XV.

[34] Wer bauen will, der schlage an,

Was ihm der Bau wol kosten kann,

Sonst sieht er nicht das Ende an.


Drei Bauhandwerker laufen einem Herrn, der hinter einem leeren Zahltische sitzt, aus der Arbeit. Verzweifelt streift dieser die Narrenkappe zurück und kraut sich die Haare. Im Hintergrunde ein unvollendetes Gebäude.


Von thörichtem Anschlag.

Der ist ein Narr, der bauen will

Und nicht zuvor anschlägt, wie viel

Es kosten kann, und ob er mag

Vollbringen es nach dem Anschlag.

Groß Werk hat Mancher ausersehn

Und konnte nicht dabei bestehn.

Der König Nabuchodonosor

Hob einst in Hochfahrt sich empor,

Daß Babylon die große Stadt

Durch seine Macht gebaut er hat,

Und doch kam es gar bald dazu,

Daß er im Feld lag wie 'ne Kuh.

Nimrod wollt' bauen in die Luft

Einen Thurm, zu stark für des Wassers Kluft,[34]

Und schlug nicht an, daß ihm zu schwer

Sein Bauen und nicht möglich wär'.

Es baut nicht jeder so geschickt,

Wie es Lucullus einst geglückt.

Wer nicht gern Reu' beim Bau gewinnt,

Bedenk' sich wohl, eh' er beginnt,

Denn Manchem kommt die Reu' zu spät,

Wenn Schaden ihm zum Seckel geht.

Wer großes Werk zu thun begehrt,

Muß selber erst recht sein bewährt,

Ob er gelangen mög' zum Ziel,

Das er für sich erreichen will,

Damit ihn nicht des Glückes Fall

Mach' zum Gespött den Menschen all'.

Viel besser ist es, nichts beginnen

Als Schaden, Schand' und Spott gewinnen.

Die Pyramiden kosten viel,

Das Labyrinth auch dort am Nil

Und mußten doch schon längst vergehn:

Kein Bau der Welt kann lang' bestehn!

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 34-35.
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