Manati

Manati.
Manati.

[687] Manati.

Manati,

Vacca marina,

frantzösisch, Vache marine. Lamantin.

teutsch, Seekuh.

Ist ein grosser Fisch in der americanischen See, funffzehen bis sechszehen Fuß breit: von greulichem Anblick. Sein Kopf sieht wie ein Kalbskopf aus: alleine seine Schnautze ist nicht so dicke, hingegen das Kinn desto stärcker. Seine Augen sind klein und sehen als wie Hundsaugen: sie helffen ihm auch nicht gar viel, dann sein Gesicht ist gar sehr schwach. Die Ohren sind nichts anders, als zwey kleine Löcher; darein man kaum den kleinen Finger stecken kan. Sein Gehör ist überaus scharff, und darff man nur ein klein Geräusche machen, entweder reden oder auch das Wasser gantz gelind bewegen, so gehet er gleich durch. Unter den Schultern gegen den Bauch hinzu, hat er als wie zwey kleine Hände, die dienen ihm statt der Floßfedern. An einer jeden hat es wie vier Finger, an deren Spitzen Nägel zu befinden. Vom Nabel an bis auf den Schwantz wird es auf einmahl schmäler. Sein Schwantz hat die Gestalt wie eine Ofengabel: ist anderthalben Schuh breit und fünff bis sechs Zoll dicke, voll Samen oder Nerven und etwas fett. Die Haut ist dicker als wie eine Ochsenhaut, mit Haaren überstreuet, die als wie Schiefer, oder schwärtzlicht sehen. Das Weiblein bringet insgemein zwey Junge, die folgen ihm überalle nach. Es säuget sie mit den zwey Eytern, die es unter seinem Bauche hat, und gleich als wie Kuheyter sehen.

[687] Dieser Fisch kommt oft aufs Land und weidet sich mit einem Kraute, das am Seestrande wächst: wann es sich dann gesättigt hat, so träncket es sich in süssen Wasserströmen. Es soll dieses, wie man saget, des Tages zweymahl ordentlicher Weise thun. Dem sey nun wie ihm wolle, wann es sich satt gefressen und gesoffen hat, so schläfft es ofters drüber ein, und hält alsdann die Schnautze auf die Helffte übers Wasser, daran es die Fischer von weitem erkennen, überraschen es und tödten es. Sein Fleisch ist gut zu essen, schmeckt bald wie Kalbfleisch, oder wie das Fleisch vom Thunnfische; jedoch ist es viel vester. Es ist an manchen Orten mit vier Finger dicken Speck überzogen: den brauchen sie zum spicken, wie den Schweinespeck. Im Lande essen sie ihn auch wie Butter, wann sie ihn vorher zerlassen haben: dann er wird nicht so leichtlich rantzicht, als wie bey uns der Schmeer. Das Leder vom Lamantin wird zu Schusolen gebraucht. Im Kopfe finden sich vier Steine, die wie Beine sehen, zwey grosse und zwey kleine von unterschiedener Figur.

Siese Steine sollen trefflich wol zum brechen dienen. Auch sollen sie, wie man vorgeben will, des halben Scrupels schwer gebraucht, den Lendenschmertz vertreiben, und den Stein in der Blase und in den Nieren zermalmen.

Sein Fett erweichet und zertheilet.

Manati ist ein Name, der von den Spaniern ist diesem Fisch gegeben worden, und soll soviel bedeuten, als mit Händen versehen, das Hände hat, weil seine Pfoten als wie Hände sind formiret.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 687-688.
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