50. Der Butzenmann.

[23] In mehreren Orten um Gmünd herum herrscht der Gebrauch, daß die Schuljugend einige Wochen vor der Fastnacht auch ihre Bälle auf der Straße abhält. Drei Buben gehen nämlich heimlicherweise in einen Schopf, in dem sich zu ihrem Zwecke taugliches Stroh befindet. Daselbst wird einer von diesen Dreien so mit Stroh eingebunden und umwunden, daß er vollständig unkenntlich ist. So ausgerüstet und mit einer Haselgerte in der Hand tritt er auf einmal mit seinen zwei Begleitern in's Freie, die aus vollem Halse rufen: »Der Butzenmann, der Butzenmann!«, worauf die übrige Dorfjugend herbeieilt. Sie wiederholt obiges Geschrei[23] unaufhörlich und mischt wol auch Schimpfworte darunter. Der Butzenmann eilt nun der Masse zu, und erwischt er einen Buben oder ein Mädchen, so züchtigt er sie mit seiner Rute. So geht das Schreien und Gejodel etc. Dorf auf und ab, bis die Gebetglocke Alle nach Hause ruft.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 23-24.
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