Des Portes

[79] Nichts/ was des Himmels Zorn auff unsre Schultern legt/

Was unsre Zärtligkeit mit Furcht und Schrecken trägt/

Nicht Sorge/ Leyd und Qual/ nicht Kummer/ Angst und Wehe/

Nicht Armutt/ Streit und Haß/ nicht Brand noch Wassers-Noth/

Nicht Hitze/ Kält und Frost/ nicht Hunger/ Mord und Tod/

Gleicht sich an Grausamkeit dem schweren Joch der Ehe.


Gesetze/ welches dient zum Hencker unsrer Lust/

Durch dessen rauhen Zwang entsteht in unsrer Brust

Verachtung/ Eyffer/ Neyd/ Verdruß und Widerwillen!

Gefängnis/ welches Leib und Geist zugleich bestrickt/

Gifft/ welches unsre Rast und Ruh zu Grabe schickt/

Das zu vergleichen steht den bitter-süssen Pillen.[79]


Man sagt/ als Jupiter Prometheus kühne That

Zur Straff in vollem Grimm und Zorn gezogen hat/

Als sein verfluchter Leib den Vogeln ward zur Speise/

So habe sich noch nicht sein Eyffer abgekühlt;

Damit man nicht wie vor mit seiner Gottheit spielt/

Strafft er die arme Welt auff mehr denn eine Weise.


Es wird ein Weib von ihm den Menschen zugeschickt/

Der Lieb- und Freundligkeit aus ihren Augen blickt.

Die Alabaster Hand trägt alles Ubels Saamen

Gefüllet in ein Horn/ Furcht/ Feindschafft/ Traurigkeit/

Die Sorge samt dem Schmertz/ das Alter/ böse Zeit

Und was man auff der Welt hat vor verhasste Nahmen.


Aus ihrer Stirne macht die Venus Helffenbein/

Apollo flösset ihr beliebte Reden ein/

Ihr Hertze stält Vulcan/ Mars giebet ihr zur Steuer

Den kühn- und frechen Mutt/ den man noch heute schaut.

Der Mensch erkieset sie alsbald zu seiner Braut/

Wie wird doch ihm und uns die schnöde Wahl so theuer!


Hiervon soll der Tyrann/ der Ehstand/ kommen her:

Zu herrschen über uns ist einig sein Begehr/

Die Freyheit/ seinen Feind/ kan er nicht um sich leiden:

Sein Auge winckt/ es lacht der Mund/ uns lockt die Hand/

Den/ der zu nahe traut/ umfast ein solches Band/

Daß ihn der blasse Tod allein davon kan scheiden.


An seiner Seiten hält die Mühsamkeit die Wacht/

Der Fleiß/ die Arbeit giebt auff Thun und Wincken Acht.

An der Trabanten statt pflegt um thn her zu lauffen

Neyd/ Eyffer/ nebst der Furcht/ die unbekannte Pein/

(So schätzet sie der Wahn) Actäons Hirsch zu seyn/

Die späte Reue sieht man schlüssen diesen Hauffen.


Die blasse Traurigkeit/ der Zorn verfolgen ihn/

Die Liebe/ wo er herrscht/ pflegt weiter fort zu ziehn/

Die seiner Grausamkeit soll Deck und Larve geben.

Denn sie von langer Zeit zu siegen abgericht/

Ihr eigen Ober-Herr kennt kein Gesetze nicht/

Läst keinen schnöden Zwang an ihrem Hofe leben.[80]


Der Dichter Schaar erzehlt von Plagen ohne Zahl/

Vom Steine Sisyphus und von Ixions Qual/

Vom schwartzen Cerberus und von Megärens Schlangen/

Und was sie uns noch mehr Erschrecklichs bilden für:

Diß alles geht noch hin: viel schwerer scheinet mir

Zu leiden/ wen das Joch der Ehe hält gefangen.


In ein Gefängnis seyn versteckt auff Lebens-Zeit/

Ertragen tausend Müh und Widerwärtigkeit/

Ein greulich Weib bey sich im Hauß und Bette wissen/

Sie hütten/ wo sie schön/ nachforschen was man sagt/

Mit steter Furcht/ mit Zorn/ und Sorge seyn geplagt/

Ist mehr als Tityus von seinem Geyer büssen.


Ich schweige/ was uns mehr vor Kummer wird gemacht/

So manchen schweren Tag/ so manche böse Nacht/

So manch verdrüßlich Wort/ und so viel herbe Klagen:

Wer diese zählen will/ wird eh der Sternen Heer/

Die Blumen durch den Mäy/ den leichten Sand am Meer/

Die Aehren durch das Feld in ein Register tragen.


Warum denn brauchen wir Vernunfft und Augen nicht/

Zu fliehen diesen Ort wo andern weh geschicht!

Warum denn wollen wir nicht diesen Abgrund meyden?

Selbst unser Untergang gefällt uns allzuwohl/

Wir schmieden dieses Schwerdt/ das uns verletzen soll/

Und suchen uns den Fels/ an dem wir Schiffbruch leiden.


Hielt unsre Augen nicht ein tieffer Schlaff verblendt/

Es würde die Gefahr am Hochzeit-Tag erkennt/

Und was vor Glück und Lust ins künfftig sey zu hoffen.

Der hellen Fackeln Brand stimmt unserm Brande bey/

Der Musicanten Schall/ die Unruh/ das Geschrey/

Scheint unser künfftig Leyd und Leyden auszuruffen.


Hört Menschen/ die ihr nicht auff rechtem Wege seyd/

Und eilet gleich/ als blind/ in schwere Dienstbarkeit/

Seht auff das mindste wie und wen ihr sollet nehmen:

Bringt euch ein reiches Weib viel Schätz und Gütter ein/

So muß eur Ohre taub/ die Zunge stumm zu seyn/

Das Auge nicht zu sehn sich alsobald bequemen.[81]


Was bildet ihr nicht ein ihr auffgeblasner Geist/

Der den verachten Mann bald so/ bald anders heist/

Und täglich/ daß er ihr nicht werth noch würdig/ saget?

Was sie gedenckt und thut ist voller Tyranney.

Ein Sclave/ welchen stets der schweren Geissel Bley/

Der harte Prügel treibt/ ist nicht/ wie er/ geplaget.


Bringt sie die Armutt euch zur Steuer in das Hauß/

So weichet alle Lust und alle Freude draus/

Der nackten Kinder Last/ die Brodt zu heischen pflegen/

Der leeren Kasten Zahl/ des Mangels Uberfluß

Macht/ daß man Tag und Nacht in Sorgen leben muß.

Da/ wo die Armutt ist/ kömmt alles ungelegen.


Nehmt ihr ein schönes Weib/ so dencket zuvorhin/

Daß Furcht und Sorge nie von eurer Schwelle ziehn/

Des Nachbars Blicke kan eur Eyffer nicht verbitten/

Ihr stellt ein jeder nach: Wer jeden hindern will

Der richtet wenig aus und unterfängt sich viel/

Ein schönes Frauensbild ist sehr beschwert zu hütten.


Nehmt ihr ein häßlich Weib/ Vergnügen gutte Nacht!

Aus eurem Hauße wird ein Kercker euch gemacht/

Kein Sonnenschein wird euch erfreuen oder plagen/

Die Thränen sind eur Tranck/ Betrübnis eure Kost.

Denckt bey euch selber/ was ihr haben könt vor Lust/

Des schönsten Weibes kriegt man satt in dreyen Tagen.


Wen ein vergiffter Pfeil von Amors Bogen trifft/

Der brauche nur alsbald das starcke Gegen-Gifft:

Es wird ihm Lieb und Lust in kurtzer Zeit vertreiben.

Hat dein verliebtes Hertz entzündet fremde Zier:

Begehrstu kalt zu seyn? vermähle dich mit ihr.

Kein besser Mittel kan Hippocrates verschreiben.


O Leben/ welches uns das Leben sauer macht/

Tod/ den der Tod allein kan tödten/ gutte Nacht!

Zur Rache müsse sich mein ärgster Feind vermählen.

Mein ungezwungner Geist bleibt von dir ungefällt/

Die Freyheit gehet mir vor alles in der Welt/

Ich will mir eh ein Grab/ als eine Frau erwählen.

Quelle:
Hans Aßmann von Abschatz: Poetische Übersetzungen und Gedichte. Bern 1970, 4, S. 79-82.
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