! Man war versucht zu fragen, wer mehr Muth gehabt habe, Mensch oder Pferd, um sich durch ein solches Labyrinth der[71] Verwüstung hindurch zu arbeiten. Nur mit großer Mühe gelangten wir an das Haus des bayerischen Gesandten, des Grafen Rechberg, wo wir mit offenen Armen empfangen wurden. Wir kamen zu guter Stunde dort an. Die Franzosen, noch von dem wilden Kampfe erhitzt, fingen an zu plündern und begingen die gröbsten Excesse, so daß es des ganzen Ansehens und der Energie Frobergs bedurfte, um das Haus zu schützen. Uebrigens war der Kampf noch nicht ganz beendigt, als wir in die Stadt kamen; man hörte noch immer das Kleingewehrfeuer in den Straßen und der Brand nahm auf eine bedrohliche Weise zu.

Nirgends wohl lernt man so gut einsehen, als im Kriege, wie wenig der Mensch zu seiner Erhaltung bedarf. Es gränzt an das Unglaubliche, wie kümmerlich ich in den drei letzten Tagen gelebt. Die österreichische Armee, welche vor uns herzog, hatte alles ausgezehrt; man konnte sich nicht für Geld die nöthigsten Bedürfnisse verschaffen, und so kam ich ganz ausgehungert, aber doch guten Muthes nach Regensburg. Mit welchem Gefühle man sich aber dann an einen guten Tisch setzt, das läßt sich nicht beschreiben, das muß man erfahren haben. Zum erstenmale seit zehn Tagen schlief ich wieder in einem guten Bette, und zwar in einem Zimmer mit Froberg. In der Nacht rief er: »Adam, stehen Sie auf und sehen Sie nach dem Feuer!« Ganz schlaftrunken ging ich in das von dem furchtbaren Brande tageshell beleuchtete nächste Zimmer, kehrte aber, meinem Bette zueilend, sogleich wieder zurück und sagte ganz lakonisch: »Das Feuer ist noch nicht da!« Mit einem gewaltigen Sprunge war der große Froberg aus dem Bette und rief mit Donnerstimme: »Zum Teufel, das nenne ich einen Schlaf! Wollen Sie denn hier verbrennen? Wenn das Feuer einmal da ist, ist es zu spät.« Jedoch griff dasselbe in der schönen, alten Stadt nicht weiter um sich. Dagegen tobte es fürchterlich in Stadt am Hof, das ganz niederbrannte. Morgens ging ich zeitlich in die Straßen, die schöne Stadt Regensburg gewährte einen höchst traurigen Anblick. Auf der Donaubrücke räumte man die Leichen weg und warf viele derselben[72] in die Donau hinab. In den Straßen und um die Mauern lagen ebenfalls noch viele Todte und Pferde. Am gräßlichsten aber sah es auf dem Friedhofe aus: hier war das Blut an den Wänden der Kapelle hoch hinauf gespritzt. Schwarzer Rauch entstieg noch immer den eingeäscherten Gebäuden und verdüsterte die Luft. Kurz, wohin das Auge sich wandte, überall Tod und Verwüstung. Ich zeichnete vieles und vergaß darüber den ganzen Tag Essen und Trinken. Es schien mir aber, daß ich jetzt den Krieg mit seinen Gräueln und Schrecken nahe genug gesehen.

Am Morgen des 25. April gingen wir wieder nach Landshut, wo wir Abends 5 Uhr ankamen. Es war ein heißer Tag. Ich ritt ein erbeutetes Pferd, das Froberg angekauft hatte, ein starkes aber rohes Thier, welches die Faust und die Schenkel eines Uhlanen gewöhnt war und mich auf dem langen Ritte sehr abmattete, aber mein Ehrgeiz als Reiter ließ nicht zu, dasselbe mit einem bequemern zu vertauschen. Abends sank ich bei Tische, wahrscheinlich von der Ueberanstrengung und der Unordnung im Essen und Trinken angegriffen, plötzlich in eine ziemlich lange dauernde Ohnmacht, erholte mich aber doch wieder.

Den folgenden Tag begaben wir uns nach Neumarkt, wo ich im Wagen des Grafen übernachten mußte. Am Morgen des 28. fühlte ich mich sehr unwohl, hatte starkes Fieber, so daß der Graf, in Furcht, ich möchte ernstlich krank werden, mich nach Landshut zurückschickte mit der Weisung, so lange dort zu verweilen, bis ich mich vollkommen wohl fühle. Schwer fiel es mir, mich von ihm zu trennen, aber ich mußte Folge leisten, um nicht seinen Unwillen zu erregen.

Seit dem 23. April, dem Tage der Schlacht von Regensburg, hatten wir herrliches Frühlingswetter und es fing an, sehr heiß zu werden. Diese Temperatur, das gewaltig unruhige Leben während der letzten Wochen, die angestrengten Ritte und alle Erlebnisse dieses kurzen Zeitraums schienen meine sonst so kräftigen Nerven erschüttert zu haben. Was ich bei Tage erlebt und gesehen, erschien mir des Nachts in furchtbaren[73] Träumen; ich lebte wachend und schlafend in aufreibender Erregung. Hatte ich ja das alles nicht mitgemacht wie der Soldat, welcher in seinem Berufe lebt und wirkt. Der nächste Augenblick, seine Dienstpflicht, die Anstrengungen des Tages und die Zurüstungen für den folgenden lassen ihm wenig Zeit zu tieferem Nachdenken. Bei ihm verdrängt rasch ein Eindruck den andern und höchstens geht ihm der Verlust eines Kameraden nahe. Ich aber folgte diesem Treiben als Künstler, als stiller Beobachter, wollte das, was ich sah und erlebte, festhalten, um es wiedergeben zu können, und dachte deshalb über alles nach, was unter meinen Augen vorging. Darum wirkten auch die Eindrücke der verflossenen Schauderscenen so tief und mächtig auf meine leicht erregbare Seele und griffen meinen Körper so bedrohend an.

Auf Befehl meines Beschützers mußte ich also in Landshut ausruhen, obwohl es mir schwer ankam, dort zurückzubleiben. Schon nach 5 Tagen fühlte ich mich, gestärkt durch die Ruhe, meine einzige Medizin, wieder vollkommen hergestellt. Bei Beginn meines Unwohlseins hatte mich der Gedanke ergriffen, umzukehren; aber sobald ich wieder gekräftigt war, trieb es mich mächtig vorwärts. Der Zufall kam mir auch bald zu Hilfe, um mich aus meiner Unthätigkeit zu reißen. Graf Froberg, welcher von Napoleon häufig zu wichtigen Sendungen verwendet wurde, kam von München zurück nach Landshut, ließ mich in der Nacht noch dort aufsuchen und nahm mich in seinem Wagen mit.

Am 3. Mai reisten wir über Neumarkt, Neuötting an Braunau vorüber und kamen am Morgen des 4. in Schärding an, welche Stadt wir fast fast ganz eingeäschert fanden. Traurig blickten uns die öden, menschenleeren Mauern im Morgenlichte entgegen; auch die Brücke über den Inn, welcher dort sehr breit ist und eine starke Strömung hat, war schadhaft und gefährlich mit einem Wagen zu passiren. In Neuötting hatte ich noch einen recht schmerzlich ergreifenden Anblick. Froberg besuchte hier seinen Freund, den Obersten Taxis, welcher tödtlich verwundet zurückgeblieben und schon dem Tode nahe war.[74] Beim Eintritt in das mit Gardinen verdunkelte Zimmer fanden wir ihn auf seinem Bette mit feinen Linnen überdeckt liegen; die bleichen, leidenden Züge verkündeten das Nahen des Todes. Doch war er gefaßt und zeigte sich über den Besuch Frobergs erfreut. Seine junge, schöne Gemahlin stand, ihn sorgsam pflegend, in Thränen neben seinem Bette. Froberg wünschte eine Zeichnung seines Freundes, was mich in große Verlegenheit setzte. Da aber auch der Verwundete damit einverstanden war, machte ich mich nicht ohne Befangenheit an die Arbeit und zeichnete die ganze Gruppe.

Nachdem wir in Schärding gefrühstückt und Erkundigungen über die dort vorgefallenen Ereignisse eingezogen, setzten wir die Reise über Siegharting und Efferding nach Linz fort. In dieser heiteren, in einer freundlichen Gegend gelegenen Stadt übernachteten wir und verließen sie schon am folgenden Morgen wieder. Bisher war gar nichts Erwähnenswerthes vorgefallen, jetzt sollte uns schon nach anderthalb Stunden ein schauerlicher Anblick zu Theil werden.

Auf dem halben Wege zwischen Linz und Ebelsberg erhielten wir durch einen uns begegnenden Courier Nachricht von einem blutigen Treffen, welches Tags zuvor in letzterem Orte stattgefunden. Bald erblickten wir auch die traurigen Merkmale des Kampfes. Todte und schwer verwundete Menschen, welche sich mühselig einherschleppten, bezeichneten den Weg nach dem mehr als halb zerstörten Orte, der sich an den Ufern der Traun auf einer sanft ansteigenden Höhe erhebt. Eine lange, halbzerstörte, hölzerne Brücke fast ohne Geländer, an der die Wirkungen des Geschützes recht sichtbar hervortraten, führte durch ein enges, jetzt nicht mehr bestehendes Thor in die Stadt. Im Flusse lagen viele von der Brücke hinabgefallene oder hinabgeworfene Leichen. Ueberall sah man die Spuren des kurzen, aber mörderischen Kampfes, welcher hier auf einem kleinen Raume zusammengedrängt war. Ich fand so viel Zeit, von der Brücke und dem Orte mit mehreren traurigen Episoden dieser Umgebung eine Zeichnung zu machen, bevor wir die Stätte des Schreckens in der Stadt selbst betraten. Kaum in[75] diese eingetreten, kam uns ein ekelerregender, höchst widerlicher Geruch entgegen und bald stießen wir auf die Trümmer und rauchenden Balken der eingeäscherten Gebäude und mitten unter diesen auf die Leichen verbrannter Menschen. Diese häuften sich, je weiter wir vorwärts kamen, bis sie endlich in einer engen Straße so dicht lagen, daß wir mit den Pferden darüber wegschreiten mußten. Man sah verbrannte Körper gänzlich verkohlt und langsam gebraten, ein schaudererregender Anblick, gegen den sich die Natur sträubte. Selbst die Pferde gingen schnaubend und mit Widerwillen durch diese Straße des Schreckens. Das Schauerliche vermehrte noch der lichte, abwechselnd mit schwarzen Wolken durch die Straßen ziehende Rauch. Wer eine Schnapsflasche hatte, hielt sie unter die Nase und nahm einen Schluck Branntwein, um den ekelerregenden Geruch zu überwinden.

Die österreichische Landwehr hatte diesen Ort mit einer fast beispiellosen Hartnäckigkeit vertheidigt. Die Franzosen stürmten, und als die Oesterreicher nach heftiger Gegenwehr die Unmöglichkeit sahen, sich länger in Ebelsberg zu halten, zündeten sie die Stadt an und man sagte, sie hätten auch die Ausgänge verrammelt. Die auf der Brücke und durch das Thor vordringenden Franzosen hinderten den Rückzug der in der Stadt befindlichen Soldaten, von denen die meisten ein Opfer der Flammen wurden. Gegen 400 Mann sollen diesem schrecklichen Tode verfallen sein.

Nachdem wir langsam, aber glücklich durch den Ort hindurch gekommen waren und mit vollen Zügen nach frischer Luft schnappten, fanden wir eine kleine Viertelstunde außerhalb Ebelsberg den Kommandirenden von dieser Affaire, den General Coëhorn, in einer armseligen Hütte, in welcher er sein Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Er war aus dem Elsaß gebürtig und ein Jugendfreund Frobergs. Seine Erscheinung machte mir einen ungemein günstigen Eindruck; ein Mann von kräftigem Körperbau und schöner Gestalt, mit festem Gesichtsausdrucke, kräftiger und biederer Sprache, sehr schönem Barte und schwarzem, lockigem Haare, kaum 50 Jahre alt. Eine[76] große Narbe über Stirn und Wange vollendete sein martialisches Aussehen. Ich machte die Bemerkung, ich würde, wenn ich ihn in der Kutte eines Mönchs gesehen hätte, doch den Helden herausgefunden haben, was er nicht übel aufzunehmen schien. Nach einem unter traulichen Gesprächen der beiden Jugendfreunde eingenommenen kleinen Gabelfrühstück setzten wir unsern Weg weiter fort. Coëhorn empfahl bei unserm Abschiede dem Grafen, mich gleich zu ihm zu bringen, sobald er nach Wien käme. Daß Napoleon sein bei Abensberg ausgesprochenes Wort halten und die Armee noch im Mai nach Wien führen werde, daran zweifelte nämlich Niemand. In der That marschirte man von hier, ohne daß irgend ein besonderes Hinderniß auf dem Wege eintrat, schnurgerade auf Oesterreichs Hauptstadt los.

Unser Weg führte nach Enns, wo sich Napoleons Hauptquartier befand. Noch bevor wir diesen Ort erreichten, sollte mir ein imposanter Anblick zu Theil werden, welcher einen seltsamen Contrast bildete zu der Stätte des Jammers und Elends, die uns am Morgen mit Schauder erfüllt hatte. Wir bemerkten schon in namhafter Entfernung einen großen Troß Reiter auf der Landstraße. Näher kommend, erkannte Froberg den Kaiser mit seinem Gefolge, stieg aus dem Wagen und erwartete Napoleon zu Fuß, wohl wissend, daß er hier ausgefragt werde, da er aus Bayern kam.

Napoleon schien nach der Tafel einen Spazierritt zu machen, weil alles in glänzender Uniform sich befand, was im Felddienste nicht üblich war. Der Zug sah dem eines Triumphators ähnlich; es waren mehr als hundert Reiter, Marschälle, Generäle, Adjutanten und Offiziere aller Grade, in eine leichte Staubwolke gehüllt. Von der glühenden Abendsonne beleuchtet, schimmerte der Glanz der Uniformen, das Bunte der Farben, das viele Gold, womit selbst die Equipirung der Pferde reich geschmückt war, auf eine prachtvolle Weise. »Ach könnte man so ein Bild festhalten,« sagte ich zu mir selbst.

Ich sah den großen Kaiser später noch oft und in sehr verschiedenen Situationen, nie mehr aber von solchem Glanze umgeben. Seine Erscheinung machte damals einen so[77] tiefen Eindruck auf mich, daß mir zur Stunde noch ein lebendiges Bild desselben vor Augen tritt.

Froberg hatte richtig geurtheilt. Sobald Napoleon ihn gewahrte, hielt er stille und mit ihm natürlicherweise der ganze Troß. Er sprach lange mit ihm, grüßte dann freundlich und hieß ihn in Enns verweilen, um seine weiteren Befehle abzuwarten.

Durch Zerstörung der Brücke über die Enns war die französische Armee in ihrem Vordringen um anderthalb Tage aufgehalten, und so sah ich in Enns wieder das Toben eines Napoleonischen Hauptquartiers. Wie in stürmischer See sich Welle auf Welle häuft, so mehrte sich die Wucht der Soldaten. In der Regel waren fast alle Garden um den Kaiser versammelt, und diese bildeten allein schon eine kleine Armee. Die ungeheuere Anzahl von Offizieren und Generälen, von welch letzteren jeder wieder seinen eigenen Troß von Pferden, Equipagen, Dienerschaft und Ordonnanzen hatte, welche alle untergebracht sein wollten, verursachte bei der französischen Regsamkeit ein Lärmen und Toben, an das man sich nur schwer gewöhnte. Mir war es unter diesem Gedränge immer sehr unbehaglich. In dem Hofraume des Hauses, in welchem die Equipagen Frobergs standen, ging es besonders toll her, weil es ein Gasthaus war. Hier hatte ich ein kleines Abenteuer.

Ein Grenadier kam mit den Leuten Frobergs in so heftigen Streit, daß sie handgemein wurden. Der Kammerdiener des Grafen, ein Pole, welcher der französischen Sprache mächtig war und wie die meisten seiner Landsleute immer Muth zeigte, wo es galt, mischte sich darein; der Grenadier aber, schon längst von Zorn entbrannt, vielleicht auch vom Weine erhitzt, packte ihn bei der Brust und riß ihm ein Stück seiner Kleidung vom Leibe. In diesem Augenblicke trat Froberg ein und sah das Handgemenge; er kam von der Tafel des Kaisers und war in großer Uniform. Langsam, ohne ein Wort zu sprechen, näherte er sich dem Grenadier und machte mit der Hand eine Bewegung, um ihm den Säbel aus der Scheide zu reißen, aber mit Blitzesschnelle sprang der Grenadier rückwärts, zog den[78] Säbel und griff den Grafen an. Ich stand dicht dabei, und ebenso schnell wie der Grenadier war auch ich mit dem Säbel heraus und parirte einige so kräftige Hiebe, daß meine Klinge tiefe Scharten bekam. Indessen eilten mehr Leute herbei, und der Grenadier, welcher wohl wußte, um was es sich jetzt handle, ergriff die Flucht. Eine ganze Schaar, darunter auch meine Wenigkeit, verfolgte ihn unter fortwährendem Rufen: arrêtez! arrêtez! aber Niemand wollte sich dem rasenden Kerl mit dem Säbel in der Hand in den Weg stellen, auch lief er so schnell den Berg hinab, daß er nicht einzuholen war, und verlor sich an den Ufern der Enns, wo sein Regiment stand, unter seinen Kameraden. Hier war er geborgen und sicher, nicht verrathen zu werden.

Ich erzähle dieses kleine Abenteuer, weil es vielleicht auch nicht ganz ohne Einfluß auf meine künftige Laufbahn blieb.

Am Abend des 6. Mai, nach Vollendung der Schiffbrücke über die Enns, begann der Uebergang. Von Landshut bis Enns reiste ich mit Froberg im Wagen, von da an wurde der Weg bis Wien zu Pferd fortgesetzt. Die Straßen waren mit Truppen überfüllt: Fußvolk, ungeheure Massen Reiterei, Artillerie und was dazu gehört, alles drängte nun in Eilmärschen mit Ungestüm auf Wien los. So eine Stadt wie Wien ist ein Magnet, der gewaltig zieht. Unter solchem Treiben muß man auf jede Bequemlichkeit verzichten. Man schätzte sich glücklich, zu Pferde durch das Gedränge zu kommen. Equipagen und alles unnöthige Gepäck mußte zurückbleiben und abwarten, bis der größte Andrang der Truppenmärsche vorüber war.

Um 11 Uhr Nachts brach die Mannschaft auf und marschirte bei entsetzlich schlechtem Wetter die ganze Nacht hindurch. Am folgenden Mittag kamen wir vom Regen durchnäßt und von Kälte ganz erstarrt in Amstetten an. Nach ein paar Stunden Ruhe und einem mageren Mittagsmahle wurde der Marsch fortgesetzt, und Abends 7 Uhr erreichten wir die schöne Gegend von Kloster Mölk.

Diese reiche Abtei liegt auf einem lieblichen Hügel, an dessem Fuße sich die Donau hinzieht. Stolz ragen die Mauern[79] des prächtigen Baues in die fruchtbare Gegend hinaus und alles deutet hier auf großen Wohlstand. Diesen machten sich die Franzosen trefflich zu Nutzen, besonders konnten die Klosterkeller davon erzählen: die Soldaten badeten sich förmlich in Wein.

Hier stellte sich ein komisches Bild meinen Augen dar. Bei dem Trosse des Grafen Froberg befand sich auch ein Chevauxleger als Ordonnanz, ein Landsmann von mir, ein unternehmender, sehr brauchbarer Bursche. Er hatte ein ganz vortreffliches Pferd, welches er liebte wie sein zweites Ich. Er war sehr zu Excessen geneigt; ein solcher durfte natürlich bei dem Kellerfeste nicht fehlen. Ich hatte mich auf dem Hügel vor dem Kloster niedergesetzt und blickte sinnend in die reizende Gegend. Auf den Regen des vorigen Tages war ein schöner Frühlingsmorgen gefolgt, die vielen Obstbäume, welche Mölk zieren, standen in voller Blüthe, die grünen Saaten und Felder, durch die sich der stolze Strom schlängelte, zogen meine Blicke und Gedanken von dem wilden Treiben im Kloster ab. Ich konnte mich gar nicht entschließen, dasselbe zu betreten, hatte ich doch nie Wohlgefallen empfunden an dem rohen Leben der Soldateska.

Mein Landsmann hatte mir sein Pferd anvertraut und sich in den Keller begeben. Nach einiger Zeit kam er jubelnd mit einem Schaff Wein, setzte es auf den Boden mit den Worten: »Da, Schimmel, sollst heute auch einen guten Tag haben.« Er selbst legte sich daneben und Roß und Reiter thaten sich gütlich; der Schimmel trank zu meinem Erstaunen mit vollen Zügen. Endlich erinnerte jener sich, daß hier seines Bleibens nicht sei; etwas mühsamer als sonst kletterte der Reiter diesmal auf sein Pferd, und nun ging die höchst komische Reise den Berg hinab: Roß und Reiter waren berauscht. Letzterer saß jubelnd noch mit der Flasche in der Hand auf seinem Pferd und sang in nicht sehr melodischen Tönen lustige Soldatenlieder; der Schimmel aber senkte den Kopf, ließ die Ohren hängen und taumelte ganz wie ein betrunkener Mensch. Doch gelangten beide glücklich bis an den Stall, der am Fuße des Hügels lag. Die Thüre desselben stand offen, war aber[80] etwas niedrig. Der Reiter vergaß, sich zu bücken, streifte den Helm ab, verlor das Gleichgewicht und folgte seinem Helm nach. Das Pferd aber streckte den Kopf unter den Barren und stand sehr lange unbeweglich. Ich ließ ihm Wasser reichen und nach einigen Stunden begann es wieder zu fressen.

In Mölk mußten wir bivouakiren, da der Ort mit Truppen überfüllt war. Unser Jäger hatte für Braten gesorgt: er hatte in der Frühe einen verlaufenen Hasen erlegt und schoß alle Tauben, die sich blicken ließen, von den Dächern herunter. Der Kammerdiener des Grafen hatte diese Beute vortrefflich zubereitet, an gutem Wein fehlte es nicht, und so hielten wir ein ganz vortreffliches Mahl.

Gegen Mittag begann der Weitermarsch; wir kamen Abends nach Sanct Pölten und wurden in einem Bürgershause bei gutem Quartier sehr gastfreundlich bewirthet.

Der Durchmarsch der Truppen durch diese Stadt dauerte mehrere Tage ununterbrochen. Die Einwohner machten dazu sehr bedenkliche Mienen. Besonders die Cuirassiere, welche allein einen ganzen Tag in majestätischer Haltung durch die Stadt zogen, nicht minder die riesenhaften Grenadiere à cheval und die übrigen Garden imponirten dem Volke. Einer fragte den andern, wo in aller Welt so viele Leute herkämen, und da die Straße durch den Ort etwas eng war, dauerten die Durchzüge um so länger und vergrößerten wenigstens dem Anscheine nach die Anzahl der Truppen. Jede Hoffnung auf eine günstige Wendung des Krieges für Oesterreich schien aus dem Herzen des Volkes zu schwinden.

Wir verweilten eine Nacht und einen Tag in St. Pölten. Abends 10 Uhr erging der Befehl, uns marschfertig zu halten, allein es war noch keine Möglichkeit, durchzukommen; erst am folgenden Morgen den 9. Mai konnten wir weiter.

Bei herrlichem Frühlingswetter, welches sich gegen Mittag zu bedeutender Hitze steigerte, durchzogen wir, in eine immerwährende Staubwolke gehüllt, die freundlichen Gegenden zwischen St. Pölten und Wien. Der Marsch strengte an, zumal es unterwegs wenig zu essen gab, da unsere zahlreichen Vorgänger[81] schon fast alles aufgezehrt hatten. Um halb 9 Uhr Abends kamen wir vor Schönbrunn an, wo Napoleons Hauptquartier sich befand.

Graf Froberg nahm sofort im Schlosse Quartier; ich aber war von dem langen Marsche so erschöpft, daß ich mich mitten unter den Pferden auf die Erde niederlegte und einschlief.

Gegen 11 Uhr Nachts wurde ich in das Schloß gerufen: Froberg, väterlich, wie er sich stets mir erwiesen, nahm mich zu sich und besorgte mir ein ordentliches Lager. Am folgenden Morgen sagte er: »Aber das war eine Kanonade diese Nacht!« – »Welche Kanonade?« fragte ich ganz naiv. »Nun, Gott segne einen solchen Schlaf,« rief er lachend aus, »das ist die Fortsetzung des Regensburger Schlafes! Wien ist diese Nacht bombardiert worden, alle Fenster und der Boden haben hier gezittert, auch hat es gebrannt und brennt noch!«

Wien, die schöne Kaiserstadt! da lag sie in ihrer ganzen großen Ausdehnung vor meinen Augen. Zu welchen Gedanken fühlte ich mich hingezogen! Es mischte sich eine Art Wehmuth in die Freude, es ahnte mir, daß ein Wendepunkt meines Lebens eintrete. Und das war auch der Fall.

Hätte ich im Buch der Zukunft lesen können, so wäre ich wohl zufrieden mit dem, was ich gesehen, erlebt und in mich aufgenommen hatte, nach München zurückgekehrt, um mich, meinem inneren Drange zu genügen, einem ernstern und tiefern Studium der Kunst hinzugeben; und es unterliegt keinem Zweifel, daß ich auf diesem Wege ein größerer Künstler geworden wäre. Aber mein Glück war mir vorausgeeilt, zu frühe wurde ich in das große Leben hineingeworfen. Ich war für dieses nicht reif und vorbereitet und verlor dadurch zu viele Zeit für das Studium ernsterer und höherer Zwecke. Ich konnte den Zwiespalt in meiner Brust nicht los werden, welcher mich in die Ferne trieb und auf der andern Seite wieder zu einem stillen, ernsten Kunsttreiben zurückzog.

Ein paar Tage verweilten wir in Schönbrunn, wo ich interessante Studien von der kaiserlichen Garde machte. Erst am 13. ritt ich mit Froberg nach Wien, wo er mich seinem[82] Worte gemäß gleich zu General Coëhorn führte. Dieser beauftragte mich, sein Portrait zu Pferd in Oel auszuführen, eine Arbeit, die ich sogleich, nachdem ich das nöthige Material zusammengebracht, begann. In der Zwischenzeit hatte sich auch mein edler Beschützer in Wien eingerichtet und mein Atelier, in welchem sich bald eine große Thätigkeit entwickeln sollte, war etablirt.

Schon bei der ersten Sitzung wurde das Portrait sprechend ähnlich, und noch war es nicht vollendet, so kam schon ein zweiter, dritter Auftrag, und in kurzer Zeit war ich so mit Aufträgen überhäuft, daß meine Kräfte für sie nicht hinreichten, obwohl ich mit großer Leichtigkeit und anhaltendem Fleiße arbeitete.

Die Franzosen fanden nämlich ungemein großen Geschmack an meinen Reiterportraits, welche ich stets mit kleinen Episoden aus dem Feldzug auszuschmücken wußte. Gerade die Einfachheit und Wahrheit in der Darstellung gefiel ihnen. Einige gingen sogar so weit, mir zu sagen: Wenn ich nach Paris komme, solle ich mir Charles Vernet4 nicht zum Muster nehmen, ich sei auf besseren Wegen. Horace Vernet5 kannte man damals noch nicht.

Am 21. Mai, am Pfingstsonntage, hörte man in Wien eine heftige Kanonade: es hatte die für Napoleon unglückliche Schlacht bei Aspern begonnen. Da ich fleißig arbeitete, Froberg bei Napoleon in Schönbrunn sich befand und mit der Suite desselben gleich auf das Schlachtfeld begab und in Wien nichts von den Vorbereitungen zur Schlacht verlautet hatte, so bekam auch ich keine Kunde davon.

Das Pfingstfest und das herrliche Wetter hatte mich zu einem Spaziergang in die schönen Umgebungen Wiens veranlaßt. Sobald ich aber den Donner des Geschützes vernahm, eilte ich nach Hause, um mein Pferd zu satteln, und ritt auf gut Glück der Gegend zu, woher der Schall kam, der aber[83] häufig ein sehr trügerischer Wegweiser ist, besonders wenn ein Strom wie die Donau, welche sich in dieser Richtung in viele breite Arme theilt, dazwischen liegt. Der Wege unkundig, ritt ich irre und entfernte mich immer weiter von den Uebergangspunkten. Ich stand in der Aufregung, horchte und beobachtete die in der Ferne fortwährend aufsteigenden Rauchsäulen. Inzwischen brach der Abend herein und in tiefes Nachdenken versunken ritt ich in der Dämmerung zurück, ohne etwas über die Schlacht in Erfahrung gebracht zu haben.

Am folgenden Morgen um 8 Uhr begann die Kanonade aufs neue und viel heftiger als Tags zuvor. Diesmal aber erkundigte ich mich genau nach den Straßen, welche zu den Uebergangspunkten der Donau führten, und kam auch an dieselben; aber hier hieß es: Halt! Die an der Brücke stehende Cavallerie-Vedette ließ mich nicht passiren; jeder Versuch, durchzukommen, war vergebens, Uniform trug ich nicht, Passirschein hatte ich auch nicht, und so wurde ich schnöde zurückgewiesen. Ganz betrübt und langsam kehrte ich nach der Stadt zurück. Später, nachdem man Näheres über die Schlacht bei Aspern erfahren konnte, kam mir mitunter der Gedanke, es sei zu meinem großen Glücke gewesen, daß ich verhindert wurde, Augenzeuge dieses entsetzlich blutigen Schauspiels zu sein. In einer solchen Schlacht ist für den, welchen kein Beruf in sie geführt, kein Platz.

Am 23. Mai kam Graf Froberg ganz allein, mit Staub überdeckt, von Hitze, Hunger und Durst abgemattet, von dem Schlachtfelde nach Wien zurück. Auch sein Pferd war zum Erbarmen erschöpft: »Danke Gott, daß du nicht dabei warst,« lautete sein erstes Wort, als er mich erblickte, »ich habe diese beiden Schlachttage nichts von meinen Leuten und Pferden zu sehen bekommen. Gott weiß, was aus ihnen geworden ist!«

Wir harrten auch diesen und den folgenden Tag sehnsüchtig, aber vergebens auf die Ankunft der Pferde, erst am 25. Abends kamen sie und die Leute unversehrt zurück. Die Freude darüber war groß, denn der Graf hatte sie längst verloren gegeben.[84]

Napoleon kehrte nach der Schlacht bei Aspern nicht nach Schönbrunn zurück. Vom 23. Mai bis zum 5. Juli, dem Tage der Schlacht bei Wagram, verweilte er zu Kaiser-Ebersdorf. Während dieser Zeit wurde die Insel Lobau verschanzt und Zurüstungen zu einem neuen furchtbaren Kampfe getroffen. Ich aber saß mit großem Eifer an meiner Staffelei und arbeitete viel, denn Napoleons Umgebungen kamen fleißig von Ebersdorf nach Wien, um sich zu belustigen und mir nebenbei zu ihren Portraits zu sitzen.

In Wien war man natürlich über den unglücklichen Erfolg des Krieges nicht erfreut, trotzdem aber herrschte in seinen Mauern das regste Leben. Der Hang zur Unterhaltung und die Liebhaberei zu allem Neuen übertäubte bei den Wienern manches bittere Gefühl. Die Galanterie der Franzosen fand vornehmlich bei den Damen Gnade; viel Geld wurde in Umlauf gesetzt, und so lebte bald alles in Wien wieder lustig und guter Dinge. Ich aber saß vom Morgen bis in den späten Abend an meiner Staffelei, und erst bei Hereinbruch der Dämmerung schwang ich mich auf ein rasches Pferd, suchte das Freie und tobte mich aus. Dabei lebte ich sehr mäßig und hatte an dem eigentlichen Wiener Leben während eines siebenmonatlichen Aufenthaltes wenig oder gar keinen Antheil genommen.

Hier fand ich auch meine beiden Freundinnen Sophie Reinhardt und Marie Geiger wieder; doch in ganz anderen Verhältnissen als in München. Sie wohnten nicht mehr zusammen. Sophie Reinhardt hatte ein eigenes Atelier und Wohnung, und Marie Geiger wohnte bei ihrem Onkel, einem alten wohlhabenden Privatmann, hatte dort zwar ein sorgenfreies Leben, fühlte sich aber dennoch minder glücklich als zu München in ihrer Zurückgezogenheit.

Alte Erinnerungen an schuldlos und glücklich verbrachte Stunden und Tage in München tauchten bei unserer, wieder erneuerten Bekanntschaft auf, und ich verlebte manch trauliches Stündchen mit den Beiden auch in Wien. Aber diese Stunden geistigen Verkehrs waren mir spärlich zugemessen. Die rastlose[85] Thätigkeit, zu welcher ich fast unfreiwillig durch das Ungestüm der Franzosen, welche Bilder von mir haben wollten, getrieben war, ließ mir wenig Zeit für solch lieben Umgang.

Mein edler Beschützer, Graf Froberg, wurde in dieser Zeit der Waffenruhe von Napoleon zu König Max nach München gesendet und kam nicht mehr zurück. Er war seit dem Tage von Aspern leidend, und König Max, welcher ihn liebte und gerne um sich sah, wollte seiner nicht entbehren.

Bevor er Wien verließ, stellte er mich unter den Schutz des Kammerherrn Napoleons: de Bonti (später Präfekt in Lyon). Dieser wohnte in demselben Hause wie wir und war mit Froberg sehr befreundet. De Bonti galt als einer der geistreichsten Franzosen, welcher Sinn für Kunst, Musik, Litteratur und alles Schöne hatte. Er war mir gewogen, und ich befand mich unter seinem Schutze sehr wohl.

Meine Stellung verschaffte mir die Bekanntschaft hervorragender Persönlichkeiten aus Napoleons Umgebung. Ich malte den Minister und Staatssecretair Maret, Savary, die Generale Durosnelle, Montion, zwei Brüder Montesquieu, Taillerand-Perigord und viele andere Personen, die namentlich anzuführen zu weitläufig wäre.

Diese Herren fanden besonders Wohlgefallen an der Leichtigkeit und dem großen Eifer, mit dem ich arbeitete, sowie an meinem unbefangenen und natürlichen Wesen. Ich erhielt viele Beweise von Auszeichnung. Maret und mehrere andere hohe Persönlichkeiten zogen mich öfters zur Tafel und bewiesen mir bei jeder Gelegenheit ihre Gunst.

Meine Jugend ward hiebei wohl auch berücksichtigt. Es lag damals überhaupt im Geiste der Zeit, nur auf die persönliche Tüchtigkeit eines Menschen Rücksicht zu nehmen; nur das wahre Verdienst bildete den Werth des Mannes. Alter, Rang und Stand hob keinen empor, wenn er nicht durch Thatkraft sich bemerklich machte. Das bloße Talent war nicht genügend, man wollte auch Muth, Kraft und Ausdauer sehen, denn das waren die Hebel, mit denen so Großes unter Napoleon vollbracht wurde. Niemand fragte nach dem Rocke, der[86] konnte immerhin nachlässig sein, wenn nur das, was in ihm steckte, brauchbar war.

Ich habe dem Gange der Ereignisse etwas vorausgegriffen, um im Zusammenhange zu bleiben.

Die so eben geschilderten Arbeiten wurden unterbrochen durch die Tage der Schlacht bei Wagram (5. und 6. Juli). Diesmal hatte ich mich mit einem Passirscheine versehen, welchen mir de Bonti verschaffte, um keinen Verlegenheiten ausgesetzt zu sein. Allein auch in der Schlacht bei Wagram ging es mir nicht besser, als in den früheren Treffen dieses Feldzugs. Ohne Führer, keinem Corps, keinem Stabe angehörig, irrte ich auf dem unermeßlichen Schlachtfelde ganz allein planlos herum, sah aber dennoch viel Interessantes und zeichnete viel.

Der 5. Juli brachte keine Entscheidung; die Armeen schlugen sich bis Einbruch der Dunkelheit; erst die Nacht machte dem Gefechte ein Ende. Der Kampf hatte viele Opfer gekostet.

Herrlich stieg am folgenden verhängnißvollen Tage die Sonne herauf und verbreitete ihren Glanz über die goldenen Saaten, welche heute, statt die Scheunen des Landmannes zu füllen, unter den Hufen der Rosse zertreten werden sollten.

Schon mit dem ersten Dämmern des Tages sah man, soweit das Auge reichte, die Waffen der Oesterreicher blitzen; es herrschte dabei die größte Stille, und es lag in dem Anblicke etwas Unheimliches, aber Feierliches.

Um eine Beschreibung dieser kolossalen Schlacht bei Wagram zu machen, bedarf es einer andern Feder.

Die Schlachtlinie dehnte sich auf einer durch sanfte Hügel hie und da unterbrochenen Ebene mehrere Stunden weit aus. Gegen die österreichische Stellung hin erhob sich diese, wodurch eben der Anblick dieser Armee so imposant wirkte. Mit Tagesanbruch begann auf dem linken Flügel die Kanonade, die sich bald auf die ganze, ungeheure Linie ausdehnte. Es sollen von beiden Seiten weit über tausend Geschütze im Feuer gewesen sein. Napoleon ließ gegen Mittag auf einen einzigen Punkt hundert Geschütze auffahren; wenn man bedenkt, welchen Raum diese allein in Anspruch nahmen, so kann man sich eine Vorstellung[87] von der Ausdehnung jener Schlacht machen. Prachtvoll, aber schauerlich war das Hin- und Herwogen des Kampfes anzusehen; einen wehmüthigen Anblick gewährten die zertretenen, zum Theil schon schnittreifen Kornfelder: sie sind das Grab vieler Tausende von Menschen und Pferden geworden. Man stieß auf Felder, welche mit Leichnamen und todten Pferden übersäet waren. Da nämlich bei Wagram Cavallerie und Artillerie sehr thätig war, kostete es auffallend viele Pferde. Dieses dem Menschen so getreue Thier erregt immer großes Mitleid, weil sein Schmerz so stumm ist und weil es den Menschen oft so wehmüthig anblickt. Manche dieser armen Thiere hinkten mit einem abgeschossenen Fuße auf drei Beinen herum. In großer Anzahl schleppten sich leicht und schwer verwundete Krieger aus dem Kampfe zurück oder wurden zurückgetragen.

Vom frühesten Morgen an rollte der Donner der Geschütze unaufhörlich; gegen Abend entfernte er sich allmählig und man konnte daraus schließen, daß die Oesterreicher sich zurückzogen. Es war im wahren Sinne des Wortes eine heiße Schlacht. Nicht nur der Kampf war heiß: den ganzen Tag brannte die Sonne fürchterlich, man sah die Soldaten vor Durst lechzend an dem Brunnen eines halb oder ganz zerstörten Ortes sich um einen Trunk Wasser balgen. Der Krieg sucht gewöhnlich die Wohnungen der Menschen mit Feuer und Schwert heim und brennende und zerstörte Ortschaften sind fast immer die traurigen Schlußdecorationen von diesem fürchterlichen Drama. Es fehlte auch diesesmal nicht an diesen Zeichen der Verwüstung.

Gegen Abend begab ich mich nach dem linken Flügel, auf dem unsere bayerische Cavallerie, darunter auch das mir so bekannte Regiment König, stand und bald darauf rückten sie auch in das Treffen. In langer Colonne zogen sie still über einen schönen Wiesengrund hin, man hörte kaum die Pferde auftreten; nur die jungen Soldaten bramarbasirten viel, bis ein alter Wachtmeister an der Colonne hinritt und jene anbrummte: »Braucht lieber eure Säbel, als eure Mäuler tüchtig, wenn's losgeht. Diesmal gilt's!« In der That kam das Regiment[88] noch stark in das Feuer. Ich wollte durchaus mitreiten, aber der Oberst hatte mich bemerkt und wies mich mit großer Entschiedenheit zurück.

Napoleon bekam ich an diesem Tage nicht zu sehen. Dagegen sah ich mit Betrübniß den General-Lieutenant Wrede schwer verwundet aus dem Treffen zurückbringen; eine Kanonenkugel hatte ihn an der Hüfte so gestreift, daß man für sein Leben besorgt war.

Die Feuerschlünde waren verstummt, nicht aber das Aechzen und Stöhnen der Schwerverwundeten, denen man überall begegnete. Dort schleppten vier Soldaten einen General, in Ermangelung jeglichen Transportmittels, blos in seinen Mantel gehüllt. Da trug ein Krieger seinen Kameraden, dem ein Fuß abgeschossen war, auf den Schultern, dort zogen andere statt der Pferde einen großen Karren, auf den sie Schwerverwundete geladen hatten; da führten französische Cuirassiere, blos um ihr Gepäck zu retten, Pferde zurück, welche elend auf drei Beinen einherhinkten: kurz, es war eine grausige Scene. Alles trieb sich durcheinander, um noch eine Ortschaft zu erreichen und ein Obdach zu gewinnen. Ueberall stieß man auf abgeschossene Glieder, Waffen und Armaturstücke, Kopfbedeckungen, zerfetzte Kleider, Schuhe und auf alle möglichen Gegenstände, welche der Soldat mit und an sich trägt. Dazwischen lagen die furchtbaren eisernen Würfel, welche hier ihr wildes Spiel getrieben: an einigen Stellen war das Feld ganz mit Kanonenkugeln übersäet.

Mein Weg führte mich an einem Kirchlein vorbei, dessen Dach und Mauern von den Kugeln arg zugerichtet waren; die ganze Ausstattung desselben, selbst das Crucifix hatten die Soldaten herausgeworfen, um ihre verwundeten Kameraden hineinzulegen. In kleiner Entfernung davon fiel der Blick auf die verödeten Mauern ausgebrannter Häuser, in denen gespensterhaft die schwarzen Kamine in den abendlichen Himmel emporragten. Der Tag neigte sich zu Ende und die Sonne, welche bei ihrem Aufgange zwei prächtige Armeen, die mit blinkenden Waffen in der Hand einander kampfesmuthig gegenüber gestanden, beleuchtet hatte,[89] beschien die traurigen Reste. Ja, Froberg hatte Recht, als er sagte: »Du wirst finden, daß der Krieg eine ernste Sache ist,« dachte ich bei mir selbst.

Es war noch ein gutes Stück Weg von mehreren Stunden bis Wien zurückzulegen und mein armer Schimmel, auf welchem ich den größten Theil dieses langen Tages gesessen hatte, war so ermattet, daß er kaum mehr fortkonnte.

Auf der Insel Lobau ließ ich ihn eine halbe Stunde grasen, wodurch er sich wieder etwas erholte; ich selbst legte mich unter einen Baum auf den Boden. Hier sah ich noch ein ernstes Bild: vier hessische Infanteristen trugen auf einer Bahre einen Todten oder Sterbenden stumm und still an mir vorüber. Man vernahm keinen Laut, als die regelmäßigen Fußtritte, welche militärisch in einem Tempo traten. Da ich mit dem Gesichte gegen Westen lag, so stach die ganze Gruppe beinahe schwarz wie eine Silhouette ab gegen die Lust, in welcher noch der letzte Schein eines starken Abendrothes verglomm. Diese Scene machte einen feierlichen, für das Auge eines Künstlers schönen Eindruck.

Nach einer kurzen Ruhe trat ich den Rückweg wieder an; es war schon dunkel, als ich die verschiedenen Donaubrücken passirte. Erst spät in der Nacht kam ich recht hungrig und durstig nach Wien.

Mein sehnlicher Wunsch, Augenzeuge einer großen Schlacht zu sein, war also erfüllt. Es gab nun Stoff genug zum Nachdenken, auch zu Bildern, wenn Zeit und Umstände es erlaubten. In diesen Tagen sah ich so viele erschütternde Scenen, daß ich kein Verlangen trug, der Armee weiter zu folgen. Es war dieses auch die entscheidende Schlacht in diesem Kriege. Bei Znaim in Mähren fand zwar noch ein heftiger Kampf statt, auf welchen ein Waffenstillstand und im November der Friede erfolgte.

In Wien setzte ich mich wieder an meine Staffelei, vollendete die früher angefangenen Arbeiten und übernahm neue Aufträge, die sich aber rasch so sehr häuften, daß sie mir lästig wurden. Mehr als einmal kam ein Offizier, den ich unter dem Vorwande,[90] ich hätte keine Leinwand zu Hause, abwies; aber er kam wieder und brachte die auf die Blendrahme aufgespannte Leinwand mit. Dieser Fall kam mir mehr als einmal vor. Die Franzosen sind ungemein findig und wußten bald auszukundschaften, wo man dergleichen Materialien gut zu kaufen trifft. Nun sollte ein Reiterportrait gemacht werden – aber auf welch' komische Weise! Ohne alle Vorbereitung malte ich den Kopf der Person, welche mich sozusagen zum Malen zwang, mitten in die Leinwand und hing diese dann an die Wand, bis ich Zeit zur Vollendung des Bildes hätte. Viele dieser Sachen kamen aber gar nicht zur Ausführung; noch heute besitze ich mehrere kleine, sehr ähnliche Portraits interessanter Persönlichkeiten, welche ich bei meinem Abschiede von Wien aus der Leinwand herausschnitt und mitnahm.

Einen mir sehr willkommenen Auftrag erhielt ich von dem General Durosnelle. Er wollte ein umfangreicheres Bild als die meisten anderen, welche ich bisher in Wien vollendet hatte; er ließ sich malen in einem äußerst figurenreich gruppirten Bivouak, von seinen Leuten und Pferden umgeben. An diese Arbeit ging ich mit besonderer Lust, konnte aber kaum zum Anfange, viel weniger zur Vollendung kommen, bis mir der Zufall Hilfe brachte. Durosnelle wohnte bei Napoleon im Schlosse zu Schönbrunn und schickte mir seine Leute und Pferde von dort nach Wien zu den Sitzungen. Er selbst fand sich auch zu diesem Behufe einige Male ein, aber immer saß schon ein anderer, wenn er kam. Zuletzt mußte ihm das bei aller ihm eigenen Höflichkeit doch zu viel werden. Er erklärte: »Ich komme morgen früh um 9 Uhr, erwarte aber, daß Sie dann nur mich und niemand andern, wer es auch sein mag, vornehmen.«

Ich hatte alles für diese Sitzung hergerichtet, als Taillerand-Perigord, ein Adjutant des Marschalls Bessières, kam, um mir zu sitzen; keine Entschuldigung half, ich solle wenigstens anfangen, er wolle den Platz räumen, wenn Durosnelle käme. Ich nahm meine Zuflucht zu einer Finte und sagte: »Für die erste Sitzung muß ich Sie zu Pferd und in ganzer Uniform sehen, sonst kann ich nicht anfangen!« Er ließ sich[91] nicht abbringen, schickte seinen Diener fort, ließ sich Pferd und Uniform holen und begann in meinem Zimmer sich umzukleiden. Eben wollte er seine rothen, reich mit Goldstickereien verbrämten Hosen anziehen, als Durosnelle eintrat. Er blieb erstaunt unter der geöffneten Thüre stehen, schaute mich und den Adjutanten an und sagte: »Da haben wir wieder die alte Geschichte!« Ich entschuldigte mich und erwiderte: »Mein General, hier weiß ich nur einen Ausweg, um Ihr Bild, welches ich so gerne mit einiger Muße malen möchte, vollenden zu können: Ich will Ihr Arrestant in Schönbrunn werden, bis ich mit dem Bilde fertig bin, wenn Sie mich zu sich nehmen. Ihrer Sorge überlasse ich es dann, daß ich bei der Arbeit nicht inkommodirt werde.« Durosnelle ging mit Vergnügen auf diesen Vorschlag ein und schickte schon den folgenden Tag seinen Wagen, um mich abzuholen.

In Schönbrunn verlebte ich fünf Wochen in den angenehmsten und behaglichsten Verhältnissen. Mein Kunsttreiben in Wien hatte wohl in Bezug auf Ertrag und Aufmunterung sein Angenehmes; aber es war doch ein zu handwerksmäßiges Schaffen, in welchem ich mir selbst nicht gefiel; ich schätzte mich darum glücklich, ihm entronnen zu sein.

In der Nähe eines geistreichen, kunstsinnigen Mannes, wie Durosnelle, konnte ich mich wieder sammeln und mit voller Liebe der Arbeit hingeben, welche mir Freude machte. So kam ich seit fünf Monaten zum ersten Male zu einem Ruhepunkte und wurde wieder fähig, mich zu sammeln.

Durosnelle, ein Adjutant des Kaisers und einer der liebenswürdigsten Männer aus Napoleons Umgebung, war von mittlerer Größe, wohlgestaltetem Körperbau und sein Kopf schön; in seinen Gesichtszügen lag etwas Mildes und Edles, in seinem ganzen Wesen etwas Vertrauen Erregendes, durchaus Verständiges. Man sagte, Napoleon sei ihm sehr geneigt und es war ein eigener Zug seines Charakters, daß er solchen Männern gerne sein Herz zuwendete.

Durosnelle liebte die Kunst sehr und hatte mir mein Arbeitszimmer neben seinem Schlafgemache angewiesen; oft geschah[92] es, daß er sehr früh Morgens gerade aus dem Bette vor meine Staffelei trat und mir lange bei meiner Arbeit zusah. Er wohnte gerade über dem Kaiser, was mir Gelegenheit bot, diesen fast täglich auf dem großen Balkon des Schlosses, auf dem er oft nach der Tafel den Kaffee trank, zu sehen. Ich beobachtete ihn auch, wenn er des Abends, sobald es kühl wurde, im Garten nachdenkend, langsamen Schrittes auf und ab ging. Gewöhnlich hatte er dann nur einen seiner Vertrauten bei sich.

Die Aussicht meiner beiden Zimmer ging auf den schönen Garten, in welchem die tiefste Stille herrschte. Hier konnte man ganz vergessen, daß man sich im Kriege befand, was mir als Abwechslung und nach dem, was ich in fünf Monaten erlebt und gesehen, ungemein wohl that. Ich arbeitete zwar jetzt auch in Schönbrunn recht fleißig, aber ganz con amore, denn Durosnelle sorgte dafür, daß ich in meinem freiwilligen Arreste, der mir sehr behagte, nicht gestört wurde.

Eine Unterbrechung dieser Stille waren zur Mittagszeit die glänzenden Paraden im Schloßhofe. Auf diesem großen Raume, der zu einem solchen militärischen Schauspiele wie geschaffen schien, sah man täglich mehrere Tausende der verschiedensten Waffengattungen von der prachtvollsten Armee des Jahrhunderts. Dem Ganzen verliehen die kaiserlichen Garden immer einen überwältigenden Glanz.

Auch hier hatte ich Gelegenheit, den Abgott der Soldaten zu beobachten, wie er mit tiefem Ernste die Truppen musterte und an sich vorüberziehen ließ.

Nach Vollendung meines Bildes kehrte ich nach Wien zurück. Es fiel mir schwer, den schönen Aufenthalt zu verlassen, aber ich hatte viele angefangene Portraits in Wien stehen, welche ich vollenden wollte.

Eines Abends (es war der 16. September) traten zwei Offiziere in blauen Oberröcken ohne alle Distinktionszeichen in mein Atelier, nur der Hut des einen bezeichnete den General. De Bonti's Kammerdiener, welcher sich im Vorzimmer befand, öffnete ihnen mit Ehrerbietung die Thüre und verschwand. Sie[93] baten um Erlaubniß, meine Bilder und mein Portefeuille sehen zu dürfen; ich rückte einen kleinen Tisch neben die Staffelei, legte letzteres darauf, bot ihnen Stühle an und entschuldigte mich, daß ich fortarbeitete, denn ich hätte zu befürchten, daß mich die Dunkelheit ereile, was sie billigten. Zuerst betrachteten sie die angefangenen Bilder an der Wand, amüsirten sich daran und erkannten auf den ersten Blick alle Portraits.

Sodann setzte sich der eine dieser beiden Herren an den Tisch und sah alle meine Zeichnungen bis zum letzten Blatt in dem Portefeuille mit großem Interesse durch, der andere aber dankte für den Stuhl und blieb stehen. Sie richteten während des Durchblätterns verschiedene Fragen an mich, unter andern, ob ich nie in Italien gewesen. Ich verneinte es, worauf der eine fragte, ob ich Lust hätte, dorthin zu gehen, er kenne den Vicekönig sehr gut und wolle mich bei ihm empfehlen, die Vicekönigin sei eine bayerische Prinzessin und ich könnte dort gute Aufnahme finden. Ich dankte so verbindlich ich konnte und erwiderte, daß ich gerne nach Italien ginge, allein Monsieur de Bonti habe mir versprochen, mich mit nach Paris zu nehmen, und ohne seine Zustimmung würde ich nichts unternehmen.

Darauf erhob sich der Sitzende, klopfte mir freundlich auf die Schultern und sagte, das sei recht brav von mir, Dankbarkeit kleide den Menschen immer gut, er werde de Bonti selbst über die Sache sprechen.

Alsdann entfernten sie sich freundlich grüßend, der Kammerdiener öffnete ihnen, was er sonst nie that, abermals die Thüre und machte, nachdem sie fort waren, ein äußerst pfiffiges Gesicht, ohne weiter ein Wort über den Besuch zu äußern.

Diese beiden Herren waren Niemand anders als der Prinz Eugen6 und sein Adjutant, der Obrist Bataille, welcher leidlich[94] gut deutsch sprach. De Bonti ließ mich am folgenden Morgen ganz früh an sein Bett rufen und lachte herzlich, daß ich den Prinzen nicht erkannte. Dieser hatte noch an demselben Abende nach dem Theater in Schönbrunn mit de Bonti gesprochen und ließ mir durch ihn wissen, daß er mich nach Italien mitnehmen wolle. Ich erbat mir seinen Rath hierüber und äußerte, daß ich ebensogerne mit ihm nach Frankreich gehen würde. Er erwiderte, daß ich ein solches Anerbieten vernünftigerweise nicht zurückweisen könne, ich wäre durch dasselbe zeitlebens geborgen und würde unter dem Schutze des Prinzen, der an meinen Arbeiten und meinem Benehmen großes Wohlgefallen gefunden, einer sehr angenehmen Stellung entgegengehen.

Nach einigen Tagen kam Obrist Bataille wieder und machte mir officiell die Mittheilung, daß Prinz Eugen mich in seine Dienste nehmen wolle, wenn ich mich entschließen könne, ihm auf Reisen und im Kriege überallhin zu folgen. Zugleich wurde ich gefragt, unter welchen Bedingungen ich hierauf einzugehen gesonnen sei. Meine Antwort war, daß ich dieses Anerbieten mit Dank annehme, daß ich aber weit entfernt sei, dem Prinzen Eugen Bedingungen zu stellen, ich glaube von einem so edeln Fürsten erwarten zu dürfen, daß er mir die Stellung anweisen werde, welche ich verdiene. Es war dies der natürliche Ausdruck[95] meiner Denkart und der Bescheidenheit; aber ich hatte unter den gegebenen Umständen nicht ganz Recht, ich hätte meine Bedingungen ziemlich hoch stellen dürfen, wie ich später aus sicherer Quelle erfuhr.

Am 6. Oktober erhielt ich den ersten Auftrag von meinem neuen Gebieter: ich wurde in Begleitung des Obristen Bataille nach Raab in Ungarn geschickt, um das dortige Schlachtfeld zu zeichnen. Unter erschwerenden Umständen erfüllte ich zu großer Zufriedenheit des Prinzen diese Aufgabe.

Diese Mission wurde mir nämlich während des Waffenstillstandes zu Theil, und das Schlachtfeld, welches zwei kleine Stunden von Raab entfernt lag, war mehr als zur Hälfte in den Händen der Oesterreicher, besonders jener Theil, wo ich meine Zeichnung machen sollte. Gleich am Tage nach unserer Ankunft, an einem heitern, schönen Herbstmorgen, ritt eine ganze Kavalkade von Generalstabs- und anderen Offizieren mit uns hinaus; es machte diesen Herren Vergnügen, den Obristen Bataille und Adjutanten des Prinzen Eugen als Gast dadurch zu ehren. Nöthig hätten wir ihrer nicht gehabt, denn Bataille, der die Schlacht mitgemacht, war genugsam orientirt. Bei dem letzten Vorposten saßen wir ab und überschritten zu Fuß, um weniger aufzufallen, die Demarkationslinie; aber nach kaum hundert Schritten zeigte sich in der Ferne unter den österreichischen Vedetten eine Unruhe. Es dauerte auch nicht lange, so ritt ein Trupp Husaren auf uns zu. Wir waren eben an einer kleinen Brücke angelangt, die über einen Bach führte, welcher die Gränze bezeichnete. Bataille rieth mir, meine Mappe mit dem Zeichenmateriale unter die Brücke zu verbergen; kaum hatte ich diesen Rath befolgt, als die Husaren uns umringten. Ein Wachtmeister fragte, was wir hier wollten? Die Antwort lautete: Wir wollten eine kleine Promenade machen; jener bemerkte hierauf, daß wir drüben Platz genug zum Spazierengehen hätten, wir sollten machen, weiter zu kommen, um nicht Unannehmlichkeiten ausgesetzt zu sein. Ich barg mich hinter der Brücke. Die Husaren aber ritten, nachdem die Offiziere sich entfernt hatten, zurück und achteten nicht weiter auf mich. Ich[96] schlich mich mit meiner Mappe fort und suchte auf Umwegen unbemerkt mich einem Platze zu nähern, um die verlangte Zeichnung zu machen. Eben bei einigen Häusern angelangt, hörte ich Fußtritte von Pferden; ich schlich sofort in einen Hof und verbarg mich unter Gesträuchen. Es war eine Husarenpatrouille, welche vorüberzog. Ich trug 150 Louisd'ors in meinem ledernen Gürtel unter den Kleidern, und es wäre mir übel ergangen, wenn jene Kerls mich erwischt hätten.

Sobald die Husaren aus dem Gesichtskreis entschwunden, gab ich Fersengeld und erreichte glücklich die französischen Vorposten. Somit mußten wir unverrichteter Dinge nach Raab zurückkehren.

Nunmehr verlegte man sich auf Unterhandlungen. Der Gouverneur von Raab, General Narbonne, schrieb an den österreichischen Kommandirenden, Feldmarschall-Lieutenant Hiller, mir die Erlaubniß auszuwirken, daß ich eine ganz flüchtige Skizze des Schlachtfeldes zeichnen dürfe, welche Prinz Eugen als Andenken zu besitzen wünsche. Dieser aber lehnte es ab und verwies an den Feldmarschall Bellegarde, und dieser an den Erzherzog Johann. So verstrichen sechs Tage mit Unterhandlungen über eine so geringfügige Sache. Obrist Bataille war indessen nach Wien zurückgegangen und ließ mich auf gut Glück in Raab. Als noch immer kein Bescheid kam, riß mir die Geduld, ich ersuchte den Gouverneur, mich mit seinem Wagen unter Eskorte bis an den äußersten Vorposten bringen zu lassen. Dann setzte ich mich, nachdem die Pferde ausgespannt waren, um etwas erhöht zu sein, auf das Dach des Wagens und zeichnete unter den Augen der Oesterreicher und unter dem Schutze französischer Chasseurs à cheval, soviel man von diesem Standpunkte aus sehen konnte. Zu Hause berichtigte ich mit Hilfe von Karten und Plänen das Mangelnde, setzte die Zeichnung in einen andern Augenpunkt und erreichte so meinen Zweck.

Bei dieser Mission gab ich aber dem Gouverneur mein Gold in Verwahrung; das Herzklopfen, welches dasselbe mir[97] sechs Tage früher gemacht hatte, war mir noch zu lebhaft im Gedächtnisse.

Hier machte ich auch an dem würdigen, alten Generale Narbonne, welcher Gouverneur in Raab war, eine mir sehr angenehme Bekanntschaft: ich erwarb mir seine Gunst, war sein täglicher Gast und in den schönen Gesellschaften anwesend, welche er gab. Er fragte oft, wenn er mich nicht bemerkte: »Où est donc mon petit peintre?« Oft fand sich in seinem Hause eine Elite schöner Damen zusammen, denn Narbonne war trotz seiner Silberhaare sehr galant und die Damen schaarten sich gerne um ihn.

So verlebte ich auch hier sehr angenehme Tage; um jedoch nicht ganz müßig zu gehen, machte ich, weil ich keine Farben bei mir hatte, eine Sepiazeichnung Narbonne's zu Pferd. Er war ein guter Reiter und ritt ein junges noch nicht vollkommen zugerittenes Pferd, das ihm viele Freude machte. Ueberhaupt fand man damals bei der Armee noch recht gute Reiter, besonders unter den älteren Herren, welche aus der Schule von Versailles waren. Maret saß zu Pferde trotz einem Stallmeister, auch Savary ritt, als ich ihn malte, ein schönes spanisches Pferd mit vielem Anstande. An kühnen und raschen Reitern fehlte es natürlich nicht, deren gab es genug.

Es drängt sich mir hier unwillkürlich eine Anekdote in die Feder. Als ich 1811 in Nördlingen auf Besuch war, wünschte die Fürstin von Wallerstein mein Portefeuille zu sehen. Unter den Zeichnungen befand sich auch das Portrait eines Adjutanten von Berthier, des Obristen Flahout. Der Stallmeister Baron von Falkenstein, der mit Recht den Ruf eines vorzüglichen Reiters genoß, sagte, als diese Zeichnung betrachtet wurde: »Wie der Kerl doch zu Pferde sitzt! Die Franzosen können halt nicht reiten!« Prinz Ludwig,7 der spätere bayerische Minister, erwiderte: »Mag sein, aber sie kommen damit doch weiter, als wir!« Falkenstein, der sein Lehrer war, warf[98] ihm einen strafenden Blick zu und war so ärgerlich, daß er während der Tafel kein Wort mehr sprach.

Sobald ich meine Zeichnung des Schlachtfeldes bei Raab geordnet hatte, eilte ich mit Extrapost nach Wien zurück. Narbonne hatte mir ein Schreiben an Prinz Eugen mitgegeben; dieser lachte, als er die Umständlichkeiten vernahm, welche die Sache verursacht hatte. Er zeigte sich sehr zufrieden über die Art und Weise, wie ich die Aufgabe gelöst, fand meine Zeichnung genügend und entließ mich sehr gnädig. Ich erhielt den Auftrag, für den Prinzen noch einige Souvenirs zu zeichnen. Am 14. Oktober verkündete der Donner der Kanonen den Friedensschluß. Ich trachtete von meinen Arbeiten zu vollenden, was möglich war. Indessen wurde es Mitte November und es ward mir bedeutet, daß ich mich bereit halten sollte, in nächster Zeit nach Italien abzureisen.

Freudig konnte ich auf eine Zeit von acht Monaten zurückblicken. Reiche Erfahrungen, bedeutungsvolle Erlebnisse, eine interessante Ausbeute an Zeichnungen, Ehre, Geld und was so gewöhnlich die armen Sterblichen beglückt, hatte ich erreicht.

Zur Mahnung aber, daß des Glückes unvermischte Freude keinem Sterblichen zutheil werde, traf mich noch etwas recht Schmerzliches, bevor ich Wien verließ.

Ein edles Wesen, mit dem mich die zartesten Bande inniger Freundschaft verknüpften, war geschieden aus dem Kreise der Lebenden. Die gute Maria starb am 4. Oktober am Nervenfieber, vierzehn Tage vor meiner Anstellung bei dem Prinzen Eugen. Dieser Verlust ging mir sehr nahe. Während meines Aufenthaltes in Wien war dieses Verhältniß immer inniger geworden, so daß es mir Besorgniß einzuflößen begann, da ich nicht daran denken konnte, mich jetzt schon zu binden und ich sie zu sehr verehrte, um nicht Anlässe zu vermeiden, welche sie zu Hoffnungen berechtigt hätten, die ich nicht realisiren konnte. Ich sah sie daher seltener als sonst, aber dieser Umstand war nur geeignet, ein glimmendes Flämmchen in eine verzehrende Flamme zu verwandeln.

Am Abende, bevor ich mich auf das Schlachtfeld von[99] Wagram begab, war ich noch bei ihr und als ich des Morgens hinausritt, stieg ich einen Augenblick vom Pferde, sie noch einmal zu grüßen, weil ich sie den Abend zuvor so sehr bewegt gefunden. Beim Scheiden gab sie mir folgendes Briefchen in die Hand, mit der Bitte, es erst zu lesen, wenn ich Wien längst im Rücken hätte. »Lieber Adam! Ihr Abschied war mir gestern zu überraschend, weßhalb ich mich entschließe, ihn schriftlich zu wiederholen, und da Sie mich nicht mit einem forschenden Blicke dabei ansehen können, wenn Sie diese Zeilen lesen, so kann ich schriftlich offenherziger mit Ihnen sein. Wie ich Ihre Gegenwart vermissen werde, wissen Sie selbst, denn sie ist mir schon zum Bedürfniß geworden, ob Sie gleich nicht halb so oft zu mir kommen, als ich wünschte. Es thut mir oft recht leid, daß ich Sie nicht so empfangen und unterhalten kann, wie mein Herz mir sagt. Sie kennen meine dermalige Lage, daher hoffe ich, Sie schreiben es nicht auf Rechnung einer erkalteten Freundschaft. Wie selig fühlte ich mich bei jeder Rückerinnerung an München und Schleißheim, wo wir oft so kindlich heiter waren. Auch hier habe ich Ihnen manch' frohe Stunde zu danken, die mich für so viele trübe entschädigen muß. Davon bleibt mir nichts als das Andenken zurück, das mir manche bange Sorge machen wird, wenn ich lange nichts mehr von Ihnen sehen oder hören sollte. Ich bitte Sie daher recht innigst, sich nicht ohne Noth in Gefahr zu begeben; erinnern Sie sich öfters Ihrer Eltern, die Ihrer so sehr bedürfen und denken Sie stets, daß Ihre Gesundheit und Ihr Glück zu den heißesten Wünschen Ihrer Freundin gehören. Ich weiß, Ihr treffliches Herz erkennt es, daß ich es redlich meine, so wie Sie glauben, ich sei die Ursache Ihrer dermaligen glücklichen Existenz. Das Schicksal wollte es so, daß wir uns finden, einander dienen und wieder verlieren sollten! Statt Dankbarkeit schenken Sie mir noch ferner Ihre aufrichtige Freundschaft. Mehr werden uns unsere Verhältnisse wohl nie erlauben können. Eben schlägt's 12 Uhr, ich sage gute Nacht! Wenn Sie diesen Brief lesen, müssen Sie mit Ihrem Engländer schon lange im Freien sein. Noch einmal leben Sie wohl![100] Gott erhalte Sie, kommen Sie bald und gesund wieder und vergessen Sie nicht im Tumulte der Schlachten, daß in Wien im stillen Winkel Jemand sitzt, der sich nennt Ihre treue Freundin M.G. Wien, am 5. Juli 1809.« – Es war in der That ein Abschiedsbrief und die letzten Zeilen von ihrer Hand, die mir heilig sind. Bei meiner Rückkehr fand ich sie schon kränkelnd. Ich mußte wieder nach Schönbrunn zurück, ritt aber des Abends öfters nach Wien, sie zu sehen. Sie starb als Opfer des Typhus, wie sie gelebt, edel und rein. Es war mir ein schmerzlicher Abschied für das ganze Leben. Nun schien mir meine neue Stellung zum Prinzen Eugen um so angenehmer, weil ich, in einer andern Weise beschäftigt, die Hoffnung hatte, Wien bald verlassen zu können, wo es mir unbehaglich geworden war. Ich sehnte mich nach dem Tage der Abreise.

1

Kostbeutel = Speisesack; Scherzname für die österreichischen Soldaten. Vgl. Schmeller 1872, I. 1308.

2

Ueber diese Ereignisse: die Schlacht bei Abensberg, Einnahme von Regensburg, Landshut u.s.w. vgl. die Darstellungen in Ed. Freiherr v. Völderndorff-Warndein: Kriegsgeschichte von Bayern unter König Maximilian Joseph I. München 1826. II. 77 ff.

3

Clemens von Raglovich, geb. 1766 zu Dillingen, General der Infanterie, gest. 19. November 1836. Vgl. Schrettinger, Bayer. Max-Joseph-Ordensritter 1882.

4

Antoine Charles Horace, genannt Carle, geb. 1758, gest. 1836.

5

Horace Vernet, geb. 30. Juni 1789, gest. 17. Januar 1863.

6

Eugen, Herzog von Leuchtenberg, geb. 3. September 1781, Sohn des Generals Beauharnais und der Josephine Tascher de la Pagerie, wurde 1796 Stiefsohn Napoleons, hierauf schnell Oberst, Brigade- und Divisionsgeneral, 1805 Prinz und Vicekönig von Italien, 1806 mit der Prinzessin Amalie von Bayern vermählt, zeichnete sich im Kriege 1809 aus, wurde 1810 zum Großherzog von Frankfurt designirt, war 1812 mit in Rußland, 1813 bis zum Waffenstillstand in Deutschland, vertheidigte hierauf Oberitalien bis zu Napoleons Sturz, lehnte zu Paris die Anträge Ludwigs XVIII. ab und ging nach München, wo er den 21. Februar 1824 starb. Sein Mausoleum von Thorwaldsen befindet sich daselbst in der Michaelskirche. Vgl. die seither vergessene, immer noch nicht überbotene Monographie. Erinnerungen aus den Zeiten und dem Leben Eugens, Herzogs von Leuchtenberg, nach authentischen Quellen von Heinrich Seel (Sulzbach 1827). Die im Besitze der Stadt München befindliche sogen. Maillinger-Sammlung (Bilderchronik der königl. Haupt- und Residenzstadt München von Jos. Maillinger. München 1876, I. 192, Nr. 2015–2036) besitz zweiundzwanzig Portraits des Prinzen nach verschiedenen Meistern in Stich und Lithographie (darunter auch eines, den Prinzen zu Pferd in der Schlacht an der Moskwa darstellend, bezeichnet: »dess. sur les lieux par Albrecht Adam.« Gr. Fol. Lithogr.), ein sprechender Beweis für die große Popularität, welche der Prinz zu München genoß.

7

Ludwig Fürst von Oettingen-Wallerstein (vgl. oben S. 9, Anmerkung).

Quelle:
Adam, Albrecht: Aus dem Leben eines Schlachtenmalers. Stuttgart 1886, S. 46-102.
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