Tamnus

Tamnus.
Tamnus.

[1107] Tamnus.

Tamnus.

frantzösisch, Sceau de Nôtre-Dame, oder Racine vierge.

teutsch, Stickwurtz.

Ist ein Kraut, dessen es zwey Sorten giebet.

Die erste wird genannt

Tamnus racemosa, flore minore luteo pallescente, Pit. Tournef.

Vitis nigra quibusdam, sive Tamnus Plinii, folio Cyclaminis, J.B. Raji Hist.

Bryonia nigra sylvestris, Ger. Park.

Bryonia lævis, sive nigra racemosa, C. B.

Sigillum beatæ Mariæ officinarum.

teutsch, schwartze Stickwurtz.

Die treibet einen Hauffen dünne Rancken ohne Gäbelein, die erheben sich in die Höhe, indem sie sich um die nahe dabey stehenden Gewächse schlingen und winden. Ihre Blätter sitzen eins ums ander an langen Stielen, sehen fast aus als wie die am Cyclamen, sind aber zwey bis dreymahl grösser, und mehrmahls spitziger, sehr schöne gleissend grüne, zarte und haben einen schleimigen Geschmack. Die Blüten entspriessen aus den Winckeln zwischen den Blättern und den Stengeln, sie stehen Träubleinweise bey einander, und eine jede siehet wie ein kleines Becken, das insgemein sechsmahl zertheilet ist, von Farbe gelbgrünlicht oder bleich. Etliche setzen nicht an, sondern fallen ab, und hinterlassen keine Frucht: die aber angesetzet haben, lassen eine rothe oder schwärtzlichte Beere, die beschliesset ein Häutlein oder Hülse voller Samen. Die Wurtzel ist groß und dick, knollig und fast gantz rund, auswendig schwartz, inwendig[1107] weiß; sie steckt tieff in dem Lande, und schmeckt gar scharff.

Die andre Sorte heist

Tamnus baccifera flore majore albo, Pit. Tournef.

Bryonia nigra baccifera, Park.

Bryonia lævis, sive nigra baccifera, C.B.J.B. Raji Hist.

teutsch wilde Stickwurtz, Hirschwurtz.

Die treibt, als wie der Weinstock, lange, holtzige und eckigte Rancken, die kriechen überall herum, hencken sich ohne Gäbelein an die nahe stehenden Bäume und schlingen sich darum herum. Die Blätter sehen wie die an der Winde, sind aber vielmehr ausgeschweiffet, gleissend und aderig, sitzen auf langen Stielen. Die Blüten sehen wie die an der ersten Sorte, sind aber um ein gut Theil grösser und weiß. Die Beeren wachsen eintzeln und nicht gar weit von einander; jedwede sitzt auf einem kurtzen Stiele, der aus dem Winckel zwischen Blatt und Stengel hervor kommt. Diese Beere ist nicht viel kleiner als wie eine Kirsche, zu Anfang grün, wird aber, wann sie reiffet, roth: darinne finden sich vier bis fünff ziemlich dicke, rund und schwartze Samenkörner. Die Wurtzel ist lang und dick, voll leimigen Saftes.

Beyde Arten wachsen in den Höltzern: sie führen viel sal essentiale, Oel und phlegma.

Ihre Wurtzeln eröffnen starck und führen das Wasser bey Wassersüchtigen gelinde ab: wie ingleichen den Schleim und andre Feuchtigkeiten, befördern auch die Weibliche Reinigung und den Harn, wann sie als ein Pulver oder abgesotten gebrauchet werden. Manchmahl werden sie auch mit gar gutem Erfolg äusserlich gebrauchet und geschabet, zum zertheilen und stärcken auf die Wunden geleget, desgleichen auf die Geschwulst und Beulen, von groben Feuchtigkeiten entstanden, auch manchmahl die Eyterung zu befördern.

Quelle:
Lemery, Nicholas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721., Sp. 1107-1108.
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