Papaver

Papaver.
Papaver.

[835] Papaver.

Papaver, frantzösisch, Pavot, teutsch, Mohn, ist ein gantz gemeines Kraut, dessen es zwey Hauptgeschlechte giebet, zahmen, und wird in Gärten gebauet, und wilden.

Das erste Geschlecht wird in zwey andre Sorten abgetheilt; in weissen und schwartzen Mohn.

Die erste heisset

Papaver, Brunf. Ang. Lon.

Papaver album, Trag. Dod.

Papaver hortense femine albo, sativum, Dioscoridi, album, Plinio, C.B. Pit. Tournef.

Papaver sativum femine candido, Fuch.

teutsch, weisser Mohn.

[835] Die treibet einen Stengel mit Aesten, zu drey und vier Schuh hoch. Ihre Blätter sind länglicht, breit und ausgezackt, kraus und weißlicht. Die Blumen wachsen auf den Spitzen und sind groß, bestehen aus vier Blättern in Rosenform, sehen weiß oder etwas purperfarbig, und sitzen in einem zweyblätterigen Kelche. Diese Blätter vom Kelche fallen insgemeine ab, wann die Blume sich aufthut. Wann dieselbige vergangen ist, so folget nach ihr eine ovalrunde oder länglichte Hülse, die ist so groß als wie ein Hünerey, und hat oben auf als wie ein Capital, sieht anfangs grün, wird aber weisser und weisser, wann sie reiffet oder trocken wird. In ihrer Höle führet sie viel kleine Samenkörner, welche rund aussehen, und dannoch die Gestalt wie kleine Nieren haben, weiß sind und an Blättern sitzen, welche nach der Länge und rund umher in der Hülse stehen.

Die andere wird genannt

Papaver nigrum, Brunf.

Papaver nigrum sativum, Dod.

Papaver hortense nigro femine, sylvestre, Dioscoridi, nigrum, Plinio, C.B. Pit. Tournef.

Papaver nigrum femine atro, Fuch.

teutsch, schwartzer oder grauer Mohn.

Der ist nur darinn von dem vorhergehenden unterschieden, daß seine Blume roth sieht, die Hülse viel runder ist, und die Samen schwartz sind.

Allebeyde Arten führen viel Oel, phlegma und Sal essentiale. Zur Artzney werden ihre Köpfe oder Samencapseln gebraucht, insonderheit die von dem weissen Mohn, das Kraut aber und die Blumen gar selten. Diese Köpfe müssen frisch seyn, so dicke und so völlig, als nur immer seyn kan.

Sie bringen Schlaf, stillen die Schmertzen, machen die scharffen Feuchtigkeiten, welche auf die Brust fallen, dicke, versetzen den Durchlauff und verstellen das Bluten, dämpfen die Dünste, lindern den Husten, wann sie abgesotten werden, oder, wann nur siedend Wasser drauf gegossen wird, oder, wann ein Syrup davon bereitet worden, und alsdann gebraucht: sie werden auch unter die Clystire, zu Stillung der Colica genommen.

Der Mohnsamen stillet die Schmertzen und lindert, ist der Brust gut, macht schlafen, jedoch gar wenig, er wird benebst den vier grossen kühlenden Samen zu den emulsionibus genommen.

Aus dem zerstossenen weissen Mohnsamen wird auch ein Oel geprest, das dienet den Schmutz von der Haut zu bringen, dieselbe glatt und lind zu machen.

Des wilden Mohns giebt es vielerley Sorten, jedoch wird keine andere zu der Artzney gebraucht, als nur dieselbe, welche genennet wird

Papaverrhœas, Ger. Raji Hist.

Papaverrhœas, sive caduco flore phœniceo, Adv. Lob. Ico.

Papaver erraticum rhœas, sive sylvestre, Park.

Papaver fluidum, Dod.

[836] Papaver erraticum majus, ῥόιας Dioscoridi, Theophrasto, Plinio, C.B.

Papaver erraticum vnbrum campestre, J.B.

Papaver erraticum primum, Fuch.

frantzösisch, Pavot rouge, ou Coquelicoq.

teutsch, wilder Mohn, Klapperrosen, Klatschrosen/ Kornrosen.

Dieses ist ein Kraut, welches zu anderthalben Fuß hohe Stengel treibet, die sind rund und dicht, mit ziemlich rauhen Haaren oder Borsten besetzet und ästig. Die Blätter sind zerschnitten, als wie am Cichoreo oder am Senecione, rauch und schwärtzlicht. Die Blüten wachsen oben auf der Stengel Spitzen, und bestehen aus vier breiten und dünnen, dunckelrothen Blättern, welche nicht gar veste sitzen und bey dem kleinsten Wind abfallen. Darauf folgen kleine Köpfe, oder Samenhülsen, wie kleine Nüsse groß, die sind länglicht und sehen bald als wie die an dem Gartenmohne aus. Sie beschliessen zarte, schwärtzlichte oder dunckelrothe Körner. Die Wurtzel ist gantz schlecht und lang, des kleinen Fingers dick, weiß und mit kleinen Zasern besetzet; bitter von Geschmack. Dieses Kraut wächst auf den Aeckern, insonderheit unter dem Weitzen. Die Blume wird zur Artzney gebraucht, führet viel Oel, nicht eben zu viel Sal essentiale.

Sie ist gut für die Brust, lindert, macht die Feuchtigkeiten im Leibe dicke, befördert den Auswurff und den Schweiß, ist gut zu eingewurtzelten Flüssen, zur Engbrüstigkeit, zum Seitenstechen, und wird entweder als ein Syrup gebrauchet, oder, wann heisses Wasser drauf gegossen worden. Sie bringet etwas Schlaf, welches die Köpfe gleichfals thun.

Papaver kommt von Papa, Milchmus; dieweil die Kinderwärterinnen vor diesem diesen Samen unter das Mus für die Kinder mengten, welches sie auch noch wol heut zu Tage thun, ob es gleich übel gethan ist, damit sie dieselbigen in Schlaf bringen und ihnen das Reissen im Leibe stillen mögen. Ich sage, es sey übel gethan, wann sie es ohne Vorwissen und Verordnung des Medici vornehmen: dann sie können es den Kindern zu einer solchen Zeit eingeben, da es denenselbigen höchst schädlich ist; oder, sie können ihnen zu viel davon geben, daß sie darüber in den ewigen Schlaf gerathen.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 835-837.
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