Im Schlosse Mirabel

[79] (Für Hans Richard Weinhöppel.)


Der Erzbischof von Salzburg,

Ein gar ein stolzer Mann,

Der liebt die schönen Jungfräulein

Und sieht sie freundlich an.

Er streichelt sie am Kinne,

Thut ihnen gar nit weh,

Es herrscht Frau Venusinne

Im Schlosse Mirabel, juchhe,

Im Schlosse Mirabel.


Der Erzbischof von Salzburg,

Ein gar ein strenger Mann,

Der bindet die schnöden Ketzer

An glühende Oefen an

Und läßt sie weidlich schwitzen;

Derweil erkühlt am See

Er sich von Liebeshitzen

Im Schlosse Mirabel, juchhe,

Im Schlosse Mirabel.
[79]

Der Erzbischof von Salzburg,

O wehe, was geschah,

Traktieret nicht mehr Minne,

Traktiert Dogmatica.

Man setzte ihn gefangen

Zu seinem großen Weh.

Wie gern wär er gegangen

Zum Schlosse Mirabel, juchhe,

Zum Schlosse Mirabel.


Oh Erzbischof von Salzburg,

Dir ist ganz recht geschehn!

Es soll ein großer Kleriker

Nicht zu den Mädchen gehn.

Die blühen für die Laien,

Sogar für Ketzer, – weh!

Ich selbst erfuhrs im Maien

Im Schlosse Mirabel, juchhe,

Im Schlosse Mirabel.


Quelle:
Otto Julius Bierbaum: Irrgarten der Liebe. Berlin/Leipzig 1901, S. 79-80.
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Der Neubestellte Irrgarten Der Liebe: Um Etliche Gaenge Und Lauben Vermehrt, Verliebte Launenhafte, Moralische Und Andere Lieder, Gedichte U. Sprueche . Bis 1905. 1 Bis 6 Tausend. (German Edition)