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[84] Hochzeitsgebräuche in der Gegend von Hagenow.

Die Trauung findet immer in derjenigen Kirche statt, wohin die Dorfgemeinde eingepfarrt ist und wird die Reise dahin von dem Brautpaare, deren Angehörigen und Hochzeitsgästen von dem Hochzeitshause aus unternommen. Die Braut sitzt immer auf dem ersten Wagen (Leiterwagen) auf einem Mittelsitz, neben sich die beiden ›Trugledders‹ (Trauführer) die übrigen unverheirateten Personen nehmen die noch übrigen Plätze auf demselben Wagen ein. Der[84] Bräutigam sitzt immer auf dem zweiten Wagen auf dem Mittelsitz und hat zwei Brautjungfern neben sich; die übrigen Plätze werden von den begleitenden verheirateten Personen eingenommen. Meistentheils wird diese Reise mit Begleitung von Musik unternommen.

Nachdem die Reisegesellschaft in einem Wirthshause abgestiegen, gehen alle Theilnehmer in derselben Ordnung, wie sie auf dem Wagen gesessen haben, in die Kirche, manchmal auch mit Begleitung von Musik in die Nähe derselben.

Nach vollzogener Trauung auf dem Rückwege zum Wirthshause geht das junge Paar zusammen und vorauf, die übrigen Begleiter gehen nicht in derselben Ordnung wie früher, sondern die verheirateten Personen voran, unmittelbar hinter dem Brautpaare, während die unverheirateten jetzt zuletzt kommen. Bei der Rückfahrt zum Hochzeitshause sitzt das junge Paar auf dem ersten Wagen, aber nun unter den verheirateten Personen, die unverheirateten fahren auf dem zweiten Wagen zurück.

Wenn die Gesellschaft zum Hochzeitshause zurückkommt, verschließen die zurückgebliebenen Bewohner das Haus dem jungen Paare, indem sie die Thüre zuhalten. Eine Person von den zurückgebliebenen tritt jetzt aus dem Hause heraus, dem jungen Paare entgegen, eine große hölzerne Kelle tragend, in welcher sich Schwarzbrod und Wasser befindet. Diese Person legt jetzt dem jungen Ehepaare die Frage vor, ob es im Ehestande gut thun, auch die etwa noch lebenden Eltern achten und gut behandeln wolle. Nachdem diese Frage mit ›Ja‹, welches durch verschiedene Scherze absichtlich verzögert wird, beantwortet worden, muß sowohl der junge Mann wie die junge Frau von dem Brode essen und von dem Wasser trinken; alsdann wird ihnen und den Gästen der Eintritt in das Haus gestattet.

Nachdem die üblichen Glückwünsche geschehen sind, beginnt das Hochzeitsmahl, welches 1 bis 2 Stunden dauert, und nach Beendigung desselben wird, falls Musik besorgt ist, getanzt. Während einer dann folgenden Pause wird Kaffee getrunken und darauf wieder getanzt. Später wird kalte Küche und Punsch geboten.


Primaner Kahle aus Hagenow.

Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 84-85.
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