Neunter Auftritt

[324] Vorige. Baldinger, der an der offenen Thüre bleibt.


WELTING. Wenn Sie mir erlauben wollten – ich habe im Stillen ein artiges, freundliches Logis für Sie eingerichtet.

HERMINE. Sie, Herr Welting?

WELTING. Mit allem Comfort, wie sich's ziemt für eine Frau von Ihrem Stande, Ihrer Liebenswürdigkeit –

HERMINE. Wirklich?

WELTING. Sie können das Logis im Augenblick beziehen.

HERMINE. Gut, gut. – Bringen Sie mir erst die Rechnung.

WELTING. Die Rechnung! Sie kränken mich: einen Mann, der Sie verehrt, ja anbetet –

HERMINE. Anbetet? Herr Welting, Sie werden lächerlich.

WELTING beleidigt. Lächerlich? Droht mit dem Finger. Ei, ei, schöne Frau! Waren Sie immer, gegen Jedermann so grausam?

HERMINE. Das ist zu viel! Lassen Sie mich allein.

WELTING. Wie, meine Gnädige –?

HERMINE. Entfernen Sie sich.

WELTING. Ich soll –?

BALDINGER tritt vor. Hören Sie nicht, mein Herr? Sie sollen sich entfernen.

WELTING. Herr Baldinger!

HERMINE. Der Cousin!

BALDINGER. Herr Welting, ich habe mit meiner Cousine zu sprechen. Weist nach der Thüre.

WELTING. Sie erlauben sich einen Ton –

BALDINGER. Herr, ich bin der Besitzer eines alten Ritterschlosses, und fühle seitdem bisweilen einen Anachronismus in meiner Hand, die sich einbildet, als lebte sie noch in den Zeiten des Faustrechts.[324]

WELTING. Gemach, gemach, mein Herr! Boshaft. Ich fange an zu begreifen: der Gegner ist ein versteckter Freund. Gnädige Frau, Sie verlangten die Rechnung? Herr Baldinger wird Sie Ihnen vermuthlich selbst ablegen. Empfehle mich. Will fort.

BALDINGER. Halt! Da hinein. Weist nach der Seitenthür.

WELTING. Da hinein?

BALDINGER. Ja, denn wir sind noch nicht fertig.

WELTING zögernd. Nicht fertig?

BALDINGER stampft mit dem Fuße. Gehen Sie!

WELTING. Da hinein? Eilig ab.


Quelle:
Dichtung aus Österreich. Anthologie in drei Bänden und einem Ergänzungsband, Band 1, Wien und München 1966, S. 324-325.
Lizenz:
Kategorien: