327. Der Schloßberg bei Helpte.

[250] Ein früherer Besitzer von Helpte unweit Woldegk – die Sage nennt ihn Herr von Rahn – zu dessen Grundbesitz auch der Schloßberg gehörte, hatte erfahren, daß in demselben ein sehr großer Schatz an Geld verborgen sei. Seine heruntergekommenen Geldverhältnisse ließen es ihn dringend wünschen, das Geld zu heben, und er war angelegentlichst besorgt, einen Mann auszukundschaften, der das Geld heraufbeschwören könne. Endlich hörte er von einem unter den zu Pasewalk stehenden Dragonern, daß er ein untrüglicher Schatzgräber sei und setzt ihn von seinem Vorhaben in Kenntniß. Auf sein Ansuchen ist dieser auch zum Herbeischaffen des Geldes bereit, und zwar gegen eine Belohnung von 300 Thalern, die er sich durch eine Caution von Seiten des Herrn von Rahn sicherstellen läßt. Die Schatzgräber haben noch nicht lange gearbeitet, da kommt plötzlich hinter einer Buche eine Frauensperson hervor, die auf sie zutritt, sich als Schloß-Castellanin vorstellt und nach ihrem Begehr fragt. Der Werkführer sagt, er wolle das dem Herrn von Rahn gehörige Geld haben, denn er sei Grundherr des Berges, und so gehöre ihm auch das, was im Berge verborgen sei. Die Castellanin erwiderte ihm jedoch hierauf,[250] Herr von Rahn könne nichts davon kriegen; aber später werde Helpte unter die Herrschaft der Herrn von Oertzen kommen, die könnten und würden das Geld heben, um damit Helpte, das inzwischen durch Feuersbrunst zu Grunde ging, wieder neu aufzubauen und die hilfsbedürftigen Einwohner zu unterstützen. Wolle er jedoch 300 Thaler haben, die könne er unter einer Buche finden, sie gehörten ihr und sie wolle sie ihm schenken. Das will der Dragoner aber nicht annehmen, indem er behauptet, er sei berechtigt, das ganze im Berge versteckte Geld zu heben und Niemand könne ihn hindern, hier seinen Arbeiten nachzugehen. Augenblicklich erhält er mit dem Schlüsselbund von der Frauensperson einen so heftigen Schlag an den Kopf, daß er besinnungslos zu Boden stürzt und erst lange Zeit nachher wieder erwacht. Die Castellanin war verschwunden, die Arbeiter sämmtlich entflohen, und da unser Dragoner auch nicht Lust hatte, allein fortzuarbeiten, so machte er sich eiligst auf, um aus dem Bereich der unheimlichen Gegend zu kommen.

Noch eine andere Sage knüpft sich an diesen Schloßberg, wozu mir aber nur die Umrisse mitgetheilt worden sind. An einem bestimmten Tage trifft ein Wanderer ein Schloßmädchen mit Putzen von Silberzeug beschäftigt. Sie legt ihm verschiedene Fragen vor und nimmt ihn, im Falle er sie beantworten kann, mit in das unterirdische Schloß; im entgegengesetzten Falle jedoch schlägt sie ihn mit einem Schlüsselbunde um den Kopf und verschwindet.


F.C.W. Jacoby bei Niederh. 3, 34 ff.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 250-251.
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