CLXXVII. Der vorsetzliche Hanrey.

[394] Es hat der Hertzog von Ossuna / Königl. Spannischer Vice-Roy zu Neapolis viel denckwürdige Reden und Thaten der Nachwelt hinterlassen / deren etlicher an andern Orten gedacht. Unter seinen Reden ist bekant das Urtheil / welches er in einer Testament-Sache gesprochen / daß die Jesuiten einem Sohne / von ihnen vermachter Erbschafft geben solten / was sie wolten /nemblich den besten Theil. Unter seinen Thaten ist nachgehende fast die lustigste / und billichste Bestraffung eines bösen Willens. Cornelio / also nennen wir ihm / welcher sich selbst mit Hörnern krönen wollen /wann es nur seine Frau hatte zugelassen.[394] Cornelio /sage ich / hatte in seinem hohen Alter Holtz in eine frembde Küche zutragen vermeint / da doch sein Haubt grau / und solche Schneeberge sicherer Anzeigungen daß der Thal kalt und frostig. Dieser alter Bock verliebte sich in eine junge und sehr schöne Jungfrau / Nahmens Idolta / welche mit ihrem Bruder der Auffsicht eines Vormunds Vater geben war / weilen ihre Eltern durch den frühzeitigen Todt hingerissen / unn sie als eine Vater- und Mutterlose Wäisin hinterlassen / deßwegen der Alte verhoffet / so viel leichter mit einem güldenen Thür-Brecher einzukommen. Als er aber bey dem Vormunde wegen seiner schönen Pfleg-Tochter Meldung gethan / siehet er wol / daß sich dieser zu seinem Kuppler nicht wil bestellen lassen / massen er ihr an Vaters statt vorgesetzet /und viel zu ehrlich zu solchem böß ausschlagenden Handel. Was thut aber der listige Huren-Hängst? Er richtet sich an Victorian der Jungfrauen Bruder / dem verehrt er / leihet ihm / bittet ihn zu Gast / und macht solche Vertrauligkeit mit diesem Jüngling / daß er ihm endlich sein Anliegen und brünstige Neigung gegen Idoltam offenbahret / und bittet / ihm beförderlich zu seyn. Er hätte ein Eheweib / und könte sich also für keinen Freyer / sondern nur für einen und zwar alten Buhler dargeben. Victorian lachet dieses Gecken / und sagt / daß er ihme in alle Sachen / welche nicht wieder Ehre lauffen / zu dienen schuldig / in diesem aber könne er ihm keineswegs behülfflich seyn / weil sie seine leibliche Schwester / deren Tugend ihm wohl bewust / daß sie in dieser Versuchung leichtlich beharren wurde. Es sey besser mit solchen Werbungen zu Hause bleiben / als unverrichter Sache mit einer langen Nasen abziehen / etc.

Cornelio aber wil sich mit dieser Antwort nicht lassen abspeisen / sondern liegt Victorian bittlich an / er[395] solte ihme doch Gelegenheit zu seiner Schwester machen / er wolte es gegen ihme reichlich erkennen / und auch sie mit einer freygebigen Aussteure beschencken. Weil nun Victorian diesem Alten mehr schuldig als er bezahlen konte / muste er freundlich mit ihme reden /und dürffte ihn nicht alsobald abweisen. Mein Herr Cornelio / sagte er / ihr bietet mich / ich soll meiner Schwester zu Unehren helffen / mit was Angesicht solte ich ein so unverschammtes Begehren anbringen? Wurdet ihr wol für einen Freund / ich wil nicht sagen Bruder / halten der euch ersuchte / ihr soltet ihm euer Frau verkuppeln und zu Schanden bringen lassen. Were nicht so wol eure / als bey Idolta meine Ehre geschändet? Hieraus schliesset der Alte / daß Victorian in seine Frau / welche noch in dem Herbst ihrer Jahre bewiesen / daß sie in dem Früeling derselben schön gewesen / verliebet / und versprache ihme / seine Frau dahin zu bereden / daß sie seines Willens / gegen seiner Schwester mit ihme / werden solte. Anda des Cornelii Weib / war so redlich / daß sie nicht glauben wolte / was ihr Mann von Victorian schwetzte; Zu dem hätte sie dergleichen von diesem Jüngling niemals gehöret / sondern sahe wol / daß dieses zu dem Ende beschahe / damit er seine Liebe gegen Idoltam /zu Wercke stellen möchte. Als nun Victorian in Cornelio Hauß kame / hat sie ihn mit Schanden und Schmähen / der bösen Weiber Beredsamkeit nach ärgerligst empfangen. Als sie aber verstanden / daß er dergleichen Gedancken nie gehabt / und daß solches ihres Mannes Anstifftung / hat sie dieses Beginnen durch ihre Freunde bey dem Hertzogen anbringen lassen. Der Hertzog liesse Victorian für sich erfordern /erkündiget die gantze Sache / und befiehlet ihme / daß er Cornelium sol bereden / er habe nun seine Schwester dahin beschwätzet / daß er sein Verlangen begnügen[396] könne / wann er nur eben selber Nacht-Zeit / bey seiner Frauen möchte ein gelassen werden: Cornelio erlangte auch solches / vermeintlich von Anda (welche wol wuste daß es nicht Ernst) und fügte sich zu Nachts in Idolta Behausung / kan aber kaum den Fuß über die Schwelle setzen / so legten die Schergen Hand an ihn / und führten ihn in das Gefängnüß. Folgenden Tags lässet der Hertzog diesen vorsetzlichen Hanrey / auff einen Esel rückwerts setzen / zwey grosse Hörner auff das Haupt binden / und in der Stadt herumb führen / und durch den Diener ausruffen / daß dieser sich selbst zu einem Hanrey / und seiner Frauen Kuppler / wollen gebrauchen lassen. Uber diese Schand hat er ihm aufferlegt 3000 Kronen der Idolta zu einer Aussteure zubezahlen / und das Geld / so er Victorian geliehen / nicht mehr zu fordern. Dieses Urtheil ist von der gantzen Stadt gelobt / und zu des Königl. Stadthalters beharlichen Ehren-Ruhm / benebens andern merckwürdigen Sachen / aufgezeichnet worden.

Quelle:
Schau-Platz der Betrieger: Entworffen in vielen List- und Lustigen Welt-Händeln [...]. Hamburg, Frankfurt am Main, 1687, S. 394-397.
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