Actus primus.

[1218] Kommt Medea mit Plagia, tragen ein Truhen mit allerley geschmucks.


MEDEA sagt.

Ach jhr Götter, wer hat euch ghört,

Daß jhr mit Gnad so hoch geehrt

Jasonem, den Königlichen Sohn!

Sein schön ich nicht außsprechen kan,

Sein wolredenheit, zier vnd jugent,

Sein höflich weiß, künheit vnd Tugent,

Sein außbündigen schönen Leib.

Ach daß ich werden sollt sein Weib!

Wie künd ich nur seliger sein?

Ach du Hertzallerliebster mein,

Mein einig freud vnd auffenthalt!

Saumb dich nicht lang! komm zu mir balt

Vnd erquick mein geprestes hertz,

Daß deinet halb hat grosen schmertz,

Ob du auch legst dein Lieb an mich!

Ach das dein hertz erkennet ich

In solchen gedancken, wie ich hab,

So gieng mein Lieb ohn frucht nit ab.

Nun, Plagia, richt auß eur gschefft

Vnd secht, das ihr Jason antrefft!

Den grüsset fleissig zu tausentmal!

Sagt jhm meins hertzens pein vnd qual,

Die ich von seinet wegen leid!

Sagt, jetzo sey die glegenheit,

Daß er zu mir kan kommen rein

In mein Gemach einig allein!

Ich vnd sonst kein Mensch kan jhm sagen,

Wie er den Trachen mag erschlagen

Vnd den Gulten Wieder gewinnen.

Geht hin! ich will eur warten hinnen.[1218]

PLAGIA sagt.

Gnediges Fräulein, glaubet mir!

Bald soll sie Jason haben bey jhr.

Die Hack hab ich angehelmet schon

Vnd will jhn bringen von stund an.


Plagia laufft ab.


MEDEA sagt.

So will ich mein Gschmeid vnd Kleinot

Vnd was Jason von nöthen hat,

Mit sich von hinn zu nemen nauß,

Auß der Truhen legen herauß,

Wenn er kompt vnd es ligend find,

Daß er in Lieb werd angezünd

Vnd mir die Ehe verheissen thu

Vnd mein wüdents hertz bring zu ruh.


Sie lehret die Truhen auß vnd ist vnter andern auch ein JohannesBild, etliche Ketten vnd anders gehör

zur Zauberey vnd zier dienstlich; kompt Jason, geht hin vnd wider vnd sagt.


O jhr Götter, was habet jhr

Für vnruh zugerichtet mir?

O König Gedos, wie daß du

Dein einig Tochter mir setzt zu

Vnd schirst mir an der Lieben Feur!

O weh, sie ist mir vil zu Teur,

Daß, wenn ich jhr gleich schon mein Lieb

Mit geberten zu mercken gib,

So wird sie mich doch nur außlachen

Vnd auß mir einen Guckuck machen,

Davon mir brechen wird mein hertz.

O wer ich nicht kommen herwertz,

So wer ich deß Leidts vberhaben!

O daß sie mir mein Hertz thet Laben,

Daß jetzo gleich verschmachten will!

O armer Jason, schweig doch still!

Ich hab gesehen jhr KammerFrauen,

Die thut sich nach jemand vmbschauen.

Nit weiß ich warlich, wen sie meint.[1219]

PLAGIA geht ein vnd sagt zu Jason.

O wie der seligst tag ist heint!

Eur Gnad scheint warhafftig die Sonn.

Eur Hertz kan haben Freud vnd wonn,

Wenn es euch nur auch also gfellt.

JASON sagt.

O sagt mir eylend, was jhr wölt!

Suchet jhr mich, so sagt mirs balt!

Mit eur Pottschafft mich nicht auffhalt!

So gib ich euch guts Pottenbrot.

PLAGIA sagt.

Freylich bin ich ein guter Pott.

Vnd glaubet mir, ich hett wol gsehen,

Wer einem dergleich Pottschafft gschehen,

Er hett mich von Fuß auff neü kleidt.

JASON sagt.

Ich wills auch thun bey meinem Eydt,

Wenn jhr mir saget, was ich mein.

PLAGIA sagt.

Medea, das Königlich Fräulein,

Die hat mich euch, geschicket nach,

Ihr solt hinkommen in jhr Gmach,

Da hab sie zu reden mit euch.

JASON sagt.

Ists war, so geh ich mit euch gleich.

Allein führt mich nur auff kein Eiß!

Mir geht vor ängsten auß der schweiß.

Nicht weiß ich, was es doch bedeüt.

PLAGIA sagt.

Es bedeüt all Glückseligkeit.


Sie gehn zu der Medea, die empfecht jhn vnd sagt.


O Hochgeborner KönigsSohn,

Mein hertz sich nicht enthalten kan,

Zu sagen euch mein groß anliegen.[1220]

So ich anderst eur Hult kan kriegen,

Daß jhr mich liebt, wie ich euch lieb,

Ich mich euch gar zu eigen gib

Mit Seel vnd Leib, mit Ehr vnd gut.

Vnd was jhr mehr bedörffen thut,

Zu erlangen den gülten Wieder,

Den niemand könen kriegen sider,

Den will ich euch zu wegen bringen,

Das euch in allem sollt gelingen,

Was jhr deßhalben fanget an.

JASON sagt.

Gnedigsts Fräulein, wolt jhr das than

Vnd ist eur fürbringen kein schertz,

So offenbar ich euch mein Hertz,

Daß ich mich auch mit Leib vnd Leben

Hab eur Gnad zu eigen gegeben

Vnd will auch ewiglich eur sein,

Wo ferrn jhr wollet bleiben mein,

Iedoch alles zu rechter Ehe.

MEDEA sagt.

Weil ich dann nun Eur Gnad verstehe,

So sollet jhr mein Gemahl sein.

Alles, was ich hab vnd was ist mein,

Das sey auch eur, lieber Schatz!

Secht allhie ligt auff dem Platz

Jupiters Bildt, müst jhr voran

Knyend andächtig beten an

Vnd mir auff das schweren ein Eyd,

Daß jhr wollet in Lieb vnd Leyd

Mich hie verlassen nimmermehr.

JASON legt die händ auff das Bilt vnd sagt.

Bey dem Gott Jupiter ich schwer,

Daß ich wöll euch zum Gmahle han,

Mich vmb keine mehr nemen an,

Zu euch setzen Leib, Gut vnd Blut.

MEDEA sagt.[1221]

Weil jhrs mit Ernst meinen thut

Vnd den Wieder gwinnen wollt,


Sie gibt jhm ein kleines Biltlein.


Ihr diß Bildt bey euch tragen sollt.

Daß ist gut für all Zauberey.

Zum andern gib ich euch dabey

Dise gut wolriechente Salben:

Damit schmirt euch wol allenthalben!

Darauß werd jhr gewißlich erkennen,

Daß euch kein Feür kan letzen noch brennen.

Darnach nembt disen gülten Ring!

Der macht, daß alles giftig ding

Von euch gar weit abweichen muß.

Auch sollt jhr wissen ohn verdruß,

Wenn jhr leget des Rings stein

Gar bloß in eure Händ hinein,

So lang als er sie bloß rürt an,

So lang euch niemand sehen kan.

Den Stein niemand gesah also,

Denn Eneas zu Cartago.

Zum vierdten diser Brieff bedeut,

Daß jhr nicht mit dem Wieder streyt,

Ihr habt denn zuvor ein Gebet

Gehn Himmel than aufrichtig steht,

Vnd solches thut drey Stund antreiben,

Daß euch die Götter gnedig bleiben!

Letzlich nembt dises Lägelein!

Darinn find jhr ein köstlich Wein.

Damit sollt jhr Ochssen vnd Trachen

Anspritzen vnd gantz zaghafft machen,

Daß sie kein Feur mehr speyen auß.

Auch gib ich euch das gleydt hinauß,

Daß euch kein übels widerfahr.

JASON druckt die Jungkfrau vnd sagt.

Nun bin ich frölich gantz vnd gar,

Daß jhr, Königlichs Fräulein, seyt

Einer solchen Beständigkeit[1222]

Bey neben solcher Treu vnd Lieb.

Drumb ich mich euch zu eygen gib,

Will euch verlassen nimmermehr.

Nun ich zu der Abentheür kehr,

Der ich mich heüt will vnterwinden.

Gesund mir wider einander finden.


Er gibt jhr die Händ, druckt sie vnd gehn ab. Kompt Pithius, der Abgöttisch Pfaff, mit seiner Tochter Ädra, die fürt ein Kind.


PITHIUS sagt.

Ädra, weiln dir nun ist worn

Der Sohn von Egeo geborn,

Den du Theseum hast genannt,

Daß der das gantz Athener Land

Regiren soll mit Lob vnd Ruhm,

So dancken wir den Göttern drumb.

Denn ob er noch wol ist was klein,

So würd er doch den hellen Stein

Ans Meeres Port auffheben vor dir,

Pundschuch vnd Schwert nemen herfür

Vnd dem König, seim Vatter, bringen.

Von jhm würd man sagen vnd singen,

Dann er würd das Land machen frey

Von aller gfahr vnd Tyranney,

Besonders auch von dem Tribut,

Den man all neu Jar geben thut

Inn Creta dem König Miro.

Der helt in seim Garten alldo

Ein heßlichs Monstrum oder Thier,

Ist ein halber Mensch vnd halbs Stier.

Vierzehen Kinder auß Athen

Die erwürgt er durch sein scharff zehn,

Daß man die nicht liefert fort mehr,

Vnd wird Regirn zu Preiß vnd Ehr

Vnd dich machen mechtig vnd Reich.

ÄDRA sagt.

Herr Vatter, ich hab gfolget euch,

Paß ich hab seinen willen than.[1223]

Wolt sonst wol krigt haben ein Man,

Der mir hett Ehr vnd Gut zubracht.

Der verzug mich offt traurig macht,

Dieweil mein Son noch ist so klein,

Endgegen ist so groß der Stein,

Den mein Son noch lang nicht wird tragen.

THESEUS, JHR SON sagt.

Meine Frau Mutter, was thut jhr sagen?

Soll ich denn ein Steintrager sein?

Kaufft mir darfür ein kleins Pferdlein,

Ein schönen Tolchen vnd ein Schwerdt,

Daß ich ein weidlicher Kriegsman werd.

Last die Steinmetzen den Stein tragen!

ÄDRA sagt.

Ey du weist nicht, von wem wir sagen.

Darumb schweig! wenn du groß thust wem,

Will ich ein Pferd dir kaufen gern

Vnd darzu auch Tolchen vnd Wehr.

Allein bekümmer ich mich sehr,

Dastu so gar lang bleibst so klein.

PITHIUS, DER PRIESTER sagt.

Ja, du bleibst halt nicht gern allein.

Iedoch mustu erwarten der zeit,

Biß daß Glück etwas bessers geit.


Sie gehn ab. Kompt Jason, tregt ein Hut voll groser Zeen vnd sagt.


Meiner hertzallerliebsten raht

Hab ich gfolgt in der kühnen that,

Dardurch ich als ein kühner Höldt

Zwen grosser Ochssen hab gefellt,

Vnmenschlich, wilt vnd vngeheur,

Speyten auß jhren Mäulern Feur.

Die hab ich durch Kunst gar zaum gmacht

Vnd sie darnach gar vmbgebracht,

Ihn außgebrochen jhre Zähn.

Die muß ich sehen, drauß solln auffgehn[1224]

Großmächtige Risen vnd Giganten,

Die werden sich mit eygen Handen

Kürtzlich hie selber bringen vmb.

Alsdann ich zu dem Wieder komm,

Daß ich jhm auch sein Sach thu machen.

Doch muß ich zuvor einen Trachen

Vmbbringen durch meines Steins Krafft,

Den mir die schön Medea schafft.


Er zeicht die zähn rauß, sicht sich vmb vnd sagt.


Dort kompt der Wurm groß vngeheür

Vnd speit auß seinem Rachen Feür,

Dem halt ich hie für disen Stein,

Daß jhm verschwind die Kräffte sein.


Der Trach laufft rauß. Jason helt jm den Stein für. Darnach zuckt er das Schwert vnd schlegt jhn todt.


JASON sagt.

Allhie ligst du, du wilter Wurm!

Was hebt sich dann hie für ein Sturm

Vnd für ein grausch von Streittbarn Leuten?

Ich merck, ich hab noch mehr zu streiten.


Ietzt steigen vnten durch die Löcher auß der Prucken etliche Riesen in harnischen rauß vnd schlagen alle an einander vnd er, Jason, schlegt auch drein, biß sie sterben; darnach sagt er.


Also seind auch zu disen Stunden

Die gsehenten Riesen überwunden.

Vnd dort seh ich mit echtzen vnd schnauffen

Den gülten Wieder gegn mir lauffen.

Dem will ich stechen sein Kehlen ab,

Dardurch auch sein Fehl zihen rab

Vnd es dem König Poleo bringen.

Der muß mir, weil mir thet gelingen,

Ietzund noch alsbald bey seim Leben

Das Königreich in Thesalia geben.

Darumb will ich mich hie nicht säumen,

Dem König Gedos das Land räumen,

Mit nemen die Medea mein;

Die würd ob mir erfreyet sein,[1225]

Wenn ich nimb mein Königreich ein.


Abgang.


Quelle:
Jakob Ayrer: Dramen. Band 2, Stuttgart 1865, S. 1218-1226.
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