Er entsaget ihrer liebe.

1.


Schaff endlich deiner lieb und deinem rasen rath;

Laß diesen fremden gast nicht lange bey dir liegen /

Du siehst wie Marmorill ist listig zu betrügen /

Und daß ihr mund den schertz zu einem bürger hat.

Verwundre nicht den stern von ihrer süssen gnad /

Es ist ein irrwisch-licht / das in die lufft wird fliegen /

Ein hochbehertzter muth muß solchen tand besiegen /

Der tugend von sich stöst und liebet missethat.

Du als ein freyer sinn wilst dich so knechtisch schmiegen.

Vor der / die geilheit pfropfft / und eine unglücks-saat

Dem hertzen einverleibt. Wer ist je hoch gestiegen?

Der Liebe / wein und weib zu seinem beystand bat.

Laß das verhängnis dis nach seinem willen fügen /

Und folge wie du solst der edlen tugend pfad.


2.


Sol denn ein hulder kuß dein einger nordstern seyn

Wornach der brunst compaß mit allem fleiß will springen?

Soll er dein wohlfahrts-schiff in sichern hafen bringen?

Nein / nein du irrest weit / das bilde dir nicht ein /

Halt flack und seegel auf / es ist ein irrlichts-schein.

Gedencke / daß es auch pflegt andern zu gelingen /

Daß sie umb ihren hals die warmen armen schwingen /

Und küssen in der brunst ihr klares helffen-bein.

Und ob dein schwaches hertz zwar glimt von solchen dingen /

Die in der flamm und glut vermehren deine pein /

So lescht sie doch ihr schnee und kalter kieselstein /

Indem ein frembder wird dein himmel-brodt verschlingen /

Und saugen von dem mund den süssen götter-wein /

Weil das / was du geneust / auch andern ist gemein.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Erster [bis dritter] Theil, Band 3, Leipzig 1697-1703, S. 29.
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