Die Prise

Die Prise

[555] Der Herr Direktor sitzt beim Wein

Und schaut gar sehr verdrießlich drein.
[555]

Die Prise

Die Prise

Das Auge schweift ins Grenzenlose;

Die Hand greift nach der Tabaksdose.


Das wohlgeübte Fingerpaar

Erfaßt so viel, als möglich war.


Die Prise

Die Prise

Und sparsam, selbst im Überfluß,

Vertieft er sich in den Genuß.


Zwar fühlt er sich zunächst geniert,

Weil er nur halbe Wirkung spürt.


Die Prise

Die Prise

[556] Doch soll ein mildes Nasenreiben

Die Sache fördern und betreiben.


Auch wird das Sacktuch, blaugeblümt,

Als Nasenfeile sehr gerühmt.


Die Prise

Die Prise

Und hilft auch alles dieses nicht,

So hilft ein Blick ins Sonnenlicht.


Die Spannung steigt, der Drang wird groß –

Nur still! gebt acht! – gleich drückt er los![557]

Die Prise

Haptschih! – Wer schnupft und dieses hört,

Der findet es beneidenswert.


Die Prise

Denn was die Seele dumpf umhüllt,

Wird plötzlich heiter, klar und mild.


Die Prise

Ja! – Sehr erheitert uns die Prise,

Vorausgesetzt, daß man auch niese!
[558]


Quelle:
Wilhelm Busch: Werke. Historisch-kritische Gesamtausgabe, Bde. I-IV, Band 1, Hamburg 1959, S. 555-559.
Lizenz:

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