226. Wurzachische Bâl-Ordnung,

[213] welche auf gnädigsten Befehl bei denen in dem Gasthofe zur goldenen Krone dahier abzuhaltenden Bälen zu Jedermanns Wissenschaft und Nachachtung Kund gemacht wird.

Erstens. Die in dem Saale zur goldenen Krone dahier abzuhaltenden Bäle nehmen ihren Anfang Abends 6 Uhr, wo mit Deutschtanzen der Anfang gemacht, und jederzeit von 1/4 Stund zu 1/4 Stund mit Tanz und Ruhezeit abgewechselt wird, und dauern bis Morgens früh 6 Uhr. Nach Verlangen werden auch englische Touren gemacht.

Zweitens. Um 8 Uhr Abends wird bis 9 Uhr soupirt, unter welcher Zeit die Musikanten ebenfalls speisen. Nach dem Soupee wird der Bâl wieder in voriger Ordnung fortgesezt.

Drittens. Wird zu diesen Bälen Jedermann, ohne Unterschied des Standes, gegen das bestimmte Eintritsgeld, maskiert oder auch in eigenen Kleidern, doch mit einer Larve oder Karte auf dem Hut, eingelassen.

Viertens. Wird bei Vermeidung der Wegschaffung durch die Wache einen Stock, Feuer-, Seiten-oder andere Gewehr, auch Sporn im Tanzen, bei sich auf dem Bâl zu tragen verboten, und besonders nicht gestattet, daß die Diener einiges Gewehr mit sich führen sollen, welchen auch der Eintritt in den Saal in ihrer Livree gänzlich untersagt ist.

Fünftens. Sind bei gleichmäßiger Wegschaffung verboten alle eckelhaften und graüßlichen Vermummungen und Larven, auch jene, durch welche die Leibesgestalt verborgen wird, oder die sonst dem sittlichen Anstande entgegenstehen,[214] insbesondere aber die geistlichen oder Ordenskleidungen von was immer für einer christlichen Religion.

Sechstens. Alle Hazard-Spiele sind verboten, deßgleichen auch das Tabakrauchen, sowohl im Tanz-als Speisesaal.

Siebentens. Gleich wie bei dieser Belustigungs-Anstalt alle Stände sich gleich zu halten haben, ebenso wird Niemand einiges Vorzugsrecht im Tanzen zum Nachstande eines andern sich anmaßen, wobei auch Jedermann von allen Beleidigungen bei Vermeidung öffentlicher Ahndung und Fortschaffung aus dem Sal sorgsamst sich zu enthalten, sofort sich gegen den zu Beibehaltung guter Ordnung von der hochfürstlichen Regierungskanzley dahier aufgestellten Herrn Commissär Waldraf, dann die Geld- und Billette-Einnehmer, auch die Wache mit gehöriger Achtung zu benehmen hat. Wornach sich also Jedermann zu achten wissen wird.

Gegeben Wurzach, 12. Jenner 1805.

Pr. Hochfürstlich Waldburg

Wurzach'sche Regierungs-Kanzlei.

(L.S.)

vdt. Rath u. Sectr. König.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 213-215.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Sitten und Gebräuche
Sitten und Gebräuche