Sechste Szene


[84] Grillhofer. Dusterer.


DUSTERER. Is a kecker Ding, der Wastl! Ja, ja! Mein allweil, Hochmut kommt vorm Fall. Kunnt doch gschehn, wer weiß, wie bald, daß er entbehrli wurd. – Ja.

GRILLHOFER. No, no, nur vertraglich! Was sagst, du verzeigst ihm, wann d' ihm was nachtragn willst?

DUSTERER. Hat er s' angnommen, dö Verzeihung – hat er s' angnommen? Han?

GRILLHOFER. Ah was, aufm Stubenbodn wird er s' nit liegen lassen habn! – Solang ich die Augen offen hab, will ich net sehn, wie mein Anwesen zruckgeht, der Wastl is wie a Pfleger drauf. Tat keiner gut, der ihn weggab. Du verstehst dich a mehr aufs Himmelreich als auf d' Wirtschaft!

DUSTERER. Wohl, wohl. Z' wirtschaften hat's wenig gebn, da muß oans aufn himmlischen Vater vertraun. Daß ich sag, ja, daß ich sag, es war mir vorhin nur um die Pfeifen, weil a Anfeuchtung is beim Reden – weißt, mir redt sich trocken so schwer.

GRILLHOFER. D' Rosl muß eh glei ein Wein bringen.

DUSTERER. No, nochert is schon recht, nochert is schon recht. Dann wölln mer weiterredn. Mein Seel, ich bin so austrückert da hrum, als hätt mich die glütende Hölluft anblasen.

GRILLHOFER. Warst leicht unt auf ein klein Bsuch?

DUSTERER. Dös net, Schwager, dös net, aber glesen hab ich davon.

GRILLHOFER. In ein Buch stund's aufzeichnet?

DUSTERER. In ein großen, dicken Buch – wie dös, so dick –, sein auch Bilder dabei, alles, wie's zugeht; es ist grausam anzschaun, sag ich dir.[84]

GRILLHOFER. So, so, ja freilich, wann's beschriebn is, ja freilich nachher! – Mußt mir's lesen lassen!

DUSTERER. Gwiß, Schwoger, gwiß! Sobald soweit bist, daß dir einwendig denken kannst: »Dich trifft's neama, du bist draust!«, dann is aber a rechte Herzfreud, wann ma so davon lest und denkt sich all seine Feind und Unfriedmacher in die Qual hinein. Dös is dir a so a Vergnüglichkeit, wie beispielmäßig, wann's dir dein Anrainer die ganze Feldfrucht verhagelt, dir biegt's kein Halmerl um.

GRILLHOFER. Jo, aber wo bleibt denn da die christlich Nächstenlieb?

DUSTERER. Richtig, richtig, die hon ich beispielmäßig ganz vergessen. Aber wo bleibt denn der Wein?


Quelle:
Ludwig Anzengruber: Werke in zwei Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 21977, S. 84-85.
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