Sechste Scene

[50] Heinrich von Wolfenbüttel. Herzogin. Hofherren und Damen.


HERZOG. Ich danke Euch, meine lieben Getreuen! Nach langer Trennung, nach so mancher Gefahr und Noth, hat es dem Ewigen gefallen, mich glücklich wieder in mein Land, in die Mitte meines treuen Volkes zurückzuführen. Den Eid der Treue habt Ihr heute in meine Hand auf's Neue beschworen, vergessen sei, was Euch, wie mir der Drang der Zeit und die Uebermacht der Feinde auferlegt, laßt des Friedens uns erfreuen und haltet fest an unserem Haus und Land.[50]

HERZOGIN welche von Damen umgeben zur Rechten des Herzogs steht. Nach schwerem Leid sind nun die heißen Wünsche Deiner Treuen erfüllt – Du bist uns zurückgegeben, mein theurer Sohn!

ALLE rufen. Es lebe der Herzog und seine edle Mutter!

HERZOG. Und nun meine Freunde! Da der Sonnenschein des Glückes uns wieder lächelt, laßt mich die heiligste der Pflichten, die des Dankes, ungesäumt erfüllen. Ihr wißt, wie ich durch die Uebermacht der Schweden aus dem eignen Lande verdrängt nach Wien hinabgezogen war, um bei Kaiserlicher Majestät Hülfe zu erflehen. Ich lebte still und zurückgezogen dort, und suchte weder Zank noch Hader; dennoch fand sich ein schwerer Streit zwischen mir und einem Prinzen des Hauses, ich griff zum Schwerdt wie jener, und erschlug ihn im ehrlichen Zweikampf. Da war meines Bleibens nicht mehr zu Wien. Nur die Flucht konnte mich retten. Mehrere Tage irrte ich in dem schönen Oestreicher Lande umher, da gewährte mir endlich ein wackeres Weib durch Wochen lang Aufenthalt und Schutz, sie rettete mich aus dieser schweren Bedrängniß. Euch Ritter Conrad von Feldau und Euch Wolfram von der Horst rufe ich auf, zieht hin in jenes herrliche Felsenthal, unweit Sanct Gilgen, ob der Enns führt der Weg – fragt nach dem Hammermeister Rudolph Werner, dessen Gattin ist's, der ich für alle Zeit verschuldet bin. Nimmt eine prächtige Kette vom Halse. Bringt ihr dieses kostbare Geschmeide, sagt ihr, wen sie gerettet und wer es sendet, sie möge es tragen zu meinem Gedächtniß.


Quelle:
Charlotte Birch-Pfeiffer: Gesammelte dramatische Werke, Band 9, Leipzig 1863, S. 50-51.
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