XXXII.

[60] Heuschrecken hütet an der Sonnen

Und Wasser schüttet in den Bronnen,

Wer hütet die Frau, so er gewonnen.


Ein Narr gießt Wasser in einen Brunnen, ein anderer wäscht Ziegelsteine, ein dritter hütet Heuschrecken. Im Hintergrunde sieht eine Frau spöttisch aus dem Fenster und sagt: »Hüt fast!« – hüte nur zu!


Vom Frauenhüten.

Viel Narrentag' und viel Verdruß

Hat, wer der Frauen hüten muß;[60]

Denn welche wohl will, thut selbst recht,

Die übel will, die macht bald schlecht,

Wie sie zu Wege bring' all Tag

Ihr bös Fürnehmen und Anschlag.

Legt man ein Malschloß schon dafür

Und schließt all Riegel, Thor und Thür

Und setzt ins Haus der Hüter viel,

So geht es dennoch, wie es will.

Was half der Thurm, drein Danaë ging,

Dafür, daß sie ein Kind empfing?

Penelope war frei und los

Und hatt' um sich viel Buhler groß,

Ihr Mann blieb zwanzig Jahre aus,

Und sie blieb fromm in ihrem Haus.

Der sprech' allein, daß er noch sei

Von Weiber-List und Truge frei,

Und hab' die Frau auch lieb und hold,

Den seine Frau nie täuschen wollt'.

Eine Frau, die hübsch, doch närrisch ist,

Gleicht einem Roß, dem's Ohr gebrist;

Wer mit derselben ackern will,

Der macht der krummen Furchen viel.

Das sei der frommen Frau Geberde:

Die Augen schlagen zu der Erde,

Nicht Artigkeit von Jedermann

Eintauschen, jeden gäffeln an,

Noch hören all, was man ihr sagt:

Viel Kupplern Schafsgewand behagt.

Hätt' Helena nicht, als Paris schrieb,

Antwort gegeben, er sei ihr lieb,

Und Dido durch ihre Schwester Ann',

Sie wären beid' ohn fremden Mann.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 60-61.
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Das Narrenschiff (Ausgabe 1877)
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Das Narrenschiff: Mit allen 114 Holzschnitten des Drucks Basel 1494
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