Von der Belagerung der Stadt Frankfurt, ein Lied im Ton: Frisch auf in Gottes Namen. 1552

[333] Fliegendes Blatt, gedruckt in Frankfurt.


(Die unterstrichene Worte sind Namen von Schanzen und Geschütz.)

Die Sonn mit klarem Scheine

Erglastet überall,

Die kühlen Brünnlein reine

Erlusten Berg und Thal,

Viel süßer Lüftlein Güte[333]

Von Auf- und Niedergang,

Aus freyer Stimm, Gemüthe,

Der hell Waldvöglein Blüthe

Frau Nachtigall erklang.


Des Walds, der Blümlein Ziere

Gab Wonn und Freudigkeit,

In deutschem Landreviere

War stille Sicherheit.

Der gütig Herr und Gotte

Sohn, Vater, heilger Geist

Erlöst aus aller Nothe,

Aus Teufels Macht und Tode

Sein göttlich Gnad uns reißt.


Stadt Frankfurt an dem Mayne!

Dein Lob ist weit und breit,

Treu, Ehr und Glauben reine,

Mannliche Redlichkeit

Hast du mit deinem Blute

Erhalten ritterlich.

Vertrau dem Herrn, du Gute,

Er hilft unschuldgem Blute,

Des sollst du freuen dich.


Ich ritt an einem Morgen

Mit Lust in grünem Wald,

Nach Wildes Spur ohn Sorgen,

Da sah ich mannichfalt

Von fernen einherbrechen

Viel Reuter und Landsknecht gut,

Mit Schießen, Rennen, Stechen,

Daß mancher zahlt die Zechen

Gar theuer mit seinem Blut.[334]


Die Stadt sie thäten beschießen,

Des achten wir gar klein,

Man ließ sie's wieder genießen,

Schenkt ihnen tapfer ein.

Aus Stücken, neuen und firnen

Hieß sie Gott willkomm seyn;

Es gab Köpf, Bein und Hirnen,

Ich mag nicht solcher Birnen,

Gott helf ihnen all aus Pein!


Der Rehbock sein Gehürne

Männlichen richtet auf,

Zerstieß manch harte Stirne

So fern in schnellem Lauf.

Der Kauz in grüner Auen

Auf seinem Zweiglein schön,

Thät manchen Vogel krauen,

Daß er sich mußte rauen,

Die Federn lassen gehn.


Ein Landsknecht schrie von ferne

Jetzt wehr dich unser Hahn,

O Bruder und Schwester gerne

Ist Beystand euch gethan,

Es fliehen Stephans Pfeile

Viel scharfer Nadeln geschwind,

Die alte Schlang mit Weilen

Thut 's Oechslein übereilen:

Her, her ihr bösen Kind!


Der Singerin Stimm so reine,

Ihres Liedleins Anefang

Hört man am Affensteine,[335]

Am Mühlenberg entlang.

Mit ihren Gespielen allen

Hält sie den Abendtanz,

Thät mancher übel fallen

Von Bollwerken und Wallen,

Erwart't nit dieser Schanz.


Es währt manch Nacht und Tagen,

Ist unsrer Sünden Schuld,

Dem Herren wollen wirs klagen

Und warten mit Geduld.

Frankfurt mit den Genossen

Warst du so gar verlorn,

Mit Feuer und Kugel beschossen,

Allein du trägst entschlossen

Die kayserliche Kron.


Quelle:
Achim von Arnim und Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. Band 2, Stuttgart u.a. 1979, S. 333-336.
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