[38. Kapitel]

Wie ein Lale seines Pferds schonet / aber dasselbige verlohre / inn dem er begeret der Laleburgern

Ehre zuerretten.

[125] Ein Laleburger hette gehört / daß man niemand zuviel zumuhten / vnd keinem mehr als er ertragen möge auffladen solle. Deßhalben pflegt er allzeit / wann er das Mäl solte heim führen (dann er war ein Müller /gewißlich frömmer als sie sonst gmeinlich sind) auffs Roß zusitzen / vnd die volle Seck mit Korn oder Mäl auff die Achseln zunemmen / damit er das arme Thier nit zuviel beschwerete. Mancher Herr vnd Fraw theten solchs nit mit jhren Diensten: welche wann sie sie gar zu Eseln könten machen / wurden sie sich nit lang saumen.

Dieser Müller Lale / reit auff ein zeit ab dem Felde heim zu / vnnd siehet vnd hört einen frembden Gauch auff einem Baum mit jhrem Gauch einen scharmutz halten: dann[125] sie zuvor ein gutte weil ab zweyen Bäumen wider einander gekucket hatten. Wie aber der Lale sahe / daß der frembde Gauch seinem Gauchen mit kucken vberlegen war / etwann fünfftzehen oder mehr Kuckguck mehr kucket / dann aber der seine /stieg er zornig von seinem Roß ab / vnnd auff den Baum zu seinem Gauch hinauff / vnd halff jhm so viel vnd so lang kucken / biß der frembde Gauch vberwunden war / vnd Haar lassen must.

Hierzwischen kompt ein Wolff / vnd frisset jhm sein Pferd vnterm Baum: noch wolt der Lale nicht herab / biß der frembde Gauch gar verjagt were: darumb must er hernach zu Fusse heim reitten / auff seiner Mutter Füllin.

So bald er aber heimkommen / erzellet jhr E.W. was er von wegen deß gemeinen Nutzes für Ehr vnd Rhum habe eyngelegt / in dem er jrem Gauch gegen dem frembden Gauch hilff vnd beystand geleistet: dargegen aber habe er ein kleinen schaden erlitten. Dann dieweil er im grösten ernst vnd treffen mit dem frembden Gauch gewesen / habe jm vnter deßn ein Wolff sein Roß gefressen: daß jhms der Teuffel gesegne. Solches wölle er jnen also guter meinung angezeigt haben / ob sie jhm zu einem andern Pferd behülfflich wolten sein. Als der Schultheß vnnd die Gemeinde jhres Mitburgers rede vernommen / haben sie vnbillich geachtet / daß einer / der so fleissig vnnd ernstlich der gantzen Gemein Ehr vnnd Namen bedacht hette / darob schaden solte leiden: beschlossen derowegen / daß jhme auß dem gemeinen Seckel ein ander Roß gekaufft / und noch ein verehrung darzu gegeben werden solte. Das beschahe auch.[126]

Quelle:
[Anonym]: Das Lalebuch. Stuttgart 1971, S. 125-127.
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