XX.

[43] Wer etwas findet und trägt das hin

Und wähnt, Gott schenk's ihm, in seinem Sinn.

So hat der Teufel betrogen ihn.


Einem Narren, der gierig auf einige Schüsseln voll Goldes losstürzt, bläst dies der Teufel vom Rücken her ein.


Von Schätze finden.

Der ist ein Narr, wer etwas findet

Und im Verstand ist so erblindet,

Daß er spricht: »Gott hat mir das beschert;

Ich acht' nicht, wem es zugehört!«

Was einer nicht hat ausgesät,

Ist ihm versagt auch, daß er's mäht,

Und jeder weiß, bei seiner Ehre,

Daß dies einem Andern zugehöre.

Was, wie er weiß, sein Gut nicht ist,

Das hilft ihm nicht, ob's ihm gebrist

Und er es finde ohn' Gefährde;

Er schau, daß es dem wieder werde,

Wenn er ihn weiß, der es erworben,

Oder geb' es den Erben, falls jener gestorben,

Und wenn man die nicht wissen kann,

Geb' man es einem armen Mann

Oder sonst um Gottes Willen aus;

Es soll nicht bleiben in dem Haus,

Denn es ist fortgetragen Gut,

Dadurch verdammt in Höllenglut

Gar mancher um solch Finden sitzt,

Den man oft reibt, wenn er nicht schwitzt.

Achor behielt, was nicht war sein

Und bracht' dadurch das Volk in Pein,

Zuletzt ward ihm, was er nicht meinte,

Als ohn' Erbarmung man ihn steinte.[44]

Wer auf sich nimmt 'ne kleine Bürde,

Trüg' größre auch, wenn sie ihm würde.

Rauben und Finden Gott gleich achtet,

Weil er dein Herz und dich betrachtet.

Nichts finden macht kein Herz betrübt,

Doch Fund, den man nicht wiedergibt.

Denn was man findet und trägt ins Haus,

Das kommt gar ungern wieder heraus.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 43-45.
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Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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