Die 24. Historie sagt, wie Ulenspiegel des Künigs von Poln Schalcknarren mitt grober Schalckheit überwand.

[70] Bei den Zeiten des hochgebornen Fürsten Casmiri, Künig zu Poln, bei dem waz ein Abenteurer, der waz gar seltzemer Schwänck und Gaucklerei und kunt uff der Fidelen wol. Also kam Ulenspiegel auch in Poln zu dem Künig, und der Künig hat auch vil von Ulenspiegel hören sagen, und waz ihm ein lieber Gast und hät ihn und sein Abenteur vor lang gern gesehen und gehört. Auch so het er seinen Spilman gantz lieb. Also kam Ulenspiegel und sein Nar[71] zesamen. Da waz es (als man sagt): Zwen Narren in einem Huß, die thun selten gut.

Des Künigß Schalckßnarr wolt Ulenspiegel nit leiden und wolt sich auch nit verweisen lassen. Daz marckte nun der Künig und ließ sie beid fordern in seinen Sal. »Nun, wolan«, sprach er, »welcher die abentürlichste Narrei thut, daz ihm der andre nit nach thut, den wil ich nüw kleiden und wil ihm zwentzig Guldin darzu geben. Und daz sol jetz geschehen.« Also die zwen schickten sich zu der Thorheit und triben vil Affenspil mit krumen Mülern und seltzamß Reden und waz einer für den andern erdencken kund. Und waz des Künigs Narr thet, daz thett ihm Ulenspiegel als nach, und waz Ulenspiegel thet, daz tet ihm derselb Narr auch nach. Der Künig lacht und all sein Ritterschafft und sahen mancherlei Abenthür. Ulenspiegel gedacht auch: »20 Guldin und ein nüw Cleid, das war fast gut. Ich wil darumb thun, das ich sunst ungern thät«, und sah wol, was des Künigs Meinung waz, das es ihm gleich gült, welcher under ihn den Breiß gewin. Also gieng Ulenspiegel mitten in den Sal und hub sich hinden uff und scheiß ein Huffen mitten in den Sal und nam ein Löffel und teilet den Treck recht mitten entzwei und rufft dem andern und sprach: »Narr, kum her und thu mir die Leckerei auch nach, als ich dir vor wil thun!« und nam den Löffel und faßte den halben Treck darein und ißt den uff unnd böte den Löffel dem Schlackßnarren unnd sprach: »See hin, iß du das ander halb Teil und darnach so mach du auch ein Hauffen und teil den auch voneinander, so wil ich dir auch nachessen.«

Da sprach der Künignar: »Nein, nit also! Daz thu dir der Tüffel nach. Solt ich all mein Lebtag nacken gon, ich iß von dir oder von mir nit also!«

Also gewan Ulenspiegel die Meisterschafft von der Büberei, und der Künig gab ihm daz nüw Kleid und die 20 Gulden. Und reit Ulenspiegel hinweg und bracht von dem Künig das Lob darvon.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 70-72.
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