CXXX.

[153] 1. Sich klagt der vollen brüder orden,

der wirth der hat uns trucken geschoren,

Er hat uns geben dreyerley kost,

hunger, durst, und grossen frost,

Schir mir nicht mehr.[153]


2. Darzu hat er ein sawren wein,

der teuffel sol sein gast mehr sein,

So hat im haus kein semmel er,

in sein haus kom ich nimmermehr,

Schir mir nit mehr.


3. Das rocken brot das ist jm thewr,

so hat er weder holtz noch fewr,

So hat er weder spän noch kol,

dabey man sieden und braten sol,

Schir mir nit mehr.


4. Der wirth ist tugenthafft, und from,

er geit wenig zu essen, und nimpt viel drumb,

Die speis ist kalt, der wein ist warm,

er ist ein wirth das Gott erbarm,

Schir mir nit mehr.


5. Das kraut das ist sein beste speis,

ein suppen darin schwimt umb das fleisch,

Gleichwie, ein feder an dem wind,

Gott geb jm das er gar erblind,

Schir mir nit mehr.


6. Er gab uns ein fleisch das was kalt,

und was wol dreyer tage alt,

Und ein suppen was nichts mehr werth,

die hat der hund beim herd umbkehrt,

Schir mir nit mehr.


7. Er gab ein kraut was nit geschmaltzen,

darauff das fleisch war nicht gesaltzen,

So war der braten innen blutroth,

auch gab er uns ein schimligs brot,

Schier mir nicht mehr.


8. Der wirth der ist fürwar der best,

er nimpt die kreiden tröst die gäst,

Wenn er ein kanden wein tregt her,

so setzt er zwo ist on gefehr,

Schir mir nit mehr.


9. Der wirth acht keiner sünd noch schand,

er nimpt das zalbret von der wand,[154]

Ihr lieben gäst seid wolgemut,

geb einer fünff batzen, und nemet für gut,

Schier mir nit mehr.


10. Den wirth den wolt ich nennen gern,

ich mein er kan den gästen schern,

Von jn nimpt er das gelt gar schon,

der teuffel geb jhm seinen lohn,

Schier mir nit mehr.


11. Die beth sind gewaschen mit gantzem fleis,

sie stecken gar vol flöh und leus,

Und welcher daran schlaffen sol,

dem geschicht leider nit sehr wol,

Schier mich (so) nit mehr.


12. Wenn er zu morgens frü auffsteht,

der wirth wol in dem haus umbgeht,

Jr lieben gäst jr seid wol gelegen,

es mus mir ein jeder ein schlaffpfenning geben

Schier mir nit mehr.


13. Seh hin wirth da hastu zween,

ich was fro das ich auff solt stehn,

Mir geschach so weh die heindig nacht,

der teuffel hat uns zu dir bracht,

Schier mir nit mehr.


14. Damit so scheiden wir dahin,

mich rewet das ich blieben bin,

Der liebe Gott wöll uns bewarn,

fürwar er hat uns trucken geschorn,

Schir mir nit mehr.


15. Das ich jetzund gesungen han,

die frommen wirth geht es nicht an,

Eim jeden schnöden wirth ichs schenck,

daraus was recht ist er bedenck,

Schier mir nit mehr.


Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 153-155.
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