Cassia

Cassia fistula.
Cassia fistula.

[251] Cassia.

Cassia fistula Alexandrina, C.B.

Cassia fistula laxativa, Lon.

Cassia Ægyptia, sive purgans, Cam.

Cassia nigra, Dod.

Cassia solutiva, Bellon.

Siliqua Ægyptia, Matth.

Canna fistula, Acostæ.

frantzösisch Casse.

teutsch, Caßia, Fistelcaßia, Röhrleincassia, Caßia in Röhrlein.

Ist eine Schote, insgemein des Armes lang, viel dicker als der Daumen, fast gantz rund oder cylinderformig, holtzig und schwärtzlicht. Ihre Schale ist so harte, als wie Holtz, und bestehet aus zwey Hüls en, welche dergestalt genau zusammengefüget und gehencket sind, daß man sie nicht kan von einander sondern, man breche dann die Fuge gar entzwey. Die Höle inwendig ist in kleine Zellen, durch dünne und doch ziemlich harte Wände, eingetheilet, welche mit der Pulpa, das ist einem marckhaften, flüßigen und sehr schwartzen, zuckersüssen Wesen überzogen sind. Eine jedwede von diesen Zellen beschliesset einen Samen, welcher so dicke ist, wie eine kleine Erbse, platt und bey nahe rund, von Farbe gelblicht. Es ist diese Schote die Frucht eines grossen und sehr starcken Baumes, der in Egypten wächst, bey Alexandria, in Indien und noch an andern Orten. Er ist mit einer grauen Rinde überzogen; die hat einen anziehenden Geschmack. Das Laub kommt an Gestalt dem Nußbaum-Laube gleich und ist grün. Der Blüten wachsen viel an einem Stiele, und bestehet deren jede aus fünff gelben Blätterlein, in Kreis gestellt.

Wann die Blüten abgefallen sind, so folgen die Caßienstäbe oder Früchte, die werden also harte, daß, wann der Wind starck ist und sie gegen einander schlagen, entsteht ein so groß Getös, daß solches[251] auf zwey Meilen im Bezirck herum zu hören ist.

Die beste Caßia kommt aus der Levante, und muß erwehlet werden, wann sie frisch ist, und grosse dichte Röhren sind, darzu noch gantz und schwer, und keinen Schall geben, wann man sie schüttelt. Die Schale drau muß dünn seyn, aussenher dunckel und gläntzend, inwendig weiß. Sie muß viel Pulpa und Marck in sich enthalten, so von guter Consistentz, nicht zu trocken noch zu feuchte, das sich leicht von der Schale sondern läst, und selbige gantz reine hinterläst, gantz schwartz siehet und lieblich riecht, nicht säuerlich: es muß ingleichen zuckersüsse schmecken. Die Caßia ist in Franckreich dermassen rar und theuer, absonderlich in Kriegszeit, daß wir genöthigt gemeiniglich die Caßia zu brauchen, die aus Egypten und aus den Antilleninseln kommt.

Wann die Caßienröhren annoch jung und zarte sind, werden sie eingemacht, und gegessen, wann man laxiren will. Auf lateinisch werden diese eingemachten Caßienröhrlein, Canificium, und frantzösisch Canifice genannt: so ist auch dieser Name dem Baume selbsten, der sie trägt, gegeben worden.

Das Marck von der Caßia wird auf lateinisch genennet

Medulla Cassiæ,

Pulpa Cassiæ,

Flos Cassiæ,

Cassiæ extracta.

teutsch, Caßienmarck, ausgezogene Caßia.

Dieses Marck muß aus solcher Caßia gezogen werden, welche der Levantischen so nahe kommt, als immer nöglich ist. Sie soll auch gebrauchet werden, wann sie noch frisch, und erst kürtzlich ausgezogen ist: dann, wann sie etliche Tage lang ausser den Röhren gelassen wird, so fermentiret sie und wird sauer. Sie führet viel phlegma, Oel und Sal essentiale.

Sie führet die gallhaftigen Feuchtigkeiten gantz gelinde ab, und machet keine Hitze in dem Leibe: jedoch verursachet sie Blähungen und bey denenjenigen Dunste aufsteigen, die damit geplaget sind. Diesem Unfall abzuhelffen oder vorzubauen, läst man dieselbige ein wenig aufsieden, nachdem man sie in einem oder andern liquor hat zergehen lassen: dann dadurch wird ihre gar zu grosse Zähigkeit verdünnet und fein zarte gemacht, die sonsten, wann sie nicht geschwind genung durch die Gedärme solte gehen, daselbsten fermentiren, und Winde, Blähungen und Dünste, welche alle einerley, erregen würde. Die dosis von dem Caßienmarck ist von einer halben bis auf anderthalbe Untze.

In Brasilien wächst eine Gattung Caßia, von Caspar Bauhino genannt Cassia fistula Brasiltana, die Brasilianische Rohrcaßia oder Brasilianische Caßia: die ist so dick als eine Faust, und purgiret stärcker, dann die vorhergehende: allein, sie kommt uns in Franckreich gar selten zu Gesichte.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 251-252.
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