525. Die Glocke in Lichtenhagen.

[383] Ein kleines Mädchen hütete in der Nähe von Lichtenhagen an einem Teiche die Gänse, als sie – es war zur Mittagszeit – zwei Glocken ans Ufer kommen und sich sonnen sah. Sie legte auf die eine ihren ›Fleeschlappen‹, das Tuch, worin sie ihr Essen mitgebracht hatte. Nach einiger Zeit verschwand die eine Glocke im Wasser; die mit dem Tuche bedeckte aber blieb liegen. Als das Mädchen nach Hause kam, erzählte sie den Vorfall. Man begab sich an Ort und Stelle, fand die Glocke noch und beschloß sie nach Warnemünde zu bringen. Allein so viel Pferde man anspannte, sie war nicht von der Stelle zu bringen, bis sich ein Bauer erbot, sie mit zwei Ochsen nach Lichtenhagen zu schaffen. Das gelang, und dort ist sie noch. Die zweite Glocke hat man noch zuweilen aus dem Wasser emportauchen sehen.


J.C.G. Ritter; vgl. Niederh. 2, 205 f.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 1, Wien 1879/80, S. 383.
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