[30. Kapitel]

Wie zwen Lale mit einander die Häuser vertauschen.

[109] Die Lale waren handlich daran mit jhrer Narrey /vnnd trieben solche so viel / daß sie es in Gewonheit brachten. Vnd wie sie am ersten auß zeittigem vnnd wolbedachtem rhat die Thorheit angefangen hatten /also schlug sie jhn hernach in jr Natur vnd Art / also daß sie fürohin nicht mehr auß Weyßheit Narrey trieben / sonder auß rechter erblicher angeborner Thorheit. Vnd wer hie diesen spruch / Consuetudo est altera Natura (dz ist: Was gwohnet ward / Schlegt in die Art) nit glauben wölte / der wurde von disen Bauren vberzeugt worden / daß ers glauben müste / oder er wer wol ein Sch. Dann sie nichts mehr thun könten /es war alles närrsch / es war alles lauter Narrey vnd Thorheit / was sie gedachten / geschweig erst was sie anfiengen.

Also waren zwen vnter jnen / die hatten etwan gehört / dz die Leut zun zeitten mit tauschen viel gewonnen hatten / daher sie bewegt / wolten jhr Heil auch an einandern versuchen vnd wagen / werden also eins / vmb jre Häuser mit einandern zutauschen. Solches aber geschahe beym Weyn / als sie deß Keysers Letze verzechten. Wie dann solche sachen gerne pflegen zugeschehen / wann der Wein eyngeschlichen /vnd die Witz außgewichen ist.

Als nun jeder dem andern sein Hauß eynraumen solt / nam der eine / der wohnet zu oberst im Dorff /sein Hauß (dann dazumal hatten die Bawren noch nicht so grosse Palläst / als sie jetzund haben) führt dasselbige stuckweiß in das Dorff hinab: der ander aber / welcher zu vnterst im Dorff gewohnet / das seine dargegen hinauff / hatten also einandern[109] den tausch gehalten vnd geliffert. Wer lachet doch? Ey lieber lachet. Oder ist es nit lachens wert / so saltzt es mit dem nachfolgenden / so wirds wolgeschmackt werden. Man muß ja eins mit dem anderen verkauffen / vnd also böses mit gutem vertreiben.

Quelle:
[Anonym]: Das Lalebuch. Stuttgart 1971, S. 109-110.
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