64. Der Boppôle in Roth.

[50] Mündlich.


In Münchroth war einstens ein Prämonstratenser-Kloster. Mal schlich sich auch ein Jude im Kloster ein, gab sich für einen Christen aus, lebte anscheinend recht fromm und ließ sich nicht das Mindeste anmerken, daß er kein Christ sei. Alles geschah nur, um Abt zu werden und »gute Pfründe« zu haben. Richtig, dem Juden ging's nach Wunsch. Der Abt war gestorben und der Jude wurde zum Abt gewählt. Auch er starb bald. Da fand man in einem seiner Kästen eine silberne Katze und eine silberne Maus. Die Katze sprang auf die Maus los; die Maus aber hatte einen Zettel im Maul, auf dem stand:


So wenig als die Katz die Maus erwischt,

So wenig wird und bleibt ein Jud' ein Christ.


Von seinem Tode an ging der Jude um im Oekonomiegebäude. Er that Uebles, wo er immer konnte. Oft, wenn die Knechte und Mägde über den Gang liefen, legte sich Boppôle den gestreckten Weg auf den Boden, daß man über ihn fiel. Deß freute er sich herzlich und lachte hell auf und spottete. Man bannte je doch den Boppôle mal in eine Gießkanne[50] die ein Mann in den Wald zwischen Roth und Haßlach tragen mußte, durfte aber nicht umschauen. Konnte es nicht verheben, schaute herum und rückwärts und sah zu seinem Schrecken, daß der Geistliche nicht bei ihm war. Träger warf die Kanne mit dem Boppôle weg. Boppôle ist seitdem böser Geist im Wald. Anno 1848 hat er's Einem übel gemacht: warf ihn im Wald, nahm ihn und drückte ihn in der Luft zusammen37.

37

Ueber den Namen Boppole, Poppele: Grimm, Myth. I. 473. Obige Verse stehen auch an einer Kirche, glaube in Regensburg oder Freisingen, wie ich in Otte's Kunstgeschichte las.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 50-51.
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