Gratiola

Gratiola.
Gratiola.

[501] Gratiola.

Gratiola, Dod. J.B. Raji Hist.

Gratiola centauroides, C.B.

Digitalis minima Gratiola dićta, Mor. Hist. Pit. Tournef.

Gratiola vulgaris, Park.

Gratia Dei, Germanis.

Limnescum, seu Centauroides, Cord. Hist.

frantzösisch, Herbe à pauvre homme.

teutsch, Erdgalle, wild Aurin, Gottes Gnad.

Ist eine Gattung Digitalis, oder ein Kraut, welches einen Hauffen Stengel treibet, eines Fusses hoch. Die Blätter sind länglicht, schier als wie die am Ysop, am Rande zackigt, stehen gegeneinander über längs an den Stengeln. Die Blüten brechen zwischen den Blättern und Stengeln hervor, sitzen auf dünnen Stielen, und sind, nach des Herrn Tourneforts Erachten, der Figur nach einem Fingerhute nicht so gar unähnlich, gemeiniglich purperhaftig, bisweilen weiß, sehr selten gelbe.

Wann diese Blüte vergangen ist, so folgt ihr eine kleine ovalrunde Hülse, in zwey Fächlein zertheilt, in[501] denen die zarten Samen enthalten sind. Die Wurtzeln sind so dick, als wie die Gänsefedern, lang und umher kriechend, weiß und knotig, und mit Fasen umgeben. Das gantze Gewächs ist bitter: wächst in den Wiesen und in Sümpfen. Es führet viel Oel und Sal essentiale.

Es zertreibet, macht dünne, eröffnet und reiniget: es purgiret gewaltig, von oben und von unten, und führet die Galle und den Schleim ab: wird zur Wassersucht gebraucht, und als ein Pulver eingegeben; von einem Scrupel bis auf ein Quintlein für einmahl. Es ist gut für die Würmer. Dabey ist zu mercken, daß das Wasser, welches darauf gegossen worden, und eine Weile drauf ist stehen blieben, noch so starck purgiere, als wie der ausgepreste Saft: welches, allem Vermuthen nach, daher kommt, daß das Wasser eine größere Menge der kräftigsten Theile ausziehet und zertreibet; dahingegen treibt der Saft mehr durch den Harn. Einige geben vor, wie daß die zu Pulver gestossene Wurtzel, eines halben Quintleins schwer genommen, zum bluten bey nahe eben so gut wäre, als wie die Ipecacuanha. Das gantze Kraut ist ein gut Wundkraut, wann es äusserlich ausgeleget wird.

Bey den Alten ist dieses Kraut weder unter dem Titel Gratiola, noch unter dem Namen Gratia Dei, bekannt gewesen. Dem Ansehen nach, mag es das Papaver spumeum Dioscoridis, oder das Eupatorium Mesue gewesen seyn.

Gratiola, vel Gratia Dei, ist es wegen seiner sonderlichen Kraft genennet worden, die es besitzet.

Herbe à pauvre homme wird es frantzösisch genennet, das heist, ein Kraut für arme Leute: dann, weil es so gemein ist, und schier nichts kostet, deshalben brauchen es die armen Leute zu ihrer Artzney, und machen ihre Clystire davon.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 501-502.
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