Ein Brief

[37] Ich schrieb einer süßen Gefallenen einen begeisterten Brief, schilderte ihr darin alle ihre Vollkommenheiten, vom Kopf bis zu den Zehen – – –.

Sie ließ mich nachts im Café L. an ihren Tisch bitten durch den Kellner.

»Sö haben mir an Brief g'schrieben?!?«

»Ja, bitte, jawohl, ich habe mir erlaubt, Fräulein – – –.«

»Was hat dös für an Zweck?!?«

Späterhin erfuhr sie, wer eigentlich dieser Briefschreiber sei.

Da sagte sie denn häufig zu ihren Herren: »Ob ihr's glaubt oder net, der Peter Altenberg hat mir an riesig begeisterten Brief g'schrieben. Kommts z'Haus mit mir, da zeig' ich ihn euch – – –.«

Und so hatte denn mein Brief dennoch in gewisser Hinsicht einen Zweck gehabt.[37]

Quelle:
Peter Altenberg: Märchen des Lebens. Berlin 7–81924, S. 37-38.
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