III.

[15] Wer setzt die Lust in zeitlich Gut

Und suchet darin Freud' und Muth,

Der ist ein Narr mit Leib und Blut.


Zwei arme Narren treten grüßend und mit den Worten: »gnad her« – Verzeihung, Herr! – bei einem reichen ein, der eben in Begriff ist Geld einzusäckeln.


Von Habsucht.

Der ist ein Narr, wer sammelt Gut

Und nicht dabei hat Fried noch Muth

Und weiß nicht, wem er solches spart,

Wenn er zum finstern Keller fahrt.[15]

Ein größrer Narr ist, wer verthut

Mit Ueppigkeit und leichtem Muth

Das, was ihm Gott gab als das Seine,

Darin er Schaffner ist alleine,

Wovon er Rechnung geben muß,

Die mehr einst gilt als Hand und Fuß.

Ein Narr läßt seinen Freunden viel,

Die Seel' er nicht versorgen will;

Er bangt, ihm mangle zeitlich Gut,

Drum sorgt fürs Ewige nicht sein Muth.

O armer Narr, wie bist du blind:

Die Räude scheust du, – findst den Grind! –

Ein Andrer sündigem Gut nachrennt,

Wofür er in der Hölle brennt:

Das achten seine Erben klein,

Sie helfen nicht mit einem Stein,

Sie spendeten kaum ein einzig Pfund,

Und läg' er tief im Höllengrund.

Gib, weil du lebst, zu Gottes Ehr,

Stirbst du, so wird ein Andrer Herr.

Ein Weiser hat noch nie begehrt

Nach Reichthum hier auf dieser Erd',

Wohl aber, daß er selbst sich kenne:

Den Weisen mehr als reich du nenne!

Zuletzt geschah's, daß Crassus trank

Das Gold, wonach ihn dürstet' lang;

Doch Krates warf sein Geld ins Meer,

Das hindert' ihn beim Lernen sehr.

Wer sammelt, was vergänglich ist,

Vergräbt die Seel' in Koth und Mist.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 15-16.
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Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
Das Narrenschiff
Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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