Die Juli-Hexen

[244] (Der kleinen Sibylla Blei zum Lesen, wenn sie größer ist.)


›Der Mond trinkt an der Erde,

Komm heraus in die helle Nacht!‹

»Wohin wollen wir gehen?«

›Auf die Waldwiese!

Auf die Waldwiese!‹

»Was wollen wir denn dort machen?«

›Tanzen! Tanzen!‹

»Mit wem den?«

›Mit uns selber! Mit uns selber!.‹

»Wenn aber der Waldteufel kommt?«

›Soll er mit tanzen! Soll er mit tanzen!‹

»Aber wenn er nicht will?«

›Muß müssen! Muß müssen!‹

»Kennt ihr ihn denn?«

›Freilich! Freilich!‹

»Wie sieht er denn aus?«

›Ganz voller Haare!

Ganz voller Haare!‹[244]

»Und weiter nichts?«

›Oh ja: Bocksbeine! Und eine krumme Na–ase!‹

»Hu! Wird er euch nicht beißen?«

›Fallt ihm net ein! Fallt ihm net ein!

Hat die kleinen Mädeln so gerne und spielt

Auf der Flöte!‹

»Was denn?«

›Lauter schöne Lieder zum Lachen!‹

»Und singt er auch?«

›Ja, wenn er heiße Augen hat.‹

»Was denn?«

›Das dürfen wir nicht sagen!

Oh nein! Oh nein!‹

»Ist es denn schlimm?«

›Oh nein! Oh nein!

Aber zu schön zum sagen.

So ... so ... so ... schön ...!‹

»Was kichert ihr denn!«

›Weil du dumm bist, weil du dumm bist,

Weil du dumm bist und denkst,

Wir sagen dir, was der Waldteufel singt.‹

»Werd ich mirs selber hören!«

›Du? Du? Du mit deinem Barte?

Dir singt er nicht,

Dich frißt er!‹

»Ich kirr ihn mir schon!«

›Hörst du ihn?

Höre, höre, hör wie der Waldteufel lacht!

Wir kommen! Wir kommen![245]

In schlooweißen Hemden.

Wir ko–o–mmen!‹

»Langsamer! Langsamer!

Springt nicht so schnelle!

Wo seid ihr! Wo seid ihr!«

›Kleb du im Bette!

Wir tanzen schon!‹


Quelle:
Otto Julius Bierbaum: Irrgarten der Liebe. Berlin/Leipzig 1901, S. 244-246.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Irrgarten der Liebe
Der Neubestellte Irrgarten Der Liebe: Um Etliche Gaenge Und Lauben Vermehrt, Verliebte Launenhafte, Moralische Und Andere Lieder, Gedichte U. Sprueche . Bis 1905. 1 Bis 6 Tausend. (German Edition)

Buchempfehlung

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich

Deutsche Lieder aus der Schweiz

Deutsche Lieder aus der Schweiz

»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon