Die blauen Augen

[257] Will noch die schwartze Nacht den Tag bestreiten/

Und als ein irrend Licht bey duncklen Zeiten

Der übereitlen Welt/

Die/ was ihr wohlgefällt/

Für einen Abgott hält/

Den Sinn verleiten?


Des Monden Silber kan bey Nacht erquicken/

Und durch den Schatten bricht der Sterne Blicken.

Ein stoltzer Diamant

Der Dunckelheit verwandt

Muß manche Fürsten-Hand

Vor andern schmücken.


Doch/ kan der Mond den Glantz der Sonn erreichen?

Will sich der Sternen Licht dem Tage gleichen?

Und muß der Demant nicht

Wo des Carfunckels Licht

Durch Nacht und Schatten bricht/

Mit Scham entweichen?[257]


Verliebte/ wollt ihr wohl die Schiffahrt enden/

Und an den sichern Port des Glückes länden.

Last blauer Augen Schein

Der Liebe Leitstern seyn/

So wird sich eure Pein

In Freude wenden.


Traut schwartzen Augen nicht und ihrem Blincken/

Wenn sie Sirenen gleich ins Netze wincken.

Sieht man in schwartzer Flutt

Voll Falsch und Wanckelmutt

Nicht offters Schiff und Gutt

Zu Grunde sincken?


Ein blaues Auge spielt mit sanfften Wellen:

Man sah aus blauer See die Venus quellen.

Was Wunder/ wenn noch izt

Cupido drinnen sizt/

Und goldne Pfeile spizt/

Die Welt zu fällen?


Welch kaltes Hertze will nicht Flammen fangen/

Wenn mitten in dem Schnee der Rosen-Wangen

Mit blauer Liebligkeit/

Daraus ihm selbst ein Kleid

Der Himmel zubereit/

Die Augen prangen!


Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 1, S. 257-258.
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