LXXIV.

[138] Mancher wendet viel Kosten aufs Jagen,

Das ihm doch wenig Nutzen wird tragen,

Kann er auch manchen Waidspruch sagen.


Dasselbe Bild wie zu Kap. 18.


Von unnützem Jagen.

Auch Jagen nicht ohn' Narrheit bleibt,

Die Zeit damit man nur vertreibt,

Denn wiewol es sein soll Scherz und Spiel,

So macht es doch der Kosten viel;

Denn Leit- und Windhund, Rüden, Bracken,

Die füllen nicht mit Luft die Backen;

Jagdvögel auch und Federspiel

Bringen wenig Nutzen und kosten viel.

Nicht Huhn noch Hasen fähet man,

Es kostet ein Pfund den Jägersmann.

Dazu bedarf man viel Müh und Zeit,

Wie man ihm nachlauf', geh' und reit'

Und suche durch Berg, Thal, Wald und Hecken,

Wo man sich kann bergen, warten, verstecken.

Mancher verscheucht mehr als er jagt,

Das schafft, er hat nicht recht gehagt;[138]

Ein andrer nennt einen Hasen sein,

Den kaufte er auf dem Kornmarkt ein.

Mancher will gar muthig sein,

Wagt sich an Löwen, Bären und Schwein',

Oder steigt nach den Gemsen gar,

Und sein letzter Lohn ist – große Gefahr.

Die Bauern jetzt im Schnee jagen,

Des Adels Vorzug will nichts mehr sagen:

Der kann dem Wildpret lang nachlaufen, –

Der Bauer thät es heimlich verkaufen.

Nimrod, der erste Jäger, war

Von Gott verlassen offenbar;

Esau, der jagte stolzvermessen

Und hat in Sünde Gott vergessen.

Denn Jäger wie Eustachius

Und Hubert lang man suchen muß,

Die meinten nicht zu dienen Gotte,

Wenn sie nicht ließen der Jäger Rotte.

Quelle:
Brant, Sebastian: Das Narrenschiff. Leipzig [1877], S. 138-139.
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