XII. Die listige [17] Fontimama.

Mit grosser Verwunderung lieset man von den sonst klugen Spartanern / daß der Diebstal ihrer Jugend frey gestanden / und derjenige / der etwas unvermerckt weg practiciren können / gelobet; der aber / der sich auff der That ertappen lassen / nicht wegen des Diebstals / sondern wegen seiner Trägheit / sey abgestraffet worden. Es scheinet / das den Sclaven zu Algiers auch ein solches Gesetz gegeben / sintemahl sie sich dermassen in dieser Kunst üben / das man bekennen muß / die Gaudiebe zu Paris können diesen das Wasser nicht reichen / wie solches folgende Exempel darthun werden:

Fontimama, mit seinem rechten Tauf-Nahmen Emanuel / ein Italiänischer Schlave / hat durch seine langwierige Erfahrung und Geschwindigkeit diesen Nahmen verdienet / daß er / absonderlich der Dieb bey Christen und Türcken genennet worden. Er war des Alli Pisselings Sclave / weil nun der Herr ihm so wenig als den andern zum Unterhalt reichte / so wuste er sich seiner Finger Geschwindigkeit dermassen zu bedienen / das man gestehen muste / es habe die Natur an ihm ein Meisterstück erwiesen / und einen vollkommenen Dieb an ihm fürgestellet. Er war bey einem jeden gefürchtet / und von andern / die seine Kunst-Griffe gern lernen wolten / sehr beliebet / auch mangelte es[17] ihm niemahls an Gelegenheit / mit andern seinen Freunden ein gut Leben zuführen. Vormittags könte er so viel stehlen / als er den Mittag den Gästen vorzusetzen nöthig hätte.

Einsmahls nöhtigte er Reinhard Saldens / einen fürnehmen Sclaven / gegen Mittag zu Gaste: Jener erschien zu bestimbter Zeit / fand aber nichts zu beissen oder zu brechen. Fontimama bath seinen Gast / einen Spatziergang mit ihm zu thun / und selbst anzusehen /wie er einkauffen könne. Führte ihn also bey einige Juden; Diese sitzen auff den Ecken der Gassen mit einem kleinen Tische / und wechseln Reichsthaler gegen Aspern ein. Fontimama trat hinzu / zeigte dem Juden einen guten halben Reichthaler / mit Begehren /olchen umbzusetzen / der Jude war willig / und zehlete all sein Bestes / und Fontimama wuste so zierlich seiner Finger sich zu gebrauchen / daß ein falscher halber Thaler an des guten Stelle zu liegen kam / und die Aspern mit Hauffen an die Seite flohen: Wie die Summa abgezehlet / wolte der Jude den halben Thaler noch eins besehen; fand aber / daß er umbgetauschet /foderte also seine Asper wieder / und warff dem Fontimama sein falsch Geld für die Füsse. Dieser nicht faul / er warff nach einigen Scheltworten / als wen ihm groß Ungleich geschehen / die Asper über den Tisch / das eins hie / das ander dahin außsprang / ob die Zahl richtig gewesen / kan ein jeder erachten / wie er mit seinem Gast in Bain kam / hatte er so viel erworben / daß sie wie Printzen leben könten. Auff eine andere Zeit gehet er über die Gasse / und siehet / daß ein Türck Geld wechseln lässet; Er schleichet geschwind hinzu / und hat im Augenblick des Juden Kasten / darin eben für 16[18] Thaler Aspern wahren / gefasset / gehet damit sachtes Schrits seiner Wege / biß auff die nechste Ecke / da er seine Füsse so wohl arbeiten ließ / daß sie ihn in kurtzer Zeit in dem Bain brachten / und alle die ihm nacheylten in dem Wahn ließ / er wehre verschwunden.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 17-19.
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