113. Der Schatz in der Burghalde.

[81] Schriftlich.


Dem armen Taglöhner von Goppertshofen erschien öfters eine umgehende Kammerjungfer aus der Burghalde, die ihm offenbarte, daß das Schloß untergegangen und im Berge ein großer Schatz verborgen sei. Eine Kiste voll Geld sei vergraben in einer eisernen Kiste, auf der ein feuriger Hund sitze, den Schlüssel in der Gosche. Diesen Hund, riet sie ihm, soll er ohne Angst nehmen und mit Hilfe eines andern Mannes die Kiste aus der Erde heben. Sie werden die Kiste aber nur unter der Bedingung an's Tageslicht bringen, daß sie kein sterbigs Wörtlein reden. Gleich der nächste Tag war zur Hebung bestimmt. Alles traf zu. Beide Männer hatten die Last schon ziemlich weit heroben, als es um Alles nicht mehr weiter gehen wollte; ihnen ging fast der Athem aus. Da sprach der Hans: »Lupf!« Im Nu lag die Kiste wieder drunten in der Tiefe und konnte nimmermehr vom Platze gebracht werden. Beide Männer gingen betrübt nach Haus. Der Abend kam und der Geist zeigte sich wieder. Jezt aber sagte dem Mann die Kammerjungfer, daß er des kommenden Morgens sterben müsse, und dann sei sie erlöst. Alles traf zu: der Mann fiel vom Dache und war todt; der Geist hatte von nun an Ruhe66.

66

Vgl. Grimm, Mythol. 929. Die bergentrückten Schätze weisen auf Wuotan, den Geber aller Dinge, der alle verborgenen Schätze weiß. Th. Vernaleken, Mythen und Bräuche S. 122.

Quelle:
Anton Birlinger/ M. R. Buck: Sagen, Märchen und Aberglauben. Freiburg im Breisgau 1861, S. 81-82.
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