Sie erfreut sich der erzeigten Gnade Gottes

[307] 1

Steh auf, du strenger Nord,

Steh auf und pack dich fort.

Der Frühling ist vorhanden

In allen meinen Landen.

Ich bin Gott Lob erwarmt,

Er hat sich mein erbarmt.


2

Der Westwind seiner Hold,

Der hat mir wohl gewollt.

Er hat die Kält und Schmerzen

Verjagt aus meinem Herzen,

Hat den verstarrten Sinn

Erweichet und dahin.
[307]

3

Nun läßt die Turteltaub

Sich hören auf dem Laub.

Es grünt meins Geistes Anger

Und geht mit Blumen schwanger.

Ich bin nun voller Freud

Ob der Genadenzeit.


4

Dem höchsten Gott sei Dank

Mit ewgem Lobgesang.

Es preise seine Güte

Mein Herz und mein Gemüte.

Es mach ihn groß mein Mund

Und tu sein Allmacht kund.


5

Er wolle doch forthin

Regieren meinen Sinn,

Mein Herz aufs neu entzünden

Und mehr mit ihm verbinden,

Daß ich mit heilger Brunst

Beharr in seiner Gunst.

Quelle:
Angelus Silesius: Sämtliche poetische Werke in drei Bänden. Band 2, München 1952, S. 307-308.
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