Zweiter Auftritt

[43] Die Vorigen. Magog, Belial, Sebub, Abdon, mit Kronen. Melech, Gog, Dragon, mehrere Teufel, ohne dieselben.


SATAN. Fürsten der Hölle! Unüberwindliche Beherrscher des Erdballs! Ich habe Euch zu mir versammeln lassen, um von Euch zu erforschen, was ihr in dem verflossenen Jahrhundert auf unsrer geliebten Erde vollbracht habt? Hebe Du an, Magog, und erzähle Deine Thaten!

MAGOG. Ich bin es würdig, Satanas, daß Du zuerst mich hervorrufst. Du weißts, ich bin der Herrscher des Krieges, und schlachte die Menschen zu ganzen Schaaren. Ueberschaue jene unendlichen Gefilde, und Du wirst Millionen finden, die aus der Wuth der Schlacht in Sünd und Missethat zu uns herabgefahren sind.

SATAN. Du erfreuest mein Herz, Magog! Ich will jene Gefilde durchwandeln, ich will selber erforschen, was Du für mein Reich thatest, und wie viel Bewohner Du hieher gesandt hast.

MAGOG. Wisse, Satanas, im Anfange, in der Mitte, und am Ende dieses Jahrhunderts habe ich die Flamme des Krieges fürchterlich angeblasen,[43] habe ganze Welttheile damit bedeckt, habe mich in ein Meer von Blut und von Thränen untergetaucht. Vernahmst Du das unendliche Geschrei des Jammers, der Qual, der Verzweiflung, das von den Schlachtgefilden gen Himmel emporstieg? Hast Du das bleiche, grinsende Elend, den entfleischten Hunger, die martervolle Krankheit gesehn, die darauf folgten? Kennst Du den unendlichen Seufzer, die blutige Thräne des Grams um die Gebliebenen? Ich war der Schöpfer davon.

SATAN. Ja, Magog, Du bist ein Schöpfer! Nenne Dich so, Du verdienst es!

MAGOG. Ich habe das Ohr der Monarchen verstopft, daß sie das Jammergeschrei der Menschheit nicht hörten, ich habe ihr Auge verblendet, daß sie das Blutbad nicht sahen, in welchem sie wandelten; ich habe in ihr Herz heißen Durst nach Sieg, nach Ruhm, nach Eroberung gegossen, ich habe ihrer Seele den Wahn eingehaucht, daß sie für Religion, für den Ewigen dort kämpften, wenn sie ihre Beherrschten sich unter einander erwürgen ließen. Satan, habe ich genug gethan?

SATAN. Du bist mein Geliebter, mein Aus erkohrner, und ich erkläre vor der ganzen Hölle, daß du würdig seist, an meiner Seite zu herrschen. Fahre fort in deinem erhabenen Geschäfte, laß das[44] künftige Jahrhundert von Krieg, von Jammer, von Elend schwanger seyn, wie das verflossene, dünge die Erde mit Blut, laß sie einen großen Kirchhof, ein großes beschleunigtes Grabmal für ihre Bewohner werden!

MAGOG. Das will ich, Satan! Ich will mich deiner würdig beweisen!

SATAN. Und nun vernimm noch einige Lehren, die aus der Tiefe meines Geistes geschöpft sind! Wache über die Fürsten und Könige der Erde! Gieße den Wahn in ihr Herz, daß der erhabenste Ruhm darin bestehe, groß im Kriege zu seyn. Flöße ihnen unaufhörlich den Gedanken ein, daß alle Bewohner der Erde ein Gesetz über sich haben, daß sie allein davon ausgeschlossen sind, daß sie allein das Recht des Stärkern müssen entscheiden lassen. Ersticke jedes Gefühl in ihnen, das diesem widerspricht! Aber vor allem laß nie den Gedanken in ihnen erwachen, ein Gericht über sich zu setzen, das ihre Streitigkeiten ohne Blut schlichte! In einem kleinen Lande richtet es schon über die Fürsten; wehe Dir, wenn dies in einem Welttheile geschieht! Dann ist dein Reich allda auf ewig zerstört! Meine höchste Ungnade, Magog, wenn je die Monarchen eines Welttheils einen Gerichtsstuhl erheben, der nach Gerechtigkeit ihre Fehden[45] entscheidet! Tritt nun hervor Belial, und sage an, was Du auf unserm Erdball gewirkt hast?

BELIAL. Obwohl Magog, der Stolze, sich würdig befunden hat, früher zu reden, als ich, obwohl Du ihn selber zuerst nanntest, so darf doch ein Geist, wie ich, kühn mit ihm um den Rang streiten. Ich bin der Beherrscher der Erdengerechtigkeit, ich gebiete nicht im Kriege allein, auch im Frieden.

SATAN. Ich verkenne Deine Größe nicht, ich weiß, daß Du unendlich viel zu wirken vermagst, daß Du tropfenweise das Mark der Sterblichen aussaugst.

BELIAL. Und dennoch nanntest du Magog zuerst? Lacht fürchterlich. Ha! die Hölle ist verblendet, wie die Erde! Sie wähnt, wie diese, der Ruhm im Kriege erworben sei der höchste! Ha! Zu Magog. Was bewog Dich, Du Stolzer, Dich über mich erhaben zu glauben? Wisse, Verblendeter, daß ich nicht Fürsten und Könige allein, daß ich alle beherrsche, die Gewalt auf Erden haben, einen Richterspruch zu thun!

MAGOG. Du wagst es, Elender, mich zu schmähen, mich, der ich auf meinen Lorbeeren ruhe?

BELIAL lacht gräßlich.[46]

SATAN. Eure Zwietracht erfüllt meinen Busen mit Wollust. Fürsten der Hölle, so lieb' ich Euch!

BELIAL. Höre mich an, Satan, was ich that. Du weißt, daß die Menschen durch Milde und sanfte Beherrschung besser, durch Strenge und Grausamkeit schlimmer werden. Darauf habe ich den Grund zu meinem großen Gebäude gelegt, die Menschen unter sich selber hinab zu ziehen. Ich habe allen Richtern und Gewalthabern den Wahn eingehaucht, daß sie durch Strenge und grausame Strafen besser werden.

SATAN. Trefflich ersonnen, werth eines so tiefgrübelnden Geistes, als Belial ist!

BELIAL. Und wähnst Du etwa, daß es bei der bloßen Lehre blieb? Steig hinauf zur Oberfläche der Erde, und schaue, wie sie darnach handeln. Sieh, wie ihre Bewohner in Kerkern schmachten, wie sie unter Stäben und Geißeln den Nacken beugen, wie sie zum Hochgericht geführt werden, und unter Martern ihren Geist aushauchen. Satan, was die Menschen unter ihren Obern leiden, das verdienen sie bald. So zieh ich sie immer tiefer zur Verworfenheit hinab, und mache sie der Hölle würdig.

SATAN. Großer Belial, Du hast in meiner[47] Seele gelesen; ich selber vermöchte nicht sinnreicher für mich zu arbeiten.

BELIAL. Vor allem habe ich auf die gewürkt, die Magog zu beherrschen wähnt. In der Stunde der Geißelung ist die Erde mit Blutenden bedeckt, deren Jammergeschrei gen Himmel schallt, und die oft um eines Scherfleins willen, das sie in Mangel und Dürftigkeit entwandten, ihren Geist unter zahllosen Geißelhieben aufgeben. Für Vater- und Muttermord giebt es bei ihnen keinen Grad der Strafe mehr, und wenn ich selber die Marter erfände. So vertilge ich allmählig den letzten Keim des Guten in ihnen, und wenn Magog sie aus der Schlacht hieher sendet, so habe ich sie vorher schon zur Hölle vorbereitet. Er mordet nur die Leiber, ich morde die Seelen.

SATAN. Ich sinne auf einen Lohn für Dich, Belial, denn ich fühle ganz, was Du gethan hast. Und damit du siehst, daß ich in dein Werk eindringe, so höre noch einige Regeln von mir. Laß jene Geißelungen, laß alle Martern der Menschen öffentlich im Angesichte von Tausenden geschehen; dann gewöhnen sich die Schauenden daran, dann werden sie alltäglich, und das Herz der Sterblichen härtet sich allmählig gegen sie ab. Suche von neuem die Tortur einzuführen, und beginne damit,[48] daß jeder Angeklagte so lange gegeißelt werde, bis er das Verbrechen gestanden hat. Verbreite die Lehre, es sei besser, daß ein Unschuldiger leide, als daß ein Schuldiger der Strafe entgehe! Mache alle Gewalthaber auf Erden zu Zuchtmeistern, und Du wirst sehen, ob das Menschengeschlecht nicht aus Züchtlingen bestehen wird.

BELIAL. Sehr weise gesprochen, Satan! Ich fühle, Du überschauest das Ganze, und hast es empfunden, was ich that.

SATAN. Ich komme zu Dir Sebub, Beherrscher des Priesterthums! Was hast Du auf unsrer Erde vollbracht?

SEBUB. Ich arbeite noch immer an den Priestern, und säe statt des Gesetzes der Liebe, Glaubenslehren aus. Ich unterdrücke in Gegenden, wo es noch dunkel ist, alles, was Licht anzünden kann, und lehre die Kinder, statt der Barmherzigkeit mit jedem Geschöpf, dunkle Sprüche.

SATAN. Und weiter hast Du nichts gethan?

SEBUB. Ich habe in einem großen Lande eine Christenverfolgung hervorgebracht, und aus einem kleinen fromme Menschen um der Religion willen vertreiben lassen.

SATAN. Fahre fort![49]

SEBUB. Ich habe in einem Lande der Freiheit eine Zauberinn –

SATAN. Eine Zauberinn? Eine nur? Schweig, Elender! Dies war Dein ganzes Geschäft: und Du wagtest, vor mir zu erscheinen? Wo ist meine Inquisition? wo sind die Tausende von Scheiterhaufen, die der Hölle entgegen dampften? wo sind die Religionskriege? Rede, Elender! Hast Du nur einen Philipp, nur einen Alba erschaffen? Und Du, mein geliebter Torquemala, soll Dein Andenken ganz vergessen seyn? O was habe ich sehen müssen! Duldung blüht auf meiner Erde auf; die Religionen leben friedlich unter einander, und die unterirrdischen Martergewölbe –

SEBUB. Höre mich, Satan; in Portugal, und –

SATAN. Schweig, Nichtswürdiger! Ich will das Jammergeschrei gemarterter Menschen nicht von den Grenzen der Welttheile allein, ich will es von allen Gefilden der Erde erschallen hören! Ich will einen Hildebrand, einen Alexander den Sechsten an der Spitze der Religion sehen! Und was muß ich jetzt erblicken? Geh! Du bist unwürdig Deines Fürstenthums, und ich entsetze Dich desselben im Angesichte der Hölle. Belial, ich sann auf einen Lohn für Dich; ich habe ihn gesunden.[50] Sei fortan der Beherrscher Sebubs, treibe sein Werk, und erschaffe von neuem, was er vernichten ließ! Du aber Sebub, hebe Dich sogleich weg aus meinem Angesichte, daß mein Grimm nicht über Dich komme. Sebub fährt mit Geheul durch die Luft hinweg.

ABDON. Ich zittre, Satan, und vermag kaum, meine Thaten zu erzählen.

SATAN. Erzähle sie, und fürchte nichts! Sebub hat seit den vorigen Jahrhunderten schon meine Rache verdient; Du aber warst immer mein Getreuer, und erschufst an jedem Tage tausendfache Qualen für die Sterblichen.

ABDON. Ja Satan, das that ich, ich der Schöpfer des Hungers, der Blöße, und alles Jammers, den der Mangel hervorbringt. Du weißt, der Ewige hat die Erde so seegensreich erschaffen, daß zwiefach so viel Sterbliche, als sie jetzt trägt, in Fülle darauf leben könnten. Aber vernimm mein Wort, und staune! Das Menschengeschlecht darbt mitten im Ueberflusse, es steht in einem Meer, und durstet; so weit hab' ich's gebracht!

SATAN. Und Du zittertest, zu reden? Das durftest Du nicht! Du bist ein großer, weit herrschender Geist!

BELIAL. Rühme ihn nicht, Satan! er hat[51] dies nur im Bunde mit den Fürsten und Gewaltigen, die ich beherrsche, vermogt.

ABDON. Schweig, Neidischer, und schau die Selbstmörder auf jenen Gefilden! Ihre zahllose Schaar ist durch mich zu uns herabgestiegen. Ich habe sie durch Mangel und Elend und Jammer gepeitscht, bis des Lebens Becher glühend an ihren Lippen ward, und sie ihn voll Verzweiflung hinweg schleuderten. Höre mich Satan! Ein kleiner Theil von Sterblichen schwelgt auf der Erde; die übrigen Millionen nagt der eiserne Mangel, und saugt das Blut aus ihren Adern. Und weißt Du, wie ich dies vollbringe?

SATAN. Erzähl' es laut, Abdon! Ich selber kann von Dir lernen.

ABDON. Wenn der Krieg wütet, so laß ich den Seegen der Erndten wechselseitig, dringt der Feind heran, in Flammen auflodern, oder in die Tiefe der Wasser versenken. Ich verblende die Augen der Kriegenden, daß sie durch keinen Vertrag der Vernichtung wehren. Ich gewinne die Besitzer der Erde, daß sie ihre Schätze auf Kornböden vermodern lassen, um damit zu wuchern; ich lehre die Fürsten, ihre Grenzen bewachen, damit die Fülle des einen Landes nicht in das andere hinüberfließe, und gebe die Gesetze in die Hand derer, welche die[52] Gefilde der Erde besitzen, Sieh, Satan, so können wenig Mächtige durch Hunger das Mark eines ganzen Volks aussaugen.

SATAN. Ihr habt mich entzückt, Fürsten der Hölle, und ich vermag mich nicht länger zu halten. Vernehmt nun auch, was ich that, ich, der das Ganze beherrscht, und in alle seine Theile eingreift. Vernehmts und staunt! In einem Lande der Erde wollte Freiheit aufblühen, und brach unaufhaltsam mit einer Kraft hervor, wie sie noch nie in unsrer Welt erschien. Freiheit, wißt ihr, macht das Menschengeschlecht edler und göttlicher; sollte ichs dulden? Unterdeß die Erde staunte, unterdeß die Sterblichen sich in dem Trank berauschten, und selbst die Monarchen entzückt waren, verfälschte ich ihn, und goß Gift aus der Hölle hinzu. Da standen die Leidenschaften wie Ungewitter gegen einander auf, da hob die Zwietracht gräßlich ihr Haupt empor, da wurden mitten im Jubel der Freiheit Greuel begangen, wie kaum die Sclaverei sie hervor zu bringen vermag.

MAGOG. Du bist ein erhabner Geist, Satan, Du entflammst zu großen, geheimnißvollen Thaten.

BELIAL. Ja, Satan, Du bist würdig, die[53] Hölle zu beherrschen, und Geister an Deinem Thron zu sehen, wie wir sind,

SATAN. Vernehmt weiter, was ich that. Ich erweckte unter den Sterblichen eine Anzahl Seelen, die in den Geheimnissen der Hölle eingeweiht waren, die nach Blut und Grausamkeit dursteten. Kommt hervor ihr Schatten, und zeigt euch meinen Fürsten! Drei dunkle Schatten kommen unter Geheul aus dem Hintergrunde hervor. Seht, dies sind drei von meinen Geweihten, die den Quell der Freiheit vergiftet haben. Robespierre, Marat, und Collot d'Herbois war ihr Name auf der Erde, Ich biete euch Trotz, ihr Fürsten der Hölle, grausamer, als sie zu seyn. Die grauen Haare des Alters, das Lächeln der Kindheit, die Schönheit des Weibes, der Geist des Mannes, nichts vermogte sie zu rühren. O es war eine gräßliche Freude für mich, als sie mir täglich Ströme von Blut opferten, als das Wasser und die Erde ihre Greuel sah, als die Sterblichen vor der Freiheit zu schaudern begannen, und die schönste Tochter des Himmels auf ewig gebrandmarkt ward.


Die Satane erheben ein wildes Jubelgeschrei; großer Fürst der Hölle, erhabner Monarch! schallt daraus hervor.


ABDON. Wir staunen Deine Größe von Ferne[54] an, Satanas, und vermögen sie kaum zu fassen! Selbst der Ewige muß Dich bewundern, und sein Reich durch Dich beengt fühlen.

SATAN. Ja, das muß er, und ich schwöre bei meiner ewigen Herrschaft, es immer mehr zu beengen. Seht, jene schwachen Sterblichen haben mit mir gegen ihn gekämpft. Schaut sie an!


Schaut die gräßlichen Despoten,

Ueberall von Menschenblut beträuft!

Um sie liegen hundert tausend Todten

Zum Gerichtstag furchtbar aufgehäuft.


Schaut sie an, und heißt sie willkommen!

DIE SATANE. Willkommen in der Hölle, willkommen, ihr Schatten, in Satans Behausung.

MAGOG.

Willkommen, ihr Todten, in unserm Bund!

Es lechze die Zung, es lechze der Schlund!

Es heule nun ewig der geifernde Mund.


Die Schatten heulen.


SATAN. Erhebt euch itzt fort aus unserm Angesicht, und stürzt euch wieder in den Pfuhl der Verzweiflung! Die Schatten schweben unter Geheul zur Vertiefung der Hölle, und versinken allda. Ihr aber, mächtige Mitstreiter in meinem Reiche, vernehmt weiter, was ich that. Aus dem Blute der Unterthanen[55] ließ ich Königsmord hervorgehen, aus dem Königsmord einen schrecklichen blutigen Krieg, der einen ganzen Welttheil erschütterte. Nun ist die Freiheit vor der ganzen Erde gräßlich entstellt, nun zittern Herrscher und Beherrschte, wenn ihr Name genannt wird, nun wird sie ewig das Menschengeschlecht nicht veredeln. Das habe ich gethan!

DIE SATANE. Es herrsche Satan, er herrsche ewig, ewig, ewig!

SATAN. Ich erzähle nicht weiter, was ich in diesem Jahrhundert vollbrachte, nicht, wie ich den Thron der Fürsten mit einer ewigen Wolke umgab, daß sie nie ihre Unterthanen sahen, nicht, wie ich den Pfad der Gerechtigkeit so dornigt machte, daß tausende lieber Unrecht duldeten, als Hülfe bei ihr suchten, nicht, wie ich die Rettung der Sclaven in den heissen Welttheilen durch meine Geweihten hintertrieb; alles dies verschweige ich. Aber was ich jetzt thun will, das muß ich euch entdecken. Steht auf. Ich will etwas vollbringen, was die Erde, und die Hölle noch nie sah, was die Bewohner der Erde nur träumten, um uns Menschen zu opfern: ich will einen Sterblichen so weit bringen, daß er einen Bund mit mir macht.

DIE SATANE. Das kannst Du nicht. Satan![56]

SATAN. Das kann ich nicht? Seht, Geister, das Hohngelächter des untersten Pöbels in der Hölle will ich werden, wenn ich nicht vollende was ich beschloß. Ich habe mein großes Geschäft schon begonnen, schon den Sterblichen mir ausgewählt, der auf der Erde noch mein werden soll. Zweifelt ihr? Mit allen Leidenschaften, mit Haß, mit Liebe, mit Rachsucht, mit Furcht, mit Ehrgeitz, mit Gelddurst, mit Hofnungslosigkeit, mit Verzweiflung will ich ihn so lange geißeln, bis er den Ewigen verläßt, bis er Hülfe bei mir sucht, und ihn dann, wenn er den Becher aller Laster ausgeleert hat, im Triumph hieher führen.

BELIAL. Vermagst Du dies zu vollenden, Satan, so wird Dein Name groß vor der ganzen Hölle seyn, und in alle Ewigkeit wird man dieser That gedenken.

SATAN setzt sich. Redet nun, ihr kleinen Geister! Melech was hast Du auf der Erde vollbracht?

MELECH. Ich habe Männer erschaffen, die den Jungfrauen ihre Unschuld, und den Frauen ihre Ehre raubten; ich habe Weiber mit schönem Antlitz und ohne Herzen hervorgebracht, die eine Geißel für das männliche Geschlecht wurden.

SATAN. Gog, was thatest Du?[57]

GOG. Ich habe über einen Sterblichen, den keine Verführung, keine Lockung des Bösen zu besiegen vermogte, so viel Leiden, so viel Elend gebracht, daß er sich vor Verzweiflung dem Laster in die Arme warf, um Lindrung zu finden.

SATAN. Was waren Deine Geschäfte, Dragon?

DRAGON. Ich habe einem Mächtigen alles Gute, was er that, mit so viel Undank lohnen lassen, daß er geschworen hat –


Ein langer durchdringender Donner erschallt, und die Hölle fängt an zu beben.


SATAN. Was hör ich? Horcht! was ist das? Weh uns! Der Ewige geht durch die Schöpfung und kömmt bei der Hölle vorbei. Der Donner schallt stärker. Ja, es ist der Ewige; ich kenne sein Wandeln im Raume der Unendlichkeit. Flieht, ihr Geister, verbergt euch in die Klüfte der Hölle. Die Hölle wird heftiger erschüttert, die Satane beginnen ein Geheul, und fahren hinweg. Satan sinkt hinunter. sein Thron bricht über ihn ein, und die Felsen der Hölle stürzen unter Donnerschlägen zusammen.[58]


Quelle:
Benkowitz, Karl Friedrich: Die Jubelfeier der Hölle, oder Faust der jüngere. Berlin 1801, S. 43-59.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Rameaus Neffe

Rameaus Neffe

In einem belebten Café plaudert der Neffe des bekannten Komponisten Rameau mit dem Erzähler über die unauflösliche Widersprüchlichkeit von Individuum und Gesellschaft, von Kunst und Moral. Der Text erschien zuerst 1805 in der deutschen Übersetzung von Goethe, das französische Original galt lange als verschollen, bis es 1891 - 130 Jahre nach seiner Entstehung - durch Zufall in einem Pariser Antiquariat entdeckt wurde.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon