CCXXVII.

[328] 1. Wiewol ich arm und elend bin,

so hab ich doch ein steten sinn,

hoffnung thut mich ernehren

Was mir von Gott bescheret ist,

mag mir kein mensch nit wehren.[328]


2. Viel falscher zungen die hassen mich,

ich hoff es sol sie helffen nit,

Gott ist voll grosser güte,

Dem ich mich allezeit befilch,

der wird mich fein wol behüten.


3. Und weren der neider noch so viel,

noch geschicht was der liebe Gott haben wil,

Gott ist mein trost auff erden,

So beschwer ich doch bey meinem eyd,

kein lieber solt mir nit werden.


4. Mein hertz das ist betrübet sehr,

Gott alle ding zum besten kehr,

ich fahr dahin mit schmertzen,

Und sihe das ichs nit wenden kan,

Gott tröst alle betrübten hertzen.


5. Fehrstu dahin und lest mich allhie,

was lessestu mir zu der letzten hie,

das ich mich leids ergetze,

Mein lieb und auch mein stetigkeit,

las ich dir feins megdlein zu der letzten.


6. Nun wend nun wend unglück von mir,

las stets freude sein bey dir,

wend mir mein heimlichs leiden,

Hilff reicher Christ von himmels thron,

hilff uns zusammen beyden.


7. Dein stirnlein weis, dein äuglein klar,

ich preis auch dein schön gelbes haar,

dein mündlein wolgezieret,

Dein hendlein weis durch Gottes fleis,

dein leib wol personiret.


8. Dein lachen steht dir höfflich an,

darumb dich loben fraw und man,

darzu die jungen knaben,

Auch ist mein hertz in lieb entbrent,

kein ruh mag ich nit haben.[329]


9. An dir ich nun nit mehr beschreib,

denn artlich ist geziert dein leib,

höfflich bistu von sitten,

Züchtig dein zung, feins megdlein jung,

die nie keins knebleins ehr verschnitten.


10. Nun schaw nun schaw ach megdlein rein,

las mein lieb gegen dir nicht verloren sein,

gib du darein dein willen,

Denn ich dich gantz von hertzen mein,

du wöllest mein jammer stillen.


11. Ich bitt dich feins jungfrewlein,

las mich dir stehts befohlen sein,

mein hoffnung thu erhalten,

Und sol kein not, denn allein der todt,

auff dieser erden zerspalten.


12. Nun gesegen dich Gott mein megdlein schon,

du bist meins hertzen ein werde kron,

ein trewer schatz auff erden,

Ich hoff auch dich, glaub sicherlich,

du werdest mir noch werden.


13. Und ob ich gleich jetzt fahr dahin,

doch steht wider zu dir mein sinn,

gibt Gott glück mit freuden,

So kompt die zeit, die ist nit weit,

die wider erfrewt uns beyde.


14. Ach wehe mir armes knebelein,

das ich mus von der liebsten mein,

ach ich kans jr nicht wenden,

Hilff mir aus not, o trewer Gott,

und tröst mich armen elenden.


15. Und ob ich dich ja meiden solt,

im elend ich ersterben wolt,

wolt auch meiden weltliche freude,

Auch mus mein hertz mit grossen schmertz,

ein sege im leib zerschneiden.[330]


16. Und als das megdlein das erhört,

sie sprach zu mir ein freundlichs wort,

sie sprach fahr hin in freuden,

Das dich der liebe Gott beleit,

in liebe und auch in leyde.


17. Sie hub heis an zu weinen sehr,

sie sprach feins lieb herwider kehr,

ich wil dich nicht auffgeben,

Bitt du für mich, als ich für dich,

Gott behüt unser beyder leben.


18. Sie macht mir auch ein krentzelein,

von rosmarin vergis nit mein,

das soltu von meinet wegen tragen,

Den falschen kleffern zu neid und haß,

das wil ich feins lieb von dir haben.


19. Und der uns dieses liedlein sang,

ein freyer student ist ers genandt,

er hats gar wol gesungen,

Er hat ein feins jungs megdlein im hertzen lieb,

er bleibt wol unverdrungen.


20. Er singt uns das und noch viel mehr,

Gott behüt allen zarten jungfrewlein jhr ehr,

darzu allen frommen knaben,

Die aus jhrem frischen freyem mut,

wol uber die heyde traben.

Quelle:
[Anonym]: Das Ambraser Liederbuch vom Jahre 1582. Stuttgart 1845, S. 328-331.
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