344.

[398] Auswärtige Liebhaber von Mädchen in Wurmlingen waren von jeher vielen Gefahren ausgesezt. Wenn sie bei Nacht heimgingen, wurde ihnen aufgepaßt und sie festgehalten: »Willst du in's Wasser oder in's Wirtshaus?« Entweder mußten die Fremden sich in den Brunnen tunken lassen, oder im Wirtshaus den Ledigen recht zahlen. Gerne schnitt man einem, der lange Haar hatte, selbige ab.

Allgemeine Sitte ist, daß man Jeden, der bei einem Mädchen in ihrer Kammer auf verbotenen Wegen ertappt wurde, in das Wirtshaus nahm, allwo er den Ledigen alles, was sie verzehren wollten, bezahlen mußte.[398]

Nicht selten geschieht es, daß man solchem Liebhaber die angelegte Leiter etc. wegnimmt, wodurch ihm der Rückweg erschwert wird, oder daß man sich seiner ausgezogenen Kleider zu versichern sucht, damit er genötigt wird, im Hemde seinen Rückzug anzutreten.

Quelle:
Birlinger, Anton: Sitten und Gebräuche. Freiburg im Breisgau 1862, S. 398-399.
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