Anisum

[64] Anisum.

Anisum, frantzösisch, Anis, teutsch auch Anis, ist ein Gewächs, das in den Gärten gantz gemein. Sein Stengel wird ungefehr drey Schuhe hoch, ist rauch, rund, hol und ästig. Sein Kraut oder seine Blätter sind lang, tieff eingeschnitten, weißlicht, wohlriechend, und dem Petersilienkraute nicht ungleich. Auf den Spitzen stehen die Umbellen, Dolden oder Kronen, die sind breit, mit weissen Blümlein besetzet, welche der Pimpinellæ saxifragiæ, des Steinbrechs Blümlein nicht unähnlich sehen. Der Samen ist klein, grau und grünlicht, riecht und schmecket lieblich, doch etwas scharff. Die Wurtzel ist zart. Es will in fettem Lande stehen, und der Samen wird zur Artzney gebraucht. Den soll man erwehlen, wann er fein dicke und recht völlig, gantz rein und sauber ist, frisch aufgetrocknet, wohlriechend und von angenehmen Geschmack. Etliche nennen ihn Fœniculum dulce, frantzösisch, Fenouil doux, teutsch, süssen Fenchel. Aus Touraine wird viel zu uns gebracht: allein der best- und dickste kommt aus Maltha und von Alicanten, dann er ist viel grauer, als der frantzösische, vielleicht, weil er besser getrocknet wird. Der Tourainische ist unterweilen bitter, den muß man nicht nehmen.

Der Anissamen wird in Franckreich Anis vert genennt, das heist auf teutsch soviel als grüner Anis; und dadurch wird er vom Confecte unterschieden, zu welchen sie diesen Samen nehmen, denselbigen mit Zucker überziehen, und Anis couvert, überzogenen Anis zu nennen pflegen, oder Anis à la Reine, oder petit Verdun.

Der Anis hat viel kräftiges Oel und flüchtiges Saltz bey sich.

[64] Er stärcket das Hertz, den Magen und die Brust, vertreibet die Blehungen und Winde, befördert die Dauung, und mehret den Weibern die Milch, stillet die Colic.

Anisum ist so viel als ἀνίαιτον, weil er Appetit und Lust zum Essen macht: oder vielleicht, ὅτι ἀνίης, τὰς ἐμπνευματοῦντες, weil er die Blehungen vertreibet.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 64-65.
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