Ahndung

[44] Laue Lüfte säuseln,

Und die Wellen kräuseln

Flüsternd sich im Meer;

Mondenstrahlen beben

Auf der Fluth und schweben

Glänzend hin und her.


Holde Melodieen

Aus der Ferne ziehen

Klingend durch die Nacht;

Und die Espen zittern,

Wie in Ungewittern

Wenn der Sturm erwacht.
[44]

Ist es Geisternähe,

Die mit Wohl und Wehe

Schauernd füllt mein Herz?

Steigen Engellieder

Aus den Lüften nieder,

Lindernd meinen Schmerz? –


Süsse Fantasieen,

Eilet nicht zu fliehen,

Labt den matten Sinn.

Ach in höh're Räume

Ziehn der Ahndung Träume

Mitleidsvoll ihn hin.
[45]

Quelle:
Charlotte von Ahlefeld: Gedichte von Natalie. Berlin 1808, S. 44-46.
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